Quo vadis Golf? Die Faktenlage ist ambivalent. Während das einstige Sorgenkind England im Jahr 2016 mit 694.623 organisierten Golfern ein deutliches Plus von 4,4 Prozent gegenüber 2015 (665.103) verbuchte, kommen ausgerechnet dem Mutterland des Sports die Clubspieler und die Anlagen abhanden. Schottland vermeldete Anfang vergangenen 2017 den Verlust von 6.711 Golfern (-3,37 Prozent), gleichzeitig machten 19 Plätze dicht, beides waren negative Spitzenwerte in Europa. Das sind signifikante Beispiele dafür, wie die Golf-Beteiligung in der ganzen Welt hin und her wogt.
Wie lange geht die 50-Plus-Rechnung noch auf?
In Deutschland geht es da vergleichsweise konstant zu, allerdings konstant gen Nullwachstum – das, Hand aufs Herz, mit dem marginalen Zuwachs von 0,3 Prozent in 2017 längst erreicht ist. Und es bleibt abzuwarten, wie lange die Rechnung mit den geburtenstarken Generationen der 1950 bis 1970er Jahre noch aufgeht – die 50-Plus-Gruppe macht bereits jetzt 63,7 Prozent der hiesigen Clubgolfer aus –, wenn andererseits die Zahlen in fast allen anderen Altersklassen kontinuierlich sinken. Oder: Warum kehrten eigentlich fast 50.000 Menschen dem organisieren Golfspiel den Rücken, wenn andererseits die Zahl der „freien Golfer“ an der Millionenmarke kratzt? In der Vergangeheit haben wir an dieser Stelle versucht, einzelne Aspekte des Golfbetriebs zu beleuchten, von der Ökologie bis zu den Betriebskosten und der Greenfee-Struktur.
Gerade letzteres ist in der deutschen Golflandschaft ein heißes Eisen. Natürlich hat niemand etwas gegen günstige Preise. Oder wie es Horst Schubert, Golfmanager und Vorstand der Golf- und Country Club Seddiner See AG, mal formuliert hat: „Den Kunden interessiert es nicht, ob ein Produktpreis betriebswirtschaftlich korrekt berechnet wurde. Den Kunden interessiert lediglich, ob der Preis niedriger ist als bei vergleichbaren Produkten bzw. ob das Preis-Leistungs-Verhältnis nach seiner Wahrnehmung stimmt“ (Fachmagazin „golfmanager“ 03/2016).
Wechsel vom Nachfrage- zum Angebotsmarkt
Aber das Billig-Prinzip wird zur Milchmädchenrechnung, wenn nicht gleichzeitig auch der Aufwand zur Her- und Bereitstellung des Produkts reduziert wird. Was angesichts der Kostenstruktur einer Golfanlage schwierig ist und auf Dauer zu Lasten ihrer Attraktivität gehen würde. Irgendwann lassen sich dann auch mit Dumping-Fees keine Gäste mehr „anfüttern“.
Ohnehin ist der schleichende Wechsel vom Nachfrage- zum Angebotsmarkt längst vollzogen, betriebswirtschaftlich gesehen hat Deutschland zu wenige Golfer für zu viele Golfplätze, von denen etliche folglich weder an Mitgliedern noch an Pay-&-Play-Besuchern hinreichend ausgelastet sind. Der „zunehmend dem Wettbewerb ausgesetzte Golfmarkt kannte nur einen Weg, um sich bei potenziellen neuen Kunden beliebt zu machen, indem über den Preis verkauft wurde“, schrieb Golfanlagen-Berater Adriaan A. Straten ebenfalls im „golfmanager“ (März 2017).
Verteilungskampf um schrumpfenden Kuchen
Da jedoch keine „frischen“ Kunden hinzukommen, siehe 0,3 Prozent Wachstum, der Kuchen sich vielmehr eher sukzessive verkleinert, findet dieser Verteilungskampf innerhalb eines weitgehend geschlossenen Nachfragesystems statt. So wird bei den Betreibern von Golfplätzen allenfalls des einen Freud‘ zu des anderen Leid.
Ganz abgesehen davon, dass keine Golfanlage bekannt ist, die bei durchschnittlichen Greenfee-Rabatten von 40 Prozent (so vom Deutschen Golf Verband und vom Bundesverband Golf Anlagen ermittelt) im Gegenzug auch 40 Prozent mehr Greenfee-Spieler generiert hat. Nicht zuletzt, weil zu deren Motivation gerade die Nichtbindung an eine Anlage, der Wechsel und die Vielfalt an Golferlebnissen gehört.
Clubgedanke wird zum Auslaufmodell
So gesehen führt die Verramschung des eigenen Produkts mittel- oder langfristig wohl vor allem zu einer Marktbereinigung. Die Stärkeren werden überleben, und das sind die mit dem besten Produkt, mit einem gesunden Preis-Leistungsverhältnis.
