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British Open

Die „Cam“-Show auf dem Old Course: So sind Smith und Young kaum einzuholen

16. Jul. 2022 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland

Gleich zwei Camerons stehen nach Runde 2 an der Spitze des Leaderboards. (Foto: Getty)

Gleich zwei Camerons stehen nach Runde 2 an der Spitze des Leaderboards. (Foto: Getty)

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Wenn die beiden so weitermachen, wird sich das Verfolgerfeld mächtig strecken müssen: Auch am zweiten Tag dieser 150. Open Championship setzte sich die „Cam“-Show auf dem Old Course fort. Diesmal gab der Australier Cameron Smith den Takt an, bestach durch brillante Putts, egalisierte die 64 von Cameron Young vom Vortag und löste damit den 25-jährigen New Yorker an der Spitze des Jubiläums-Majors ab. Seine 13 unter Par nach 36 Loch und 131 Schlägen sind gleichzeitig der niedrigste Score, der je zur Halbzeit einer Old-Course-Open zu Buche stand; die wenigsten Schläge brauchte übrigens Louis Oosthuizen vergangenes Jahr in Royal St. George’s mit 129. „Das war wirklich ein heißer Start“, wunderte sich Smith fast ein wenig über seine drei Birdies zum Auftakt und die insgesamt sechs Schlaggewinne auf den ersten zehn Löchern, denen der Mann mit dem fusseligen Vokuhila dann noch den Eagle auf der 14 folgen ließ. Und war Cameron Young zum Auftakt ohne Bogey geblieben, so tat es ihm der drei Jahre ältere Smith, Players-Champion vom März und in seinen insgesamt 24 Majors bereits vier Mal unter den Top-Fünf, am Freitag nach.

Young wiederum haderte gestern etwas mit seinem Putter. „Auf den Grüns lief es nicht so gut wie am Donnerstag“, bilanzierte der PGA-Tour-Rookie, der schon bei der PGA Championship mit einem geteilten dritten Platz für Aufsehen gesorgt hatte: „Aber es ist immer noch besser, Zweiter zu sein als Zehnter.“

Viktor Hovland „rettet“ Rory McIlroy

Doppelt wertvoll: Irgendwann dieser Tage hat Rory McIlroy mal gesagt, „für LIV Golf gibt es keinen Platz in dieser Golfwelt“; der Nordire macht von jeher kein Geheimnis daraus, dass er den Konkurrenz-Circuit zutiefst verabscheut, allein schon wegen der in Saudi-Arabien sprudelnden Quellen all des Gelds, mit dem Impresario Greg Norman um sich wirft. Damit avancierte er längst zum ersten Bannerträger des Golf-Establishments. So gesehen ist „Rors“ gestern um Haaresbreite einer Katastrophe entgangen, denn beinahe hätte er heute mit LIV-Star Dustin Johnson den Moving Day angehen müssen, im vorletzten Flight hinter den beiden Camerons, nachdem dieser in der Vormittagssession eine formidable 67 (-5) aufs Old-Course-Parkett gezaubert hatte und mit insgesamt Neun unter Par lange auf dem vierten Platz rangierte. Doch dann rettete Viktor Hovland den heutigen Flight-Frieden, als er sich mit einem Birdie in sozusagen allerletzter Minute – auf der Schlussbahn nämlich – auf Zehn unter Par und damit neben Rory McIlroy schob. So gibt es nun eine norwegisch-nordirische Paarung hinter Smith und Young, während sich „D. J.“ zum Weltranglisten-Ersten Scottie Scheffler gesellt.

Interessant übrigens und noch mal eine Bestätigung von Johnsons Leistung: Bei der Betrachtung der Tee-Times-Verteilung und der daraus resultierenden Ergebnisse zeigt sich auch in St. Andrews einmal mehr das Glück der richtigen Abschlagszeit. Die Spieler der Früh-Spät-Abteilung (Donnerstag Morgen und Vormittag, Freitag Mittag und Nachmittag) erwischten bessere Bedingungen und markierten über zwei Runden einen Durchschnittsscore von 143,7 Schlägen; davon profitierte nicht zuletzt das Führungs-Quartett. Die Spät-Früh-Starter (Donnerstag Mittag und Nachmittag, Freitag Morgen und Vormittag) hingegen, zu denen auch Johnson gehörte, notierten durchschnittlich 145,1 Schläge.

Tiger Woods’ Abschied: Sorgsam inszenierte Choreo

Nachtrag: Vermutlich ist bereits alles über Tiger Woods’ ergreifenden Abgang vom Old Course geschrieben, vom Marsch über die Swilcan Bridge – als die Flightpartner Max Homa und Matt Fitzpatrick und alle drei Caddies respektvoll zurück blieben und dem Superstar diesen Gang ganz allein überließen –, von den Standing Ovations der Galerie, von Rory McIlroys leisem und dennoch so eindringlichem Gruß, von den Tränen des Tigers. Kurz: von einem bewegenden Moment der Golfgeschichte, der niemanden kalt gelassen haben dürfte; vom Abschied eines großen Champions, der in seinem Sport außergewöhnliche, förmlich überirdische Höhen erreicht hat, aber auch in schier unfassbar abgrundtiefe Täler gestürzt ist.


