Zweiter Sieger: Natürlich trägt Hideki Matsuyama sein Green Jacket verdient und völlig zu recht, das will niemand schmälern. Aber mag jemand widersprechen, wenn man Will Zalatoris ein bisschen als Champion der Herzen dieses 85. Masters bezeichnet? Lachend, cool, souverän, selbstbewusst, kaltschnäuzig und mit bestechend gutem Golf spielte sich der 24-Jährige über vier Tage ins Rampenlicht und war am Ende bei Umläufen von 70, 68, 71 und 70 der Einzige im verblieben 54er-Feld, der alle Runden unter Par absolvierte. Was wunder, dass von allen Seiten das Lob auf den gebürtigen Kalifornier aus San Francisco einprasselte, der eigentlich auf der Korn Ferry Tour zuhause ist und heuer um seine PGA-Tour-Karte spielt – zuvorderst aus sehr berufenem Mund. „Sein Schwung ist wirklich richtig gut“, urteilte Bernhard Langer, der die beiden ersten Runden im Flight mit Zalatoris absolvierte: „So dünn er ist, so kräftig haut er auf den Ball, mein lieber Mann! All die jungen Burschen schlagen lange Bälle, aber er gehört ganz sicher zu den vorderen fünf bis zehn Prozent. Er wird mal ein ganz Großer.“
Körperlich groß ist Zalatoris jetzt schon; 1,88 Meter bei 75 Kilo. Er war Leistungsträger seines College-Teams von der Wake Forest Universität in North Carolina, gewann 2014 die US Junior Amateur, wechselte 2018 ins Profilager und holte sich 2020 auf der Korn Ferry Tour die Colorado Championship, wurde bei der US Open geteilter Sechster. Sein zweiter Platz nun beim ersten Masters, lediglich einen Schlag hinter Matsuyama, ist das beste Ergebnis eines Debütanten seit Dan Pohl 1982 im Play-off gegen Craig Stadler verlor. Im Gegensatz zu Pohl hat Zalatoris gleichwohl nicht vor, wieder in der Versenkung zu verschwinden. „Von dem, was hier passiert ist, habe ich 20 Jahre lange geträumt. Ich denke, dass ich einen ziemlich guten Job gemacht habe“, ließ „Will Z.“ wissen. „Wenn ich zugebe, dass mich ein so knapper zweiter Platz in meinem dritten Major doch etwas frustriert, dann sagt das was aus: Ich denke, ich muss nur so weitermachen, dann habe ich alsbald eine richtig gute Chance.“
Will Zalatoris spielte beim US Masters 2021 famos auf und beendete das Turnier auf dem zweiten Platz. Golf Post stellt den 24-Jährigen vor.
Will Z. und Happy G. haben Spaß
Fortsetzungsgeschichte: Schon der Vergleich zwischen Will Zalatoris und dem blonden Caddie im Kult-Klamauk „Happy Gilmore“ hat in den sozialen Netzwerke für jede Menge Heiterkeit gesorgt und wurden millionenfach verbreitet. Doch die Protagonisten selbst trieben den Gag noch ein paar Stufen weiter. Erst zeigte Zalatoris sein 60-Grad-Wedge mit dem eingestanzten Schriftzug: „Mr. Gilmore, ich bin Ihr Caddie“:
Dann drückte Hauptdarsteller Adam „Happy Gilmore“ Sandler dem 24-Jährigen via Twitter für die Finalrunde alle Daumen und schrieb: „Mr. Gilmore schaut zu und ist sehr stolz.“
Have fun today young man. Mr. Gilmore is watching you and very proud. pic.twitter.com/iwOEuMdR8W
— Adam Sandler (@AdamSandler) April 11, 2021
Und schließlich bewies Zalatoris erneut viel Sinn für Humor, als er nach seinem sensationellen zweiten Platz antwortete: „Sollten Sie je wieder einen Caddie benötigen, lassen Sie es mich wissen. Ich stehe jederzeit zur Verfügung, Mr. Gilmore.“ Gleichzeitig spielte er auch auf die Filmszene an, als „Happy Gilmore“ seinen Looper förmlich würgte und versprach: „Ich werde beim nächsten Mal besser sein!“
If you’re ever in need of a caddie again let me know. I’ll be better this time. I’m always available for you, Mr. Gilmore. https://t.co/R1e8awZIvh
— Will Zalatoris (@WillZalatoris) April 12, 2021
Matsuyamas Caddie verbeugt sich vor Augusta
Großartige Geste: Die Bilder von Hideki Matsuyama im Green Jacket gehen um die (Golf-)Welt, indes ebenso die Szene auf dem 18. Grün, als sein Caddie Shota Hayafuji sich die Fahne sicherte, anschließend den Flaggenstock wieder ins Loch steckte und sich mit einer Verbeugung vor dem Platz vom Masters verabschiedete.
„Es war sein erster Sieg an meiner Tasche“, erklärte Matsuyama bei der Pressekonferenz. „Ich freue mich für ihn ebenso wie ich selbst glücklich bin.“ Hayafujis Geste als Reverenz gegenüber Augusta National wurde weltweit in den sozialen Medien als besonderer Akt von Klasse, Respekt und Haltung gewürdigt; für viele ist der Moment schon jetzt das „Foto des Jahres“.
Hideki Matsuyama wird in der internationalen Presse gefeiert. Besonders wird die Bedeutung seines Sieges für sein Heimatland Japan beschrieben.
Schauffele zum Triple-Bogey: Eigentlich perfekter Schlag
Alter Sinnspruch: „Wenn das Wörtchen Wenn nicht wär‘ …“, dann hieße der neue Masters-Champion vielleicht Xander Schauffele. Oder anders: Wie wäre angesichts von sieben Birdies die Finalrunde verlaufen, wenn der 27-jährige Kalifornier auf den finalen Löchern 3 bis 5 nicht Bogey-Bogey-Doppelbogey gespielt und sich zudem diesen Komplett-Aussetzer mit dem Doppel-Par auf der 16 geleistet hätte? Wenn er im direkten Flight-Duell mit Hideki Matsuyama mehr Druck auf den Japaner ausgeübt hätte? Hätte, hätte, Fahrradkette, das sind hypothetische Rechenspiