Die Frage kann natürlich am besten mit einem pauschalen „am besten beides“ beantwortet werden. Auf höchstem Niveau laufen Training und Equipment-Optimierung auch stets parallel.
Aber selbst, wenn man sich für beides entscheidet, bleibt die Frage: Erst Schwungunterricht und mit besserer Technik neue Schläger fitten oder erst neue Schläger und mit ihnen den Schwung verbessern?
Für Viele bleibt es also die Frage nach dem „Huhn oder dem Ei“ und es gibt seit Jahren sehr kontroverse Diskussionen zum Thema.
Für wen lohnt ein Fitting?
Die Hersteller versprechen Jahr für Jahr mehr Kontrolle und mehr Länge durch ihre neuen Schläger. Natürlich macht die Technik immense Fortschritte, allerdings bemerkt der Durchschnittsgolfer die kleinen Schritte der Veränderung kaum im Spiel.
Dennoch wird in vielen Artikeln von den Möglichkeiten eines ordentlichen Fittings berichtet. Durchaus nachvollziehbar, stellt Golf.com ein Fitting-Ergebnis vor, dass durch kleinere Anpassungen unerwünschten Spin minimieren und dadurch der Senkungswinkel des Balls verbessert werden kann. Der von GOLFTEC vorgestellte Proband, verbesserte seine Schlaglänge um rund 50 Yards.
Der Artikel erwähnt leider nicht, welche Schläger die Testperson vor dem Wechsel spielte. Dies ist aber eine Schlüsselinformation, ohne die die Frage „Neue Schläger oder Schwungtraining?“ kaum beantwortet werden kann. Zudem findet das dargestellt Fitting mit einem Spieler im oberen Weitenspektrum statt: Er verbessert seine Schlagdistanz mit dem Driver von 260,5 auf 311,5 Yards (von rund 240 auf 284 Meter).
Wenn ein Spieler in diesen Regionen angekommen ist, kann der positive Effekt neuer Schläger und eines Fittings nicht von der Hand gewiesen werden. Die Antwort auf die Frage „Neue Schläger oder Schwungunterricht?“ hängt also von der Perspektive ab. Für wen und auf welchem Spielniveau?
This is the strangest golf swing I've ever seen ??
?: drumccarty x kac_zenney231 pic.twitter.com/nuGDa4NZ04
— LADbible (@ladbible) June 18, 2020
Von den meisten Teaching-Pros hört man, dass dem Equipment, bevor ein einstelliges HCP erreicht wird, weniger Aufmerksamkeit zukommen sollte als dem Training. Niemand verbessert sich von einem 30er HCP zu einem Scratch-Golfer, indem er sich neue Schläger kauft. Sicherlich ist die jeweilige Perspektive zum Teil der angebotenen Dienstleistung geschuldet: ein Fitter will Schläger verkaufen, ein Pro seine Übungsstunden.
Falsche Ausrüstung kann Verbesserung verhindern
Allerdings sind sich beide Seiten einig, dass eine falsche Ausrüstung auch der Verbesserung der Technik im Wege stehen kann. „Wir stellen fest, dass die meisten Golfer dazu neigen, ihren Schwung ihrem Equipment anzupassen“, erklärt Nick Sherburne, einer der 100 besten Golf-Fitter der USA, auf GolfDigest.com. Und auch Tom Stickney, der als Teaching-Pro vor allem für Golf Digest schreibt, empfiehlt einen Neukauf, sollten die Schläger schlicht nicht zum Spieler passen oder älter als zehn Jahre sein. Der technologische Fortschritt sei in diesem Intervall auch für Amateure deutlich spürbar.
Andere Gründe, die einen Schlägerwechsel sinnvoll machen, finden sich im Verschleiß. Eine Faustregel lautet, dass der Eisensatz alle vier Jahre erneuert werden sollte, wenn man dreimal in der Woche 18 Loch spielt. Dies liegt vor allem an der Abnutzung der Grooves und ohne Grooves verliert man Kontrolle und Spin.
Viel individueller nutzen die Griffe ab. Fakt ist aber, dass der Griffdruck erhöht werden muss, wenn der Grip der Griffe nachlässt. Verlust von Schlägerkopfgeschwindigkeit und Länge ist die Folge. Auch die Steifigkeit der Schäfte kann abhängig von Schwunggeschwindigkeit und Kraft sehr individuell nachlassen. Insbesondere bei stetiger Verbesserung des Handicaps und Erhöhung der Schwunggeschwindigkeit sollte man auch überprüfen, ob der Wechsel von einem weicheren zu einem härteren Schaft lohnt. Um die herauszufinden, kommt man einem Fitting nicht vorbei. In der Regel wird ein durchschnittlicher Amateur aber mit Standardschäften ("regular") gut bedient sein.
Änderung mit klarem Ziel
Wenn aber nicht der Verschleiß, sondern allein die Spielverbesserung ausschlaggebend für eine Änderung ist, sollte man sehr individuell vorgehen. Beide Experten weisen darauf hin, dass in jedem Fall klar sein sollte, was genau mit Unterricht und Schlägerkauf erreicht werden soll. Geht es um Länge? Geht es um Präzision? Oder geht es um Konstanz? Der Grundsatz dabei lautet: Je besser das eigene Spiel, desto mehr Stellschrauben ergeben sich, um es weiter zu verbessern.
Verfügt man über drei Jahre alte Schläger und möchte von einem 25er HCP in den 10er-Bereich, ist eine Investition in ein Schwungtraining unerläßlich, an neuen Schlägern kann womöglich aber erstmal gespart werden.
Möchte man aber auf ein einstelliges HCP kommen und arbeitet bereits mit einem Teaching-Pro zusammen, können neue Schläger das Zünglein an der Waage sein, um sein Ziel zu erreichen. Die Schläger können noch gut in Schuss sein, doch das eigene Spiel passt nicht mehr zu den alten Schlägern. Die eigene Technik hat an diesem Punkt womöglich das Equipment überholt. Man sollte sich aber nicht seinen Schlägern anpassen, sondern seine Schläger an das eigene Spiel.
Unser Golf Post Teammitglied Kevin hat im Oktober 2020, unter der Zielvorgabe wieder ein einstelliges HCP zu erreichen, in einem Selbsttest ein Golfschläger-Fitting vorgenommen, und war von den Ergebnissen begeistert. „Ich war skeptisch, ob neueres Material mein Golfspiel entscheidend verbessern könnte. Aber ich bin gänzlich zufrieden. Vor allem die Konstanz, die ich mit den neuen Eisen erreiche, ist faszinierend“, erklärt er.