Was wird nicht alles geschrieben, über Fitness, die unser Golfspiel fördert, über das, womit Golf uns schaden kann. Ob Yoga oder Rückenschule: Der Golf-Kosmos ist voll von medizinischen Abhandlungen und gymnastischen Anleitungen, jedes Wehwehchen wird aufgriffen und besprochen, sicher zu recht, frei nach der Devise: Golfst du noch oder siechst du schon! Die heilsame Wirkung des großen Spiels mit der kleinen Kugel freilich kommt dabei oft zu kurz. Golf ist ohnehin ein Sport, wer wüsste das nicht, der vornehmlich zwischen den Ohren gespielt wird. Die mentale Komponente wirkt auf die Konstitution. Und umgekehrt. „Mens sana in corpore sano“, ein gesunder Geist in einem gesunden Körper: Das bedingt sich wechselseitig.
Fünf Jahre mehr Lebensdauer
Studien dazu gibt es genügend. Die Schweden beispielsweise haben festgestellt, dass Golfer, die regelmäßig spielen – also etwa zwei Mal pro Woche –, im Schnitt fünf Jahre länger leben als Nichtgolfer. Dies galt allerdings in erster Linie für männliche Golfer mit einstelligem Handicap. Das Karolinska-Institut nahe Stockholm hat in seiner Eigenschaft als königliche medizinische Universität die Lebensdauer von rund 300.000 Aktiven analysiert, die nach 1920 geboren und vor 2001 mit Golf begonnen haben. Spielend altern also.
„Eine moderate körperliche Aktivität, wie Golf sie darstellt, erhöht die Lebenserwartung,“ sagt auch Dr. Andrew Murray, Leiter des „Golf & Health Project“ der Universität von Edinburgh. Das Spiel unterstütze die Vorsorge und Behandlung von mehr als 40 wichtigen chronischen Erkrankungen wie Herz- und Schlaganfall, Diabetes, Brust- und Dickdarmkrebs, helfe zudem bei psychiatrischen Befunden wie Depressionen und Demenz und fördere schlichtweg Gesundheit und Wohlbefinden.
Golf ist Denksport
Die Ursachen sind ebenso naheliegend wie einleuchtend. „Golf ist ein Denksport bei aerober und damit gesunder Bewegung an der frischen Luft und im Grünen – und das über mehrere Stunden. Besser geht‘s nicht,“ weiß die Hamburger Präventologin Andrea S. Klahre, die sich als Therapeutin für Mind-Body-Medizin und als Präventionscoach von Berufs wegen mit der Kohärenz von Körper und Kopf befasst.
Für die Therapeutin ist das Spiel jenseits seiner „schwungtechnischen, anatomischen, physiologischen und auch präventiven Aspekte“ pures Zen. „Golf, allein gespielt, ist eine Art Bewegungsmeditation und verändert wie Sitzmeditation die Hirnströme in Zentren, die für die Aufmerksamkeitsleistungen und die Fähigkeit zur Stressbewältigung zuständig sind,“ verdeutlicht Klahre. „Daneben wird das vegetative Nervensystem reguliert, im Sinne einer Entspannungsreaktion.“
Genau diese Kombination von Beweglichkeit, Ausdauer und Aufmerksamkeit mache Golf zur idealen Trainingsform bei vielen bestehenden Beschwerden, von Erschöpfungssyndromen bis zu Erkrankungen der Atemwege. Oder schlicht zur Schule für die Konzentration, „sofern parallel das ganzheitliche Gesundheitsbewusstsein gefördert werden kann,“ ergänzt Klahre.
Training von Kopf bis Fuß
Es ist das Spielerische am Golf, das wie Balsam wirkt. Vorausgesetzt, der Ausübende ist ein „Homo Ludens“, ein spielender Mensch, und unterliegt weder der grassierenden Handicap-Hybris und stresst sich und sein Umfeld bei jedem nicht ganz wunschgemäßen Schlag mit wüster Flucherei, noch müht er sich brachial zu einem Schwung, der vielleicht ein paar Meter, aber vor allem Rücken- und Schulterprobleme bringt, weil er nicht zur Physis und Körpergeometrie passt – Tiger Woods lässt grüßen.
Die Eckdaten des zeit- und vor allem alterslosen Spiels sind hinlänglich bekannt, indes nicht oft genug zu wiederholen: Eine 18-Loch-Runde verbrennt mindestens 1.200 Kalorien, fünf bis zehn Kilokalorien pro Minute. Im Gegensatz zu anderen Ballsportarten, beispielsweise Fussball oder Tennis, werden beim Golfen überwiegend Fette verbrannt. Das senkt die Blutfettwerte, vor allem das fürs Herz- und Kreislaufsystem schädliche LDL-Cholesterin. Bei einem gekonnten Schlag spannen sich zudem 124 von insgesamt 434 Muskeln. Training also von Kopf bis Fuß.
Streben nach gesundem Schwung
Allerdings: „Gesundes Golfen hat nichts mit der Jagd nach einem besseren Handicap zu tun, sondern ist das Streben nach einem individuellen, aber auch gesunden Golfschwung,“ hat Prof. Dr. Eduard David, Physiologe an der Privatuniversität Witten-Herdecke schon vor Jahren gesagt.
Mehr als jede andere Sportart eignet sich Golf für Jedermann, ob jung oder alt. Und bei einem optimalen Zusammenspiel ist das Spiel der perfekte Sport für Hirn, Herz, Seele und alle anderen Systeme. Golf sollte es auf Rezept geben!