Die Schulter ist schwer, zwickt und zwackt – vor allem die Golfspieler unter meinen Patienten konfrontieren uns Osteopathen immer häufiger mit diesem Beschwerdebild. Bei den Patienten in meiner Praxis habe ich die Erfahrung gemacht, dass neben den körperlichen Defiziten und Überbeanspruchungen auch technische Fehler beim Golfschwung das Beschwerdebild begünstigen. Oftmals wird dieser zu schnell, zu kraftvoll oder mit Ausweichbewegungen durchgeführt. Die Folge können gefährliche Verletzungen sein. Bei der Schulter handelt es sich häufig um das sogenannte "Impingement-Syndrom".
Impingement Syndrom: Was ist das?
Als Impingement-Syndrom wird in der Medizin eine Verletzung des Schultergelenkes bezeichnet, die die Bewegungsfreiheit einschränkt und sehr schmerzhaft sein kann. Oft entsteht sie infolge von Überbeanspruchung oder Fehlhaltungen. Neben Golfern leiden auch Sportler der Überkopfsportarten verstärkt darunter: Tennisspieler, Schwimmer, Volleyballer.
Beim Impingement-Syndrom wird eine Sehne, die über das Schultergelenk verläuft (die Supraspinatussehne), immer wieder eingeengt (s. Abbildung). Typische Symptome sind weniger Beweglichkeit und Schmerzen in der Schulter beim seitlichen Hochbewegen des Armes. Diese Verletzung steht an zweiter Stelle der häufigsten Golfverletzungen, direkt hinter den Rückenbeschwerden.
Der komplexe Aufbau des Schultergelenks
Das Schultergelenk ist eine komplexe Struktur innerhalb des Knochengerüstes. Der große Oberarmkopf befindet sich in einer relativ kleinen und flachen Gelenkpfanne. Damit das Gelenk funktionieren kann, wird es von den Muskeln und Bändern der Schulter gehalten. Wenn diese Muskeln nicht stark genug sind oder andere Beeinträchtigungen vorliegen, kann sich die Position des Oberarmkopfes im Gelenk verändern. Als Ergebnis kann das Impingement Syndrom entstehen.
Die Ursachen des Impingement Syndroms
Ein Impingement-Syndrom kann seine Wurzeln in folgenden Körpersystemen haben:
- In den Muskeln und Knochen - Dysbalancen sind möglich.
- In den Organen des Brust-, Bauch- und Beckenraumes - Probleme in den Organen führen zu Kompensationshaltungen.
- Im Nervensystem - nervale Reizüberflutung kann die Schmerzempfindlichkeit erhöhen und die Mobilität einschränken.
Um genauer zu verstehen, was dort in unserem Körper passiert, folgt nun eine Betrachtung der einzelnen Dysfunktionen.
1. Verkürzte Muskeln als Auslöser der Schmerzen
Unser Alltag wird überwiegend durch eine sitzende, leicht nach vorne gebeugte Haltung geprägt. Dadurch kann es passieren, dass sich die Oberkörpermuskulatur verkürzt oder Verspannungen in der Rückenmuskulatur auftreten. Eine Abschwächung der Bauchmuskulatur oder Mobilitätseinschränkung des Bindegewebes können ebenfalls die Folge sein.
Durch die Verkürzung der Brustmuskulatur kommen die Schultern nach vorne, eine leichte Vorbeugung mit Rundrücken in der Brustwirbelsäule und eine Krümmung der Halswirbelsäule nach vorne entsteht. Durch die zusammengesunkene Haltung nimmt die räumliche Enge unter dem Schulterdach, einem Knochenvorsprung über dem Schultergelenk, zu. Zudem ergibt sich eine vorgelagerte Kopfposition, die auf Dauer eine Reizung der kleinen Gelenke der Halswirbel und eine Einengung der austretenden Nerven auslöst. Die Folge: Schmerzen im Bereich der Schulter und Halswirbelsäule.
Wenn nun in diesem Zustand ein Golfschwung bis in die maximale Beweglichkeit in der Schulter stattfindet, löst dies kleine Verletzungen in der Supraspinatussehne aus. Vor allem am Ende des Rückschwungs und Finishs wird diese übermäßig gereizt. Die kleinen Verletzungen führen zu einer Entzündung (Schwellung) innerhalb der Sehne und verengen den bereits bestehenden schmalen Spalt unter dem Schulterdach zusätzlich.
2. Fehlhaltung aufgrund Beschwerden der Organe
Ein Verlust der Mobilität und/oder Schmerzen der Organe im oberen Bereich des Bauches, wie der Leber, des Magens oder des Dünndarms, erhöhen die Spannung im Oberbauch. Der Körper löst daraufhin eine Reihe von Anpassungen aus. Der Brustkorb und die Schulter neigen sich nach vorne, um die Spannung in und auf den Organen des Oberbauches zu reduzieren, eine vorgebeugte Haltung entsteht, in der Golfsprache die sogenannte „C-Position“ (Rundrücken).
Eine C-Position führt beim Golfschwung zu einer geringeren Drehung, zur Instabilität der Wirbelsäule und zu einem verringerten Abstand zwischen Oberkörper und dem Boden. Diese vorgebeugte Haltung veranlasst den Golfer instinktiv die Ellbogen im Durchschwung zu beugen, um einen Schlag in den Boden zu verhindern. Die angewinkelten Ellbogen führen am Ende der Schwungphase zu einem sogenannten „Chicken Winging“.
Bei Rechtshändern würde vor allem die linke Schulter gereizt, weil beim Durchschwung nach links der linke Ellenbogen angehoben und durch die Kompression in der linken Schulter die Supraspinatussehne gereizt würde.
