Es war einmal... ein vierschrötiger bärtiger Mann, der mit Schippe und Schubkarre an der schottischen Küste entlang zog und Spielwiesen anlegte. Gut die Hälfte der um 1900 existierenden britischen Linksplätze gehen wohl auf das Konto des Golfpatriarchen Old Tom Morris. Zum Beispiel die 18 Loch von Carnoustie, die er 1867 ausbaute und auf denen heuer zum achten Mal eine Open Championship ausgetragen worden ist und Francesco Molinari zum aktuellen Champion Golfer of the Year avancierte.
Computer und Vermessungsdrohnen
Die „Sandkästen“ zwischen Strand und Ackerland sind quasi Anachronismen, seit die maschinelle Hochtechnologie der Neuzeit selbst unmögliche topografische Konstellationen in gefällige, wenngleich ziemlich künstliche Bahnenfolgen verwandeln kann. Mittlerweile gehen die Design- und Bautrends wieder zurück zu Minimalismus und Patina, das indes ist eine andere Geschichte.
Jedenfalls sind eine Menge Bälle aus Leder, Kautschuk und Kunststoff geflogen, seit die Golf-Altvorderen erstmals Abschläge und Grüns aussteckten und damit dem anarchischen Geländespiel einen gewissen räumlichen Rahmen verliehen. Nach Pferdegespannen, dampfbetriebenen Zugmaschinen, den ersten Traktoren oder dem ersten Kettenmobil mit Schubschild ist die Baubranche seit langem im Zeitalter der computergesteuerten Technik und bei Drohnen zur Vermessung und Kartographie angekommen.
Moderne Plätze sind digital durchgeplant
Es braucht weiterhin die Vision eines Architekten und sein Verständnis für Lage und Landschaft, dazu den guten alten Holzpflock zum Markieren. Dann jedoch wird der Kurs bis zum letzten Designelement digital durchgeplant. Planierraupen und Schaufelbagger setzen das Konzept in Konturen um. „Während früher nur die Grüns und die Abschläge wie Baukörper erstellt wurden, modelliert man heutzutage im Sinne einer optimalen Entwässerung meist das gesamte Gelände“, erklärt der Düsseldorfer Landschaftsarchitekt und Platzdesigner Christian Althaus.
So wird auf Basis exakter Massenberechnungen im sogenannten „Cut & Fill“-Verfahren hier ab- und dort aufgetragen. Oder Erdreich gleich Lkw-weise heran gekarrt und gefällig verbaut. Wie bei Le Golf National nahe Paris, wo Kapitän Thomas Björns europäische Riege in zwei Wochen den Amerikaner wieder den Ryder Cup abspenstig machen will. 2,2 Millionen Kubikmeter Erde wurden übers Gelände geschoben, 600.000 Kubikmeter davon durch den Aushub der Teiche generiert. Der große Rest kam per Sattelzug, an 400 bis 450 „Dumper“ pro Tag erinnert sich Le Golf Nationals Architekt Hubert Chesneau.
Golfplatzbau als Wissenschaft für sich
Die Vorgaben für sämtliche Erdbewegungen kommen als 3D-Pläne aus dem Computer. Samt punktueller GPS-Daten. Zum „Kommandostand“ einer modernen Raupe gehört folglich der Monitor, auf dem sich das Gefährt virtuell, gleichwohl in Echtzeit von Punkt zu Punkt navigiert. Nicht selten wird zudem die Höhe des Raupenschilds per Laser-Messeinheit gesteuert.
Golfplatzbau ist mehr denn je eine Wissenschaft für sich. Das Erdreich wird analysiert, die Wasserqualität per hydrologischem Gutachten geprüft, Spezialfirmen stellen anhand von Klimadaten und regionaler Wetterstatistiken das Saatgut für Spiel- und Roughflächen zusammen. Möglichst genügsam möchte der Rasen sein, nicht ständig nach Wasser und Nährstoffen lechzen. Grüns sind komplexe Schichtbauten mit variantenreichen Richtlinien.
