Der Wandel des Golfsports ist in aller Munde. Die Entwicklung zur Freizeitgesellschaft und die moderne Spaßkultur beeinflussen die Ansprüche an den Golfmarkt und Angebotsausrichtung der Golfanlagen. So einzigartig wie jede Anlage sind auch die Ansätze zur Bewältigung der aktuellen Herausforderungen. Bei Golf Post, dem Digitalen Zuhause für Golfer, lesen Sie, wie sich Betreiber und Manager das Spiel in Zukunft vorstellen.
Der Limes: Mal Graben, mal Wall, mal bloß Palisade oder Geländekante, steht die einstige Grenze zwischen Germanien und dem „neuen“ Römischen Reich als Landmarke für einen historischen geopolitischen Wandel. Im Hofgut Georgenthal nahe Wiesbaden lässt sich der zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannte Obergermanisch-Raetische Limes bis heute in der Landschaft des Untertaunus erkennen, wenn man zum Beispiel am Abschlag von Loch drei steht.
Phänomenaler Parcours auf minimalem Raum
Einen Schlag und ein paar Schritte später freilich ist kein Raum mehr für den Blick ins Gelände oder Gedanken an einen geschichtlichen Kontext, aller Fokus gilt dem Spiel. Und dem Ringen um den Score. Zumal auf der 377-Meter Distanz bis zum Grün 34 Höhenmeter zu bewältigen sind. „Die dritte Bahn ist mit Sicherheit das schwierigste Par 4, das ich je gebaut habe“, räumt Christian Althaus ein.
Dem Düsseldorfer Golfplatzdesigner und Landschaftsarchitekten ist in Georgenthal das Kunststück gelungen, auf einem schüsselförmigen Areal von lediglich 48 Hektar einen 18-Loch-Kurs plus 3-Loch-Parcours und Übungsanlagen unterzubringen. Und mit dem Par-70-Layout überdies gekonnt zwischen Bodendenkmal Limes, den Waldsäumen am Kesselrand und drei ebenfalls „sakrosankten“ Gaspipelines in der Talsohle zu navigieren.
„Da hat er echt was geleistet“, sagt Hofgut-Geschäftsführerin Brita Hankammer zum exzellenten Ergebnis, dessen linksartiger, ursprünglicher Stil an Prärie-Preziosen wie Sand Valley, Sand Hills oder Ballyneal im amerikanischen Mittleren Westen erinnert – Namen, die Golf-Puristen mit der Zunge schnalzen lassen. „Diese Landschaft, der Taunus, hat einen Charakter. Und der Golfplatz sollte keinen Bruch darstellen“, erklärt die Chefin. „Daher die etwas rauere Anmutung.“
Golfplatz als Destination, Hotel als Basis
Es ist die Althaus‘sche Handschrift, wenn man ihn lässt: Besinnung auf die Wurzeln des Spiels, Golf als Geländesport, querfeldein statt durch den Park oder inmitten artifizielle Arrangements. Dazu nachhaltig, mit genügsamen Gräsern, die ein zeitgemäßes Wassermanagement zulassen. Selbst eine Rolle rückwärts kann durchaus in die Zukunft weisen. Oder wie Hankammer es nennt: „Er hat uns eine Vision vermittelt.“
Das Hofgut Georgenthal ist ein Paradebeispiel für die Erkenntnis, dass Golfplätze erstens zu Destinationen werden müssen, samt der dafür notwendigen Alleinstellungsmerkmale, um im Wandel von Gesellschaft und Freizeitkultur bestehen; zweitens, dass ein Platz fernab von Ballungsgebieten ohne angegliedertes Hotel kaum zukunftsfähig ist. „Der Platz muss eher Appendix des Hotels seins“, hat ein Golfmanager mal in Sachen Wandel des Golfmarkts postuliert.
