Hoppla, da lag Pete Cowen aber mächtig daneben. „Ich bin nicht sonderlich optimistisch“, hat der renommierte Golflehrer, Coach unter anderem von Brooks Koepka und Rory McIlroy, im Gespräch mit „The Times“ über die Chancen der zur LIV Golf League abgewanderten Professionals beim 87. Masters gesagt: „So ein Major ist eine große Sache. Wenn du keine Wettkampfhärte hast, wird es mühselig.“
Mickelsons Auftritt für die Geschichtsbücher
Weit gefehlt. Verlauf und Ausgang des Majors dürften zwar bekannt sein, trotzdem noch mal zur Erinnerung das Abschneiden der Cowen-Schützlinge: Der „turniergestählte“ McIlroy ging zur Cut-Halbzeit mit Pauken und Trompeten unter. Brooks Koepka wiederum führte phasenweise das Feld vor und ließ erst am Sonntagnachmittag nach – was ihm auch vor dem Wechsel zur Saudi-Sause bereits mehrfach widerfahren war. Am Ende teilte er sich den zweiten Platz mit dem einstigen Ober-Aufrührer Phil Mickelson, der sich am Sonntag mit der niedrigsten Runde eines Ü50-Spielers „ever“ als ältester „Top-Fünfer“ aller Zeiten in die Masters-Annalen eintrug.
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Zudem kamen Patrick Reed als geteilter Vierter sowie Joaquin Niemann als geteilter 16. ins Clubhaus – immerhin das zweitbeste bzw. sogar das beste Ergebnis der jeweiligen Masters-Karriere – und erfüllten damit das Plazet ihres „Delegationsleiters“, weil immer noch Weltranglisten-Fünften Cameron Smith. Der Australier hatte als einziger LIV’ler mit offizieller Pressekonferenz vor dem ersten Abschlag im Augusta National Golf Club gefordert: „Wir müssen hier unser bestes Golf zeigen, um das Bullshit-Bingo vieler Leute zu widerlegen, in unserer Liga würde kein echtes Golf gespielt.“
Wer qualifiziert ist, der soll auch spielen dürfen
Zwischendrin noch ein Wort zur absolut richtigen Entscheidung der Major-Veranstalter, die „Outlaws“ bei den Grand-Slam-Turnieren zuzulassen. Wer qualifiziert ist – durch Majorsiege, sonstige Platzierungen in der Vergangenheit oder verbliebene Weltranglistenpunkte –, der soll auch spielen dürfen. Augusta National, PGA of America, USGA und R&A haben keine Veranlassung und mangels Satzungen oder Regularien, gegen die man verstoßen haben könnte, gleichermaßen keine rechtliche Handhabe, irgendwelche Überläufer auszuschließen – solange sich jedermann an ihre Local Rules hält.
Fünf LIV’ler unter den besten 30
Insgesamt überstanden zwölf der 18 ursprünglich gestarteten LIV-Leute den Masters-Cut, fünf platzierten sich in den Top-30. Die Frage nach der (momentanen) spielerischen Qualität der Rebellen von Riads Reichtum ist damit beantwortet. „Wenn ich gesund bin, kann ich mithalten“, sagte der vierfache Majorsieger Koepka. „Ich glaube nicht, dass irgendeiner unserer Jungs anders gedacht hat: Wenn Phil gut spielt, ist er konkurrenzfähig. Die Vorstellung, dass wir am Ende sind, wird nur von den Medien erzeugt.“ Na ja, mangelnde Schlagfertigkeit oder abhandengekommene Skills hat niemand moniert. Und zum moralischen Makel der Causa LIV ist längst alles gesagt. Ebenso zum „Grow the Game“-Geschwurbel, zuletzt selbst von einem aus den eigenen Reihen:
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Hand aufs Herz: Warum auch sollten Koepka und Co., die durchs Stahlbad der PGA Tour gegangen sind, nach nicht mal einem Jahr das Golfspielen verlernt haben? Weil sie heuer lediglich zwei Events bestritten haben, Jon Rahm indes beispielsweise schon deren acht? Wegen der 54-Loch-Distanzen, der Kanonenstarts, der knapperen Konkurrenz, des vergleichsweisen kleinen Kalenders? Das zu glauben, wäre absurd gewesen. Oder konditionelle Probleme zu erwarten, sobald es mehr als 54 Loch durchzustehen gilt – obwohl pikanterweise ungefähr dann am Sonntag Koepkas zuvor glänzendes Spiel zu verblassen begann.
Sie müssen nicht, aber sie können noch
Selbst wenn Format, Modus und Eventkonzept vielfach eher wie Auftritte der Harlem Globetrotters oder Wrestling-Spektakel anmuten und nicht den Segen des OWGR-Direktoriums haben: Die LIV’ler sind weiterhin Leistungssportler. Bloß, im Lager des leistungslosen Lohns müssen sie nicht mehr unbedingt. Aber sie können noch. Das haben sie bewiesen.
Neutraler bis freundlicher Umgang
Und vielleicht war da ja noch ein sehr spezielles motivierendes Moment. „Das Masters zu spielen, wird uns doppelt Spaß machen, weil wir wissen, dass uns dort alle hassen“, hat der Chilene Niemann vor dem Turnier gegenüber „Golf.com“ geflachst. Nach außen hin war davon allerdings nichts zu spüren. Es herrschte „schlimmstenfalls“ ein neutrales, um Auskommen bemühtes Klima beim Champions Dinner und in den „gemischten Flights“; am Sonntag sah man Rahm und Koepka, die beide vom und für den Wettkampf leben, überdies in freundlicher Zwiesprache und einträchtig nebeneinander auf einer Bank.
Es braucht die Aura von ernsthaftem Wettbewerb
Eines freilich war ebenfalls nicht zu übersehen und ist ohnehin evident: Es braucht tatsächlich die Aura von ernsthaftem Wettbewerb sowie echte sportliche Rivalität, damit Profis wie Koepka, Mickelson oder Reed wieder zu gewohnter spielerischer Größe oder gar über sich hinaus wachsen.