"Mein Probeschwung ist fast perfekt, im Probeschwung kann ich es! Aber wenn dann ein Ball da liegt, den ich schlagen soll, dann gehen meine Probleme los, dann klappt es nicht mehr!" Diese oder inhaltlich sehr ähnliche Aussagen hören wir unentwegt von Golfern.
Flüssiger und rhythmischer Probeschwung
Gehen wir erstmal der Frage nach, ob die Aussage, dass der Probeschwung so gut ist, überhaupt stimmt. Was Golfer mit der Aussage meinen, ist, dass sich der Schwung im Probeschwung flüssig und rhythmisch anfühlt. Sie merken, dass sie einfach viel besser koppeln und nicht zu ruckartig zum Ball schlagen wie im vollen Schwung. Zusätzlich merken sie, dass sie gewisse Bewegungsmerkmale viel besser umsetzen können als beim Schwung mit Ball. Zum Beispiel bekommen Sie beim Probeschwung die Hände viel weiter vor den Ball, wohingegen sie beim Schwung mit Ball löffeln. Oder sie bekommen das Gewicht besser nach vorne, die Arme sind nicht angezogen oder viele weitere Bewegungen. Und das ist auch völlig korrekt.
Das Problem des Treffmoments
Die große Problematik dabei ist jedoch, dass man beim Probeschwung keinerlei Wahrnehmung für den Treffmoment hat. Ganz viele Golfer machen den Probeschwung in der Luft und merken daher nicht, wo sie gerade mit dem Schläger den Boden getroffen hätten. Sowohl im Bezug auf fette und dünne Treffer sowie auf Spitzen- und Hackentreffer. Meistens kommt der Schläger bei dem vermeintlich guten Probeschwung an einer völlig falschen Stelle in den Boden. Man merkt das allerdings nicht weil der Ballkontakt fehlt um dazu eine Referenz geben zu können. Man hat auch überhaupt keine Ahnung, wohin die Schlagfläche im Treffmoment zeigt. Bei so gut wie jedem Golfer, selbst nachgewiesenermaßen bei Profis, ist die Schlagfläche in der Treffphase unglaublich weit geöffnet. Die Bälle würden also lächerlich weit nach rechts fliegen. Und das lässt der Körper mit Ball einfach nicht zu. Man kann also durchaus sagen, das vereinzelte Bewegungsmerkmale besser sind, der Ball würde mit diesen Probeschwüngen aber niemals besser fliegen, wenn der Ball überhaupt getroffen worden wäre.
Probeschwünge als wichtiges Hilfsmittel für die Treffsicherheit
Wir können also sagen, dass die Probeschwünge auf keinen Fall perfekt wären und man mit diesen Probeschwüngen sehr viel schlechter spielen würde. Die Bewegung fühlt sich zwar runder und besser an, sieht in Teilaspekten auch besser aus, aber es kommt ein Treffmoment zustande, mit dem man kein Golf spielen kann. Probeschwünge sind aber in der Tat ein unglaublich wichtiges Hilfsmittel, um den Golfschwung zu verbessern und die Bälle somit besser zu treffen.
Nehmen wir mal an, dass bei den Probeschwüngen die Schlagfläche gar nicht so geöffnet wäre und der Probeschwung letztlich genau das wäre, was wir mit Ball erreichen wollten. Die riesige Fehlvorstellung, die Golfer haben, ist, dass sie genau dasselbe Gefühl dann mit Ball brauchen. Und sie wundern sich, dass es mit Ball jedes einzelne Mal gleich aussieht und man fast keine Änderung erzielt. Man denkt dann: das gibt es doch gar nicht, im Probeschwung mache ich es perfekt, habe mit Ball dasselbe Gefühl und der Schwung sieht aus wie immer!
Bloß keinen richtigen Schwung im Probeschwung machen
Man muss verstehen, dass nur in etwa 10 Prozent dessen, was man sich vornimmt, bei einem Schwung mit Ball ankommt. Das bedeutet, wenn man einen Probeschwung macht, der letztlich perfekt ist, also gewissermaßen bei 100 Prozent, sieht man eine 10prozentige Veränderung oder Verbesserung mit Ball. Man darf also im Probeschwung gar keinen richtigen Schwung machen, sondern man muss lächerlich übertreiben, also 10 mal zu viel machen. Erst dann hat man eine Chance, dass die Bewegung mit Ball annähernd so aussieht, wie man sich das wünscht. Das fühlt sich allerdings so extrem an und sieht im Probeschwung so lächerlich aus, dass man einfach nicht denkt, dass das richtig sein kann. Es ist völlig sinnvoll die richtige Bewegungsvorstellung zu haben und in einem Probeschwung die richtige Bewegung demonstrieren zu können. Man darf aber eben auf keinen Fall glauben, dass man damit seinen Schwung verbessert. Erst wenn man in eine lächerliche Übertreibung geht wird man das erreichen. Dazu ist es sehr sinnvoll sich auf Video aufzunehmen, um das mit eigenen Augen zu sehen und das Gefühl mit der Realität in Einklang bringen kann. Zusätzlich muss man anfangs auch jegliche Scheu davor ablegen, einen Fehlschlag zu machen. Man braucht maximalen Fokus darauf, die Bewegung lächerlich übertrieben anzusteuern und keinerlei Fokus darauf den Ball gut treffen zu wollen.
Profis verstehen dieses Prinzip. Man sieht häufig auf der Driving Range völlig lächerliche Bewegungen, die eben genau das Gegenteil ihres Problems darstellen. Tiger Woods hatte früher einen ziemlich gekreuzten Schläger am Ende des Rückschwunges, der dann im Abschwung dafür sorgte, dass der Schläger von Innen kam und Hooks entstehen ließ. Er steuerte in seinem Training folgende Bewegung an: er versuchte am Ende des Rückschwunges mit dem Schlägerkopf seinen hinteren Oberschenkel zu berühren. Sowohl im Probeschwung, also auch mit Ball. Natürlich mit dem Wissen dies niemals mit Ball zu schaffen, aber dadurch eine tatsächlich sichtbare Veränderungen und Verbesserungen zu erzielen.
(Text: Birdietrain)