Auch die geringere Mobilität, kombiniert mit weniger Stabilität der Wirbelsäule, zwingt den Golfer zu mehr Armeinsatz. Dieser Armeinsatz erhöht das Risiko einer „Angelbewegung“, d. h. zu schnelles Aufgeben des Winkels im Abschwung zwischen Unterarm und Schlägerschaft, was wiederum für Slices, Sockets und Toppen der Bälle verantwortlich ist.
3. Problem Nervensystem
Das Nervensystem auf Höhe der oberen Halswirbelsäule ist für die nervale Versorgung der Schultergürtelmuskulatur und der Schulterhaut verantwortlich. In diesen Segmenten fließen ebenfalls Informationen über den Gesundheitszustand der Organe ein, wie der Lunge, des Zwerchfells, des Herzens und der Aorta. Ist ein Organ überbelastet oder verletzt, findet ein vermehrter Informationsaustausch zwischen den Organen und der dazugehörigen Halswirbelregion statt. Diese andauernde Reizüberflutung führt sowohl zu einer Erhöhung der Schmerzsymptomatik in dem dazugehörigen Hautareal, als auch zu einer Kraft- und Koordinationsminderung der Muskulatur sowie Mobilitätseinschränkung in der Schulter.
Gerade beim Golfschwung, der ein technisch anspruchsvoller Bewegungsablauf ist, werden ca. 130 Muskeln aktiviert und miteinander koordiniert. Ist eine Muskelgruppe beeinträchtigt, wirkt sich das auf den gesamten Körper in Form von Ausweichbewegungen beim Schwung aus.
Wie kann ich dem Impingement Syndrom vorbeugen?
Die folgenden Punkte sollten beachtet werden, um ein Impingement Syndrom zu vermeiden:
- Trainerstunden
In erster Linie ist eine Trainerstunde beim Golflehrer in regelmäßigen Abständen sehr wichtig. Er zeigt, welche Korrekturen im Golfschwung vorgenommen werden müssen, um Verletzungen vorzubeugen. - Yogaübungen/Fitnessstudio
Aus therapeutischer Sicht ist es sehr wichtig, die Gelenke und das Bindegewebe gelenkig und geschmeidig zu halten. Regelmäßige Yoga-Einheiten oder Gymnastik zu Hause oder im Fitnessstudio sind hierfür gute Tipps. - Dehn- und Mobilisationsübungen
Auf dem Golfplatz vor jeder Golfrunde sollten allgemeine Dehn- und Mobilisationsübungen durchgeführt werden. Beispiele für mögliche Übungen gibt es in unserem „Warm Up Book“ (www.golf-osteopathie-deutschland.de). Aufwärmübungen helfen beim warm werden und sorgen für einen guten Start in die Runde. - Aufbau der Muskulatur
Natürlich sollte all das durch ein Training der Bauch- und Rückenmuskulatur ergänzt werden. Nur bei genügend vorhandener Muskulatur ist der Rumpf stabil genug für einen sauberen Golfschwung. In diesem Fall sollte auch die Schultermuskulatur, die den Oberarmkopf in der Gelenkpfanne in der physiologischen Position hält, trainiert werden. Den besten Effekt zur Vorbeugung und Linderung von Schmerzen bringen Übungen mit dem Thera-Band oder am Gerät, zwei- bis dreimal pro Woche.
Fazit: Individuelle Betrachtung jedes Einzelnen!
Die aufgeführten Dysfunktionen stellen nur einen kleinen Einblick in die komplexen Zusammenhänge der Schulter zum gesamten Körper dar. Jeder einzelne Golfer sollte im Hinblick auf die individuelle körperliche und geistige Belastung und Belastbarkeit, sowie seine unterschiedlichen Gewohnheiten, den Beruf, die Vorgeschichte (Erkrankung, Unfälle) und den individuellen Golfschwung, der meist ein Spiegelbild der Mobilität und Stabilität des Körpers ist, betrachtet werden.
Aufgrund dessen ist beim Impingement-Syndrom die Beratung eines im Golfsport erfahrenen Osteopathen, Arztes oder Therapeuten der einzige Weg, um dauerhaft beschwerdefrei Golf spielen zu können.
Ich habe seit einem Jahr Probleme mit meinem linken Ellbogen. In der Winterpause habe ich nicht trainiert und war in der Akupunktur und danach in der Physio. Beide Therapien habe etwas gebracht, jedoch wegbekommen habe ich es mit einer Osteophatiebehandlung und regelmaässigem Pilatestraining ( http://www.golf-pilates.ch/ ) Ausserdem habe ich auf den direkten Abschlag auf den Matten verzichtet.
aus eigener Erfahrung, ich habe eine sog. Bigliani-Sporn diagnostiziert bekommen, kann ich sagen, dass Schulterbeschwerden geradezu Ausweichbewegungen provozieren. Teils wurde zur OP geraten. Ich habe mich für Stoßwellen entschieden, mit Erfolg. Warum die Beschwerden dann über die Winterzeit wieder einsetzen, kann ich nicht sagen. Ärzte übrigens auch nicht. OP, gerade an der Schulter, sollten das letzte Mittel sein.
Vielen Dank für Ihren interessanten Leserkommentar! Herr Zahnarzt Dr Arnold Petrou. Es wäre schön, wenn der Herr Zahnarzt auch Ursachen, Vorbeuge-& Lösungsmassnahmen bzw. Möglichkeiten nennen würde. Bitte verwenden Sie doch weniger Zahnarzt-fachspezifische Ausdrücke.
Ihr „alter“ Freund Claus Pattberg
Guten Morgen,
Guter Artikel, leider fehlt hier definitiv der Einfluss des Cranio-mandibulären Systems z. b. auf die Körperhaltung, hervorgerufen von Zahnfehlstellungen, Kiefergelenkdysfunktionen usw..