Ehemaliger Zehnthof aus dem Jahr 1692
Im Fall Georgenthal stimmt das schon chronologisch, denn am Anfang war das Hotel. Nein, eigentlich die Idee des in der Nachbarschaft aufgewachsenen Heinz Hankammer, der mit der Herstellung von Trinkwasserfiltern – benannt nach seiner Tochter – zum erfolgreichen Unternehmer avanciert war und das landwirtschaftlich genutzte Hofgut auf dem Boden der südhessischen Gemeinde Hohenstein zum Altersruhesitz machen wollte. Der Sanierungsaufwand für das aufs Jahr 1692 und einen Zehnthof des Grafen Georg-August-Samuel von Nassau-Idstein zurückgehende Ensemble auf einer Gesamtfläche von 65 Hektar sei indes derart hoch gewesen, dass man doch eine wirtschaftliche Nutzung erwogen habe, erzählt Brita Hankammer.
Mitglied bei den „Hotels auf dem Golfplatz“
Also wurde im Jahr 2000 das Hotel eröffnet, unter der Woche ausgerichtet auf Tagungen und am Wochenende als Taunusidyll für Ruhesuchende. Es hat 69 Betten in 40 Zimmern sowie mittlerweile ein Apartment für Selbstversorger. Hankammer: „Unser Slogan lautet ,Meine Auszeit‘ und genau das bieten wir. Noch heute kommen Leute zu uns, um einfach nur entspannt Zeitung zu lesen, etwas zu trinken und die Ausblicke zu genießen.“ Von 2014 bis 2016 entstanden die beiden Schleifen des Golfplatzes, „weil wir etwas gesucht haben, was den Hotelbetrieb zusätzlich belebt“. Damit lag dann der Beitritt zur Wertegemeinschaft „Hotels auf dem Golfplatz“ nahe; 31 Adressen, bei denen maximal eine Par-4-Distanz zwischen Betten und Bunkern liegt.
„Auch im Golfgeschäft gibt es Möglichkeiten für neue Wege“
Schon der Werdegang zeigt, dass man im Hofgut Georgenthal, das mithin gerade sein 20-jähriges Bestehen feiert, keine Golfbälle auf den Augen hat. „Auch im Golfgeschäft gibt es Möglichkeiten, neue Wege zu gehen“, betont Hankammer. „Unsere Gäste sollen es sich auf legere Art und und Weise gut gehen lassen können. Nicht nur essen, trinken, schlafen und golfen, sondern mit allen Sinnen das Leben genießen und spüren.“
Es gebe viele Aspekte, das zu tun, „und die möchte ich hier vereinen: Kunst und Kultur, das Kulinarische und das Sportliche, Wellness oder einfach nur genießerisches Nichtstun. Nicht von allem eine Riesenbandbreite, eher ausgesucht“. Kurz: Es wird über den Tellerrand des reinen Golfbetriebs hinaus gedacht.
Hoffeste, Lesungen, Kulinarik und Museum
Folgerichtig werden Hoffeste ausgerichtet und Lesungen für 50, maximal 60 Leute in der wandlungsfähigen Kaminlounge veranstaltet, die morgens Frühstücksraum, mittags Golfbistro und abends Bar ist. Im Restaurant Giorgios – „kulinarisch etwas ausgefeilter als die lässige Clublounge“ (Hankammer) – basieren die Kreationen weitestmöglich auf Produkten des Rheingaus.
Es gibt „Kulinarische Plaudereien“ und die Veranstaltungsreihe „Kluge Köpfe zu Gast“, spanische Wochen und italienischen Wochenenden, Angebote für Wanderer und Biker, einen Service für Reiter und vor allem für Kamerad Pferd, nicht zuletzt das Regionalmuseum „Limes im Hofgut“, das auch Originalfunde zeigt. So wird eine Golfanlage als kleine Flucht aus der täglichen Tretmühle etabliert und der Klientel ein zweites Wohnzimmer bereitet.
„Ich höre aus Branchenkreisen oder bei Treffen immer: Es geht so nicht weiter, wir müssen was tun“, sagt Brita Hankammer: „Das Hofgut ist ein abgeschiedenes Fleckchen Erde, das gut und schnell zu erreichen ist. Wenn man raus möchte aus dem Alltag, aus seinem Kuddelmuddel, ist man hier richtig. Ich glaube, dass wir mit unserer Bandbreite zukunftsfähig sind.“