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European Tour

Ziemlich beste „Feinde“: Die DP World Tour und ihr fatales Saudi-Dilemma

29. Sep. 2022 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland

Stecken Keith Pelley und seine DP World Tour in einem Dilemma? (Foto: Getty)

Stecken Keith Pelley und seine DP World Tour in einem Dilemma? (Foto: Getty)

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Die PGA Tour hat „Low Season“, dümpelt gemütlich durch den Auftakt der neuen Spielzeit und überlässt das Feld der Aufmerksamkeit erstmal dem College Football und der National Football League NFL, die sich vor drei Wochenenden in Richtung Super Bowl LVII aufgemacht hat. Derweil reihen sich auf der DP World Tour die Traditionsturniere: BMW PGA Championship, Italian und French Open, jetzt gerade die Alfred Dunhill Links Championship, dann die iberischen Klassiker.

„Der Unsinn von der Feeder-Tour“

Das hat natürlich Methode. Europa rückt in den Golffokus. Die sonst zumeist in den USA aktiven Superstars haben Zeit für Gastspiele. Und Tour-Boss Keith Pelley kann unter Verweis auf Startfelder, Preisgelder sowie Medien- und Zuschauer-Interesse alle Anwürfe abschmettern, sein Circuit sei spätestens durch die im Juni intensivierte Zusammenarbeit mit der PGA Tour zu einer fünftklassigen „Feeder Tour“ geworden, zum Zulieferer von frischem Spielermaterial, für die mächtige Schwester jenseits des großen Teichs. Genau das hatten die LIV-Überläufer Sergio Garcia und Lee Westwood unlängst ihrer einstigen Heimattour vorgeworfen, auf der sie groß geworden sind und die sie groß gemacht hat. „Können wir bitte ein für alle Mal mit diesem Unsinn aufhören!“, wetterte Pelley diesbezüglich während des Flaggschiff-Turniers in Wentworth.

Was wird aus Europas erster Liga?

Aber wie steht es wirklich um die DP World Tour? Was wird im Spannungsfeld zwischen PGA Tour und LIV Golf aus Europas erster Liga? Ein eigenständiger Machtfaktor oder doch nur Kanonenfutter im Krieg der Touren? Wieviel Stärke hat Virginia Water – das englische Hauptquartier sei als Synonym gestattet –, um sich weiterhin gegen den Wind aus der Wüste zu wappnen, dessen Sog schon etliche, fast überlebenswichtige Namen erfasst hat. Geht das aus eigener Kraft, wo man vor nicht allzu langer Zeit noch am Rand der wirtschaftlichen Existenz taumelte, sich in die rettenden Arme von „Commish“ Jay Monahan und in die als strategische Allianz verbrämte Alimentierung durch die PGA Tour flüchten musste?

Gemengelage mit zahllosen Aspekten

Nein, es geht nicht. So lautet die Kurzfassung. Doch eine derart simple Antwort ist angesichts der Gemengelage viel zu einfach. Pelley und seine European Tour Group stecken in einem veritablen Dilemma mit zahlreichen oder eher zahllosen Aspekten. Die alle aufzudröseln würde den inhaltlichen Rahmen sprengen. Daher nur ein paar Gedankenansätze.

LIV Golf ist gekommen, um zu bleiben. Das Konkurrenz-Konstrukt ist dank der Geldströme aus der saudi-arabischen Staatskasse längst fest auf dem Boden der Tatsachen verankert und wird expandieren. Die DP World Tour muss ihren Mitgliedern zwingend finanzielle Perspektiven bieten – siehe die zehn USA-Tickets für Top-Platzierte im Race to Dubai –, um sie nicht ganz zu verlieren. Lieber PGA Tour als LIV Golf heißt die Devise.

Saudis 2019 mit offenen Armen empfangen

Dies ist auch vor dem Hintergrund der weitgehend ausgereizten wirtschaftlichen Wertschöpfung im überdies krisengeschüttelten Europa zu sehen. Zumal Golf auf dem Festland fürs Sportsponsoring per se keinen ausgeprägt hohen Stellenwert hat, derweil sich in den USA für die PGA Tour ständig neue Partnerschaften und mithin üppig gefüllte Geldtöpfe ergeben, überraschend genug in diesen Zeiten.

Nicht von ungefähr hat sich die damalige European Tour schon vor vielen Jahren in Richtung Nah- und Fernost erweitert, ist Partnerschaften am Persischen Golf und in Asien eingegangen. Und genau deswegen hat man 2019 das Regime aus Riad und seine Ambitionen mit offenen Armen empfangen und dessen Saudi International willig in den Tour-Kalender aufgenommen. „Wir freuen uns auf ein neues Kapitel im Rahmen unserer Strategie im Nahen Osten und haben eine exzellente Beziehung zu diesen Partnern, die für uns sehr wichtig sind“, sagte Pelley seinerzeit zum Konflikt zwischen Moneten und Moral.

Gesperrte Stars und neue Zugnummern

Jetzt aber, mit dem Aufkommen von LIV Golf, soll man dem Diktum von Monahan folgen und auf einmal alles, was nach dem neuerdings ziemlich besten „Feind“ Saudi-Arabien riecht, zum Teufel jagen und in die ewige Verdammnis schicken? Das nächste Dilemma.