Und die Herstellung von Bunkern ist erst recht eine komplexe Materie: Deren Stil verleiht dem Platz letztlich sein Gesicht; erhöhte Ränder, Vliese im Untergrund sowie unterschiedliche Korngrößen und -strukturen sollen Erosion verhindern. Der Computer schließlich dirigiert die Beregnung beinahe tropfenweise, während eine verschärfte Gesetzeslage und das ökologische Bewusstsein nach alternativen Pflanzenschutz- und Düngemitteln verlangen.
Seelenlose Ackerflächen, wiederbelebte Brachen
Ohne diesen technischen Fortschritt wäre Platzbau meist kaum mehr möglich. Früher machte der „Homo Ludens“, der spielende Mensch, seine Golfbahnen in den Dünen ausfindig – und manchmal lässt der Naturschutz das weiterhin zu. Im irischen Doonbeg beispielsweise, wo Greg Norman Anfang des Jahrtausends einen wahrhaft famosen Parcours schuf, dabei zwölf Fairways sowie 14 Grüns bereits vorfand und bloß zu „finishen“ hatte. „Mutter Natur hat hier 100 Löcher angelegt, wir mussten lediglich die besten 18 auswählen“, soll der Australier nach Vollendung gejubelt haben.
Vielfach freilich erblühen die Kurse der Neuzeit auf seelenlosen Ackerflächen und als Renaturierung von Industrie- oder Militärbrachen. Der US-Open-Schauplatz Chambers Bay beispielsweise. Oder Budersand auf Sylt. Es bedarf einer Menge Kreativität und Inspiration, dazu Erdmassenbewegung und Mutterbodenauftrag in fünf-, sechs- oder gar siebenstelligem Kubikmaß – siehe Le Golf National –, um der Ödnis neues Leben einzuhauchen.
Malen nach Zahlen – aber bitte mit Gefühl
Dem Computerdesign sind allerdings Grenzen gesetzt. „Zu 85 bis 90 Prozent orientiert man sich beim Bau sklavisch an den Plänen“, so Althaus, selbst ein Verfechter naturnaher, puristischer Ensembles und nachhaltiger Grassorten. „Der Rest entsteht durch die Begehung und die individuellen Absprachen mit dem Shaper.“ Der Mann auf der Maschine müsse zwar die Designidee des Architekten umsetzen, „trotzdem gewährt man Freiräume, klar!“.
Gute Shaper handhaben den Schild der Raupe und den Löffel des Baggers wie ein expressiver Künstler seinen Spachtel. „Malen nach Zahlen“ ist beileibe nicht alles, es kommt überdies auf Erfahrung, Spielverständnis, Sensibilität und Intuition an. Bei richtiger Handhabung ist der hydraulisch bewegbare Schild einer Planierraupe ein meterbreites Feinwerkzeug, mit dem Umrisse von mehrschichtigen Grüns und komplex konstruierten Bunkern ebenso ins Erdreich geformt werden wie Wellen und Hügel ins Gelände, als seien sie von jeher dort gewesen.
Master-Shaper McShane: Da Vinci auf dem Dozer
Übrigens, es gibt Shaper – und es gibt McShane. Mick McShane. Wie James Bond die Walther-Pistole unter der Achsel, so trägt der knorrige Schotte seinen Nivellier am Gürtel, um mit der digitalen Wasserwaage permanent die zuvor gezogenen Slopes zu kontrollieren. Dieser „da Vinci auf dem Dozer“, einem 19-Tonnen-Ungetüm namens CAT D6, verhilft laut Eigenwerbung „Designer-Träumen zu Realität“. Er arbeitete für Jack Nicklaus, Arnold Palmer oder Robert Trent Jones, baute den Castle Course von St. Andrews, die Kingsbarns Golf Links, war im irischen „K Club“ aktiv und genießt Legendenstatus.
Letztlich steht McShane für den Faktor Mensch in der Herstellungsgleichung. „Ein guter Kurs kommt nicht ohne aus“, sagt Christian Althaus. „Bei aller Technik: Golfplatzbau ist Gefühlssache.“