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R&A-Chef Martin Slumbers sprach übrigens angesichts des Zusammentreffens von Woods und „Rors“ auf dem Doppel-Fairway der 1 und der 18 von einem „schönen Zufall, den wir haben laufen lassen“, aber McIlroys Manager verriet später, dass die Begegnung seit Monaten geplant gewesen sei – wie auch immer man das mit den Tee Times und dem Slow Play auf dem Platz koordiniert haben mag. Die beiden sollten sich sogar auf der Swilcan Bridge treffen – aber ehrlich gesagt, so war es schöner: Dieser Augenblick sollte und musste Tiger Woods ganz allein gehören. Der Autor ist übrigens der Meinung, dass sich der 15-fache Major-Sieger einen allerletzten Auftritt auf dem Old Course nicht entgehen lassen wird, 2030 wahrscheinlich. Ja, Woods wird dann womöglich nicht mehr wettbewerbsfähig sein, aber das war er schon diesmal trotz aller guten Vorsätze nicht; und auch alle anderen Großen vor ihm winkten irgendwann noch mal endgültig Lebewohl von der berühmtesten Brücke des Sports. Bis dahin lassen wir gern die grandiosen Bilder des gestrigen Tags auf uns wirken:


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Früher ging’s „rückwärts“ über den Old Course

Wussten Sie? … dass der Old Course aktuell eigentlich „verkehrt herum“ gespielt wird? Das ursprüngliche Routing des Patron aller Parcours führte nämlich im Uhrzeigersinn bzw. aus heutiger Sicht „rückwärts“ durchs Gelände: vom ersten Abschlag über das 18. Fairway und die Swilcan Bridge auf das heutige 17. Grün, das bis Mitte des 19. Jahrhunderts als Doppelgrün für die Bahnen 1 und 17 fungierte; dann vom 18. Abschlag über das 17. Fairway aufs 16. Grün – und so fort. Mit der zunehmenden Popularität des Golfsports und der stark ansteigenden Frequentierung des Old Course sorgte die Bahnenfolge allerdings für jede Menge Chaos und auch große Sicherheitsprobleme – besonderes im hinteren Bereich des Platzes, The Loop genannt. Und als Old Tom Morris 1864 zum Custodian of the Links ernannt wurde und dem Old Course zahlreiche Innovationen verpasste, baute der Patriarch unter anderem das heutige erste Grün auf der rechten Seite hinter den Swilcan Burn (1870) und drehte die Bahnenfolge „gegen den Uhrzeigersinn“, um den Betrieb etwas zu entzerren. Folgerichtig wurden auch die großen Turniere über das neue Routing gespielt, wenngleich damit die meisten Bunker nicht mehr wirklich im Spiel waren, weil sie bei dieser Spielrichtung nun im ersten Drittel des Fairways liegen – der berüchtigte Road Hole Bunker beispielsweise ist erst wirklich ein Schrecknis, wenn der Old Course „left hand“ absolviert wird und das Sandloch die rechte Seite des dann ersten Grüns bewacht. Soweit der kurze Exkurs – die originäre Bahnenfolge wurde im Lauf der Jahre zur Rarität und zum Kuriosum, aber ab und an lädt der R&A noch mal zum Spiel über den „Old Course Reverse“ ein:

Der Pro mit den zwei Drivern

Doppel-D: David Carey ist berühmt geworden, weil er 2019 bei der Cervino Open auf der Alps Tour eine 57 geschossen hat, das niedrigste Ergebnis, das je bei einem Weltranglisten-Turnier erzielt wurde. Seither trägt der 26-jährige Ire aus Dublin eine Schieberkappe mit dem eingestickten Emblem „DC57“. Und in St. Andrews schleppt sein Caddie überdies zwei Driver im Bag herum: beide von Titleist, einmal das neue TSR3-Modell mit neun Grad Loft, außerdem einen TSi3 mit zehn Grad. „Ich benutze selten ein Dreier-Holz, also nehme ich den Zehn-Grad-Driver mit der höheren Spin-Rate, wenn der Ball nicht ganz so weit fliegen soll oder wenn ich einen Draw spielen will. Das Neun-Grad-Holz hingegen ist besser, wenn ich mehr Fade oder in den Wind schlagen will“, erklärte Open-Qualifikant und -Debütant Carey, die Nummer 912 der Weltrangliste. Tja, so fein sind die Nuancen bei den Professionals, und Carey hat es mit seiner Driver-Strategie aktuell immerhin auf den geteilten 18. Platz geschafft (-5).