Oder der Umgang mit den abtrünnigen Stars. Ohne dem Ausgang der gerichtlichen Auseinandersetzung um Sperren und Strafen vorgreifen zu wollen, die für kommenden Februar terminiert ist: Pelley kann sich gar nicht leisten, die Poulters, Garcias, Kaymers, Stensons, Caseys auf Dauer vom eigenen Spielbetrieb auszuschließen. Mit Verlaub, welche Konterfeis sollen dann künftig die Plakate von BMW International oder Porsche European Open zieren und Zuschauer an die Fairways locken? Bei allem Respekt vor Guido Migliozzi, Bob MacIntyre oder den Højgaard-Zwillingen: Ihre Zeit als publikumswirksame Zugnummern wird erst kommen.

Mit „Überbrückungsgeld“ Loyalität gesichert

In Sachen Ryder Cup sieht das schon anders aus. Veteranen wie Westwood oder Ian Poulter sind nicht wirklich ein Verlust, allenfalls Garcia als Europas historisch bester Punktelieferant wäre für 2023 vielleicht noch mal eine Bereicherung. Andererseits hat nicht nur Rory McIlroy als „Leader of the Gang“ eine notwendige Verjüngungskur für Team Europe angemahnt – selbst auf die Gefahr hin, in Rom und zwei Jahre später auf Bethpage Black erneut richtig abgefertigt zu werden.

Doch das sind derzeit vermutlich Keith Pelleys geringsten Probleme. Der Kanadier balanciert auf einem schmalen Grat zwischen dem Wohlergehen seiner Organisation und dem Schulterschlusses mit der PGA Tour, die sich mit ihrem „Überbrückungsgeld“ die europäische Loyalität gesichert hat. Denn da war ja noch Malta.

Das geheime Meeting auf Malta …

Im Juli 2021 haben sich Pelley, sein Stellvertreter Guy Kinnings, gleichzeitig Ryder-Cup-Direktor, und andere Tour-Manager in einem Hotel in La Valetta, der Hauptstadt des Mittelmeer-Inselstaats, mit hochrangigen Vertretern des LIV-Golf-Vorgängers Super League Golf (SLG) getroffen. Es ging um Austausch und um ein mögliches Zusammenwirken; jede Seite behauptet übrigens, die jeweils andere habe wegen der Gerüchte um eine von Saudi-Arabien finanzierte neue Golfliga um das „Date“ gebeten.

… und die Millionen-Verlockung

Wie auch immer: Aus durchgesteckten Informationen über die eigentlich geheime Zusammenkunft ergibt sich, dass Pelley und Co. auf Malta ein auf Jahre angelegtes Kooperationspaket im Gesamtwert von zighundert Millionen Dollar in Aussicht gestellt wurde. Darin enthalten war beispielsweise eine International Series innerhalb der Tour wie sie dann heuer auf der Asian Tour inszeniert wurde, aber auch diverse Kapitalbeteiligungen an der SLG und ihren Franchises sowie nicht zuletzt eine hoch dotierte „League Production Partnership“ – was vor dem Hintergrund interessant ist, dass LIV Golf und deren Impresario Greg Norman nach wie vor keinen TV-Partner gefunden haben und sich gerade bei Fox Sports einzukaufen versuchen.

Den Worten folgten keine Taten

Gesprochen wurde sogar über ein von Pelley zu arrangierendes Gipfeltreffen zwischen PGA-Tour-Commissioner Monahan und Yasir Al-Rumayyan, dem golfbegeisterten Chef des saudischen Staatsfond PIF, der für Kronprinz Mohamed bin Salman die geschäftlichen Strippen zieht. Doch das Ganze ging aus wie’s Hornberger Schießen, weil die Tour-Abgesandten ihrem Interesse keine Taten folgen ließen. Stattdessen gab’s in der Folge ein erstes Upgrade der Strategischen Allianz mit Ponte Vedra Beach und die zweifellos einträgliche Umfirmierung in DP World Tour.

An „eheliche Pflichten“ erinnert, Mitgift aufgestockt?

Ein Schelm, wer jetzt denkt, dass man dort über eine mögliche Klüngelei mit den Saudis gewiss „not amused“ war, Pelley womöglich an seine „ehelichen Pflichten“ erinnert und zur Versüßung derselben die Mitgift weiters aufgestockt hat. Zum Beispiel mit der Austragung von mindestens einem der aufgewerteten Turniere im Hoheitsgebiet der DP World Tour, die künftig zu den zwölf Elevated Events der PGA Tour gehört. Oder mit Erweiterungen des gemeinsamen Kalenders. Oder mit Preisgeldspritzen für die bereits co-sanktionierten Wettbewerbe. Oder mit einem erweiterten Engagement bei der Tochterfirma „European Tour Productions“.

Wes Brot ich ess, des Lied ich sing

Dennoch muss sich Pelley, dieser Makler des Machbaren, seither unangenehme Fragen gefallen lassen, ob er wirklich zum Besten seiner Tour gehandelt oder lediglich nach der Pfeife der PGA Tour und ihrer Kompromisslosigkeit getanzt habe. Er kontert das mit dem mantrahaften Hinweis, es sei beim Malta-Meeting keineswegs ein konkretes Angebot der SLG vorgelegt worden: „Das war bloß eine Marketing-Präsentation, die im Namen von Golf Saudi zusammengestellt wurde […] Die Zahlen waren eh falsch.“ Und: „Leider hat sich Golf Saudi dafür entschieden, außerhalb des bestehenden Systems zu spielen.“

Pelley hatte die Wahl, angesichts der erdrückenden Machtverhältnisse allerdings eine zwischen Skylla und Charybdis; er und die DP World Tour haben ihre Seite gewählt. Jetzt ist man auf Gedeih und Verderb darauf angewiesen, dass vom reich gedeckten Tisch der PGA Tour tatsächlich die versprochenen Brosamen abfallen. Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.

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