Das Damen-Quintett ist ein Hingucker: anmutiger Blick, volles Haar, zierliche Figur. Die Beauties leben im Grünen oberhalb des schmucken Ostseebads Kühlungsborn, mit Blick aufs Meer, und sind – Schafe. Genauer gesagt: Skudden. Das alte ostpreußische Hausschaf steht auf der roten Liste der gefährdeten Nutztierrassen, 1.000 bis 2.000 reinrassige Tiere gibt es noch. Fünf Mutterschafe leben mit ihren Lämmern seit 2016 in einem ausgedehnten Gehege am Rand des 14. Lochs im Ostsee Golf Resort Wittenbeck. Gegenüber, auf einer Streuobstwiese, steht ein knallrotes Häuschen auf Stelzen, Heimstatt für eine Schar Deutscher Sperber. Die ebenfalls rot gelisteten und vom Aussterben bedrohten, auffällig gescheckten Hühner sind in Wittenbeck geschlüpft und längst selbst fleißige Eierleger.
Neuer Geist hat Einzug gehalten
„Golf im Einklang mit der Natur, ein harmonisches Miteinander von Mensch und Tier: Unsere Schafe und die kleine Hühnerfamilie zeigen, dass das möglich ist“, freut sich Geschäftsführer Werner Gallas. Seit jüngstem komplettieren zwei seltene „Dexter“-Rinder namens Emma und Helena die Wittenbecker Menagerie. Weiter im Westen, am Timmendorfer Strand, hat eine Imkerei ihre Bienenstöcke auf der Golfanlage Seeschlösschen aufgestellt, deren Fairways und Grüns von zahlreichen Obstbäumen und überhaupt einem alten Baumbestand gesäumt werden. Die „Golf“-Bienen summen munter durch Rough oder Hecken, Knicks genannt, die als erhaltenes Landschaftsmerkmal Insekten, Vögeln, auch Kleintieren wertvollen Lebensraum bieten, und liefern feinsten Honig.
Nun hat das ganze Getier allein noch nichts mit der ökologischen Wirkweise von Golfanlagen zu tun. Aber diese Beispiele verdeutlichen den Geist, der nicht nur in Deutschland auf den Golfanlagen Einzug gehalten hat. Vorbei sind die Zeiten, als auf Teufel komm raus gewässert und gedüngt wurde, Hauptsache, die Spielwiese ist dickflorig und sattgrün; als kostbares Nass verplempert und das Grundwasser mit chemischen Düngemittel- und Pestizid-Keulen kontaminiert wurde, um schmarotzende Grassorten wie Poa Annua zu pimpen.
Rückzugsräume der Artenvielfalt
Was früher Umweltaktivisten und sonstige Gründenker regelmäßig auf die Palme brachte, naturgemäß flächenintensive Golfplatz-Projekte nämlich, sind heutzutage meist Refugien für Fauna und Flora, Rückzugsräume der Artenvielfalt. „Unter Wahrung ökologischer Aspekte kann der Golfplatz absolut eine Aufwertung der Natur darstellen“, sagt Architekt Christian Althaus, der auf dem Nordsee-Eiland Föhr, für das Hofgut Georgenthal im Untertaunus oder in Herzogswalde bei Dresden nachhaltige Anlagen mit dem Touch der Ursprünglichkeit konzipiert hat. „Dafür werden Bauweisen sowie Gras- und Pflanzenarten ausgewählt, die im Unterhalt günstiger und Ressourcen schonender sind“, verdeutlicht Althaus.
Falls auf solchen Kursen die Halme mal nicht grün sind, sondern gelb, bräunlich oder im Idealfall golden, dann liegt das nicht an einer unbezahlten Wasserrechnung, sondern am natürlichen Verhalten „guter“ Gräser – Festuca, der Rotschwingel, beispielsweise –, die bei unwirtlichen Bedingungen, sei es Hitze, Trockenheit oder Kälte, schlichtweg Kraft sparen und eine Ruhepause einlegen, ohne dabei durch Dauerbewässerung vor dem Zugrundegehen gerettet werden zu müssen. Salopp formuliert spart sich der Halm durch diese Dormanz seine Kraft fürs Überleben auf und pfeift aufs Grünsein.
Bioaktive Golfplatzpflege
Es würde an dieser Stelle zu weit führen, auf die verschärften Vorschriften für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und auf die vielerorts praktizierte Abkehr von Kunstdünger einzugehen. Gesagt werden soll aber, dass der Trend eindeutig zu natürlichen Substanzen geht, zur bioaktiven Golfplatzpflege, bei der die Experten so exotisch anmutende Hilfsmittel wie fermentierte Algen oder kompostierten Waldbodenbelag einsetzen. Ohnehin „beträgt der Nährstoffverbrauch eines Golfplatzes im Vergleich zu einer landwirtschaftlichen Nutzung maximal 30 Prozent“, sagt Agronom Oliver Heyne, der u. a. Golfanlagen im Nordosten Deutschlands berät: „Die geringe Nutzung von Düngemitteln sorgt für wenig Nährstoffe in den Gewässern eines Golfplatzes.“ Libellen, Molche, Erdkröten, Wasserfrösche oder Teichmuscheln belegen die Güte des bewahrten Biotops.
Überhaupt, das kostbare Nass! Immer wieder grassierten in der Vergangenheit Horrorzahlen in punkto Wasserverbrauch, und den Golfplätzen haftete das Stigma des Verschwenders Nummer eins an, egal, wie ausgiebig die Deutschen am Samstag ihre Autos gewaschen haben. Nicht ganz zu Unrecht: Viele Plätze wurden tatsächlich förmlich geflutet, was dem Durst gehätschelter Gräser geschuldet war oder der Grün-Hybris von Clubmitgliedern. Mit den modernen computergesteuerten Bewässerungssystemen indes gilt: Jeder Tropfen zählt!
„Golfer sind Naturschützer!“
Wie sich das auswirkt, verdeutlich Jordan Tschimperle, der als Course Manager bei WINSTONgolf nahe Schwerin die Verantwortung für drei Top-Plätze mit insgesamt 45 Löchern und allerhand Ruhezonen und Sicherheitsbereiche zwischen den einzelnen Bahnen trägt: „Unser Wasseraufwand liegt bei 90 Litern pro Quadratmeter im Jahr.“ Außerdem: „Das Wasser kommt aus eigens gebohrten Brunnen“, ergänzt Tschimperle, einer der Vorreiter von bioaktiver und ökologisch einwandfreier Golfplatzpflege, „wir holen es aus dem Boden, und es geht in den Boden zurück.“ Da kriegt die prall gefüllte Fünf-Liter-Gießkanne, die unsereins im Frühjahr und Sommer allein über den beiden Tomatenpflanzen sowie den Rosmarin- und Schnittlauch-Töpfen entleert, eine ganz neue Dimension.
Das Fazit: „Golfer sind Naturschützer!“ So hat es Dr. Gunther Hardt, der beim Deutschen Golf Verband für das Gütesiegel „Golf & Natur“ zuständig ist, schon vor einiger Zeit an dieser Stelle formuliert: „Wir spielen in der Natur und diese gilt es, standortgerecht zu bewahren und zu fördern.“