Der Anblick ist Golf-Idylle pur: Das Grün liegt inmitten eines kleinen Waldstücks, vom Licht- und Schattenspiel der Birken gefleckt und von Bunkern mit struppigen Rändern gerahmt. Dahinter wachen zwei Kirschbäume über das Geschehen rund um die Fahne, neben ihren Ästen ragt der Turm der Dorfkirche von Herzogswalde in den Himmel. Loch zwei ist so was wie das Signature Hole des neuen Kurzplatzes, den der Düsseldorfer Golfplatz-Architekt Christian Althaus für den Golfclub Herzogswalde bei Dresden gebaut hat. Gerade mal 56 Meter lang, steht die Bahn freilich – wie das gesamte 9-Loch-Ensemble – für die Zukunft des Golfspiels.
Antwort auf den Zeitgeist und die Freizeitkultur
Das klingt theatralisch – und ist genau so gemeint. Zu Zeiten, in denen allenthalben über den hohen Zeitaufwand für Golf räsoniert wird, kommt dem kurzen Spiel nicht nur im Sinne eines guten Scores besondere Bedeutung zu. 9-Loch-Kurse, Kurz- oder Executive-Plätze und variable Anlagen, die sich für unterschiedliche Anforderungen konfigurieren lassen, sind die Antwort auf den Zeitgeist und eine volatile Freizeitkultur, in der sich die Spaßgesellschaft des 21. Jahrhunderts längst nicht mehr einigen wenigen, intensiv ausgeübten Dingen verschreiben mag.
„Für zeitaufwändige Beschäftigungen bleibt immer weniger Zeit … Alles, was über zwei Stunden dauert, stagniert oder geht zurück“, vermerkt der Freizeitforscher Prof. Horst Opaschowski in seinem Buch „Deutschland 2030. Wie wir in Zukunft leben“: „Wir sind offensichtlich für viele Tätigkeiten aufgeschlossen – solange sie nicht über zwei Stunden dauern.“
„Die Zukunft des Golfspiels ist Spaß“
Zumal diese gesellschaftliche Entwicklung ganz und gar keine rein deutsche ist. Die amerikanische Golfclub-Managerin Megan Hawk hat vor einiger Zeit sehr treffend bemerkt: „Golf ist heute generell eher eine Form von Entertainment denn ein Statussymbol.“ Darüber gilt es nachzudenken. Alle, die das Wohl und Wehe des Spiels im Auge haben, eigene wirtschaftliche Befindlichkeiten überdies, tun gut daran, solche Aussagen ernst zu nehmen, die Zeichen der Zeit zu erkennen und die Weichen entsprechend zu stellen.
Gute Beispiele gibt es zuhauf. Tiger Woods hat seinem Design-Projekt im mexikanischen Diamante Cabo San Lucas Resort den Kurzplatz „The Oasis“ beigestellt, weil „ich unterhaltsame, spielbare Kurse kreieren will, die Geselligkeit fördern und Golfer zurück zum Spiel bringen“. Der Parcours lässt sich je nach Wahl des Abschlags als Par-3-Platz mit zwölf Löchern von 37 bis 140 Metern oder als Drei-Loch-Arrangement mit einem Par 4 (342 Meter), einem Par 3 (130 Meter) und einem Par 5 (494 Meter) spielen, beide Varianten binnen maximal einer guten Stunde.
Im ikonischen US-Resort Pinehurst konzipierte Olympiaplatz-Designer Gil Hanse mit „The Cradle ein spektakuläres Stück Landschaftsarchitektur, und sagt: „Die Zukunft des Golfspiels ist Spaß!“ Auch Althaus‘ Werk in Herzogswalde, das demnächst eröffnet wird, kommt als anspruchsvoll gestalteter Championship-Kurs en miniature daher, der nichts mit den Kurzplätzen zu tun hat, die man gemeinhin kennt: allzu oft lieblos in eine Randlage des Clubareals gemäht, eher Abstellgleise für Leute, die nicht auf den „richtigen“ Platz können, wollen oder dürfen.
Komplette Plätze mit sämtlichen Features
Die kreativen modernen Kurzkurse hingegen sind komplette Golfplätze mit sämtlichen Features: Teichen und Bunkerkomplexen, ondulierten Grüns und anspruchsvollen Fahnenpositionen. Nur die Distanzen erfordern halt allenfalls ein Hybrid, kleines Holz oder längeres Eisen vom Tee. Ihre Optik ist bestechend und täuscht gern einen Schwierigkeitsgrad vor, der im Spiel dann doch lösbare Aufgaben beschert.
Es sind – besonders mit Kunstrasenabschlägen wie in Herzogswalde – perfekte Tummelplätze für Einsteiger oder Anfänger und das ideale Kurzspielrevier für versiertere Golfer. „Spaßfaktor und sportlicher Anspruch müssen kein Widerspruch sein“, verdeutlich Herzogswaldes Head-Pro Nick Cole.„Unser neuer Platz ermöglicht hohen Handicappern schöne und schnelle Erfolgserlebnisse, andererseits ist es trotzdem eine Herausforderung, Pars oder gar Birdies zu machen.“
Tiger Woods sieht in den Kurzplätzen eine „Art Rückkehr zu den Anfängen“: „Eine Golfrunde ist mittlerweile kaum in weniger als fünf Stunden möglich. Warum brechen wir solche Dinge nicht einfach auf. Auf einem richtig guten Kurzplatz spielen wir schneller, haben mehr Spaß in einer tollen Umgebung. Auf diese Weise kann jedermann am Spiel teilhaben, üben und lernen, ohne von einem großen Platz überfordert zu sein.“
„Erste Begegnung mit Golf zum Vergnügen machen“
So wird Golf „sexy“: Wenn „coole Locations“ fernab des tradierten Club-Treibens den Erlebniswert garantieren, der Interessierte lockt und Adepten am Schläger hält. „Golf ist ein derart schwieriges Spiel, dass wir alles daran setzen müssen, die erste Begegnung mit dem Sport zu einem Vergnügen und einem Zugewinn an positiven Aspekten zu machen“, hat Gil Hanse im Portal „Golf.com“ proklamiert.
Das heißt nicht, dass Golf neu erfunden werden muss. Auch hat der gute alte 18-Loch-Platz nicht ausgedient. Es braucht indes mehr Entertainment und Spektakel, weniger witzlose Wiese. Vielleicht lässt sich damit auch ein Teil der 49.508 Golfer wieder „einfangen“, die dem Spiel 2017 in Deutschland den Rücken gekehrt haben.