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Tyrrell Hatton hat mal nichts zu meckern

Zufrieden: Ab und an erinnert Tyrrell Hatton an einen Leprechaun, den Kobold aus der irischen Sage. Und manchmal benimmt sich der Engländer auch so, er kann bekanntlich ein rechter Wutnickel sein. Dieses Jahr haben ihn nebst eigenen Fehlschlägen vor allem die Major-Schauplätze zur Weißglut getrieben; Hatton hatte am US-Open-Schauplatz Brookline ebenso was auszusetzen wie an der PGA-Championship-Bühne Southern Hills, selbst Augusta National bekam sein Fett weg und fand wenig Gnade vor den Augen des 30-Jährigen. Doch in St. Andrews scheint Hatton ausnahmsweise mal zufrieden zu sein – schlichtweg, weil er den Old Course liebt. Immerhin durfte er sich dort zwei Mal zum Gewinn der Dunhill Links Championship gratulieren lassen, und gestern ergänzte er seine Auftakt-70 um eine bogeyfreie 66, die seine Bilanz von sechs verpassten Cuts in neun bisherigen Open etwas aufhübscht und ihn auf den geteilten sechsten Platz hievte.

Klar, dass Hatton nach seiner Runde kaum was zu meckern hatte: „Klasse, dass ich es endlich mal wieder ins Wochenende geschafft habe. Es war ein sehr angenehmes Gefühl, die 18 hoch zu marschieren, ohne über den Cut nachdenken zu müssen.“ Selbst die Fahnenpositionen nahm er mit großem Gleichmut hin: „Der Platz spielt sich halt einfach ganz anders als bei der Links Challenge im Oktober. Wenn die Flaggen dort so gesteckt wären wie in dieser Woche, würden wir mit den Amateuren im Feld sicher Runden von neun Stunden spielen.“ Und: „Die Fahnenpositionen sind echt knifflig, zumal wenn du das Fairway verpasst, was bei der Härte der Bahnen leicht passieren kann. Dann kriegt man kaum noch Kontrolle auf den Ball. Aber das ist nun mal die Herausforderung bei einer Open.“

Lowry und Thomas: Der Dialog des Jahres

Zwiesprache: Gestern Abend lieferten sich die Flightpartner Shane Lowry und Justin Thomas auf dem 18. Abschlag eine Art „Dialog des Jahres“. Am Donnerstag noch hatte Thomas dort seinen Abschlag mit dem Fünfer-Holz getoppt und den Ball in flacher Flugbahn das Fairway hinunter geschickt. Wenngleich die Murmel immer noch 230 Meter zurücklegte, war der amtierende PGA-Champion natürlich alles andere als zufrieden. Gestern löste er die Aufgabe mit dem Driver deutlich besser: Der Ball segelte elegant über den Swilcan Burn und blieb wie gewünscht auf der linken Seite des Fairways liegen. Während sich Thomas flugs nach seinem Tee bückte, ließ sich aus dem Hintergrund Shane Lowry mit einem anerkennenden „Absolut verbessert“ vernehmen. Für dieses etwas süffisante Kompliment des Champion Golfer von 2019 hatte Thomas dann nur eine Antwort – vielleicht hören Sie es ja heraus, ansonsten ist es im Tweet protokolliert:

Logenplatz für eine „Handvoll Dollar“

Erste Reihe: Sie hätten gestern bei Tiger Woods’ emotionalem Abschied vom Old Course am liebsten in der ersten Reihe gesessen? Oder würden das Open-Geschehen am Wochenende gern aus perfekter Position beobachten? Es ist noch nicht zu spät für einen wahrhaften Logen-Platz bei diesem und allen künftigen Majors in St. Andrews, braucht bloß die Kleinigkeit von 4,8 bis 5,4 Millionen Dollar, je nach Maklerbüro. Für derartige „Peanuts“ wird gerade ein Apartment im Hamilton Grand angeboten, jenem trutzigen roten Gebäude hinter der Haupttribüne am 18. Grün des Old Course und direkt neben dem berühmten „Vereinsheim“ des Royal & Ancient Golf Club of St. Andrews. Die „Butze“ hat 164 Quadratmeter, bietet zudem die Aussicht auf die Nordsee und einen Butler-Service rund um die Uhr. Was allerdings fehlt, ist die Mitgliedschaft im Royal & Ancient oder wenigstens ein paar garantierte Runden auf dem Old Course – aber irgendeinen Haken hat’s ja immer …

Die Rettung des Teddybären

Zum Schluss: Majortitel? „Besitzer“ des Claret Jug für ein Jahr? Ruhm und Ehre? Ein Platz in den Annalen des Golfsports? Ja, um all das geht es bei dieser 150. Open Championship; und irgendwer wird am Sonntagabend als Held gefeiert. Aber was ist das schon gegen den Mut einer Mutter, die „inside the ropes“ klettert, um ihrer Tochter den über den Zaun gefallenen Teddybären wieder zu beschaffen! Es sind oft auch die kleinen Augenblicke, die zu großen Momenten werden. Und gegen das Glück eines Kinds verblasst sowieso alles andere:

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