Allerdings sind die Kosten eh der geringste der vier apokalyptischen Reiter, mit denen Golf im 21. Jahrhundert zu kämpfen hat. Die heutige Spaßgesellschaft gibt für alles mögliche eine Menge Geld aus. Golf indes, mit seinem komplexen Bewegungsablauf und den komplizierten Rahmenbedingungen (Regeln, Handikap, Etikette), mit dem notwendigen Zeitaufwand und der mangelnden „Coolness“, ist in der modernen Freizeitkultur ein reliktisches Spiel. Diese drei Aspekte bestimmen den Problemkanon. Erst recht, weil der Clubgedanke zum Auslaufmodell wird. Die US-Golfclub-Managerin Megan Hawk hat es ganz gut auf den Punkt gebracht: „Golf war Teil der erfolgsorientierten Kultur. Die Zugehörigkeit zu einem Club vermittelte das Gefühl: Man hat es geschafft. Heute ist Golf eher eine Form von Entertainment denn ein Statussymbol. Viele moderne Golfspieler wollen Erfahrungen sammeln, statt immer nur mit denselben Leuten im selben Club zu spielen.“
Darüber gilt es nachzudenken: Mehrwert auf der Anlage zu schaffen. Die Qualität des Platzes und damit seinen Reiz im Sinne eines „Must Play“ zu erhöhen. Zusätzliche attraktive Spielangebote mit weniger Zeitaufwand zu integrieren, knackige Kurzplätze beispielsweise. Spielformate mit „Thrill“ auszuschreiben und damit turniermüde Sportkameraden hinter dem Ofen hervor zu locken. Wie heißt es so schön: Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit!
Ganz so pessimistisch sollte man nicht sein. Ich bezweifle etwas den Gedankengang, dass „der Kuchen sich vielmehr eher sukzessive verkleinert“. Hier werden nur die Golfer betrachtet, die der DGV „betreut“ (Hut). Diese „Nettobetrachtung“ lässt außer Acht, dass die nicht mehr DGV-gebundenen Golfer nach wie vor – wenn man die natürliche Fluktuation – vorhanden sind. Vermutlich spielen diese nach wie vor Golf. Jedoch nicht mehr DGV gebunden.
…und dürfen ohne DGV-Ausweis auf den meisten deutschen Golfanlagen nicht spielen – womit sie für den „Kuchen“ in der beschriebenen Form (leider) nicht zählen.
Mit freundlichen Grüßen
Da zwischenzeitlich die absolute Mehrzahl der Golfplätze gewerblich betrieben wird und mir scheint, daß sich die Vorstände des DGV und der LGV diesem Modell gedanklich endgültig zugeneigt haben, möchte ich doch für den guten alten, insbesondere mitgliedergeführten Golfclub eine Lanze brechen: Ja, wer Zeit und Geld hat Golf zu spielen ist gerade heute absolut privilegiert! Dieser Golfer will aber eher nicht abhängig von einem Betreiber und dessen wirtschaftlichem Erfolg (Pleite) sein. Nein, er will, auch wenn das manchmal mühsam und nervraubend ist, in seinem Club mitbestimmen, Mitglied einer Gemeinschaft sein und auch stolz auf die lange und nach wie vor gepflegte Tradition seines Clubs. Vielleicht ist das für jüngere Leute, die häufig beruflich auch Ortswechsel nicht ausschließen können, nicht mehr das entscheidende Kriterium, sicher aber für Damen und Herren im fortgeschrittenen Alter. Spätestens ab 60 bleibt man regelmäßig am selben Ort, Geld und Freizeit sind ausreichend vorhanden, um diesen wunderbaren – und leider süchtig machenden – Sport zu beginnen und bis ins hohe Alter auszuüben. Mit freundlichen Grüßen, Jörg-Peter Alfes (GC Bonn-Godesberg in Wachtberg e.V.)
Die oben beschreibene Betrachtung ist, meiner Meinung nach, soweit zutreffend. Ich komme aus Braunschweig mit einer angenehmen Dichte von Golfplätzen.Ich sehe keine Bestrebungen eines Golfclubs hier der Golf breiter aufstellen möchte. Golf wirkt auf den ersten Blick elitär, teuer und kompliziert. Danke Platzreife, Clubkosten und mangelnde Einführungsmöglichkeiten. An Interessenten sehe ich keinen Mangel, da ich mit vielen Golf-Unbedaften auf unserer freien 6 Loch Anlage in Peine spielen war.
Aber wenn ich von Club-Gebühren und Platzreife erzähle steigen die meisten schon aus. Ich bin ein Durchschnittsverdiener. Und auch mir wird der Spaß am Golf zunehmend erschwert. Thema Regio Kennzeichen. Und von den Clubs kriege ich dann nur ein mitleidiges Kopfschütteln, ich könne ja in den Club eintreten. Das rechnet sich für den Durchschnittsarbeitnehmer aber niemals. Sollten diese Probleme nicht angegangen werden, wird Golf ein Elite -und Ü50 Sport bleiben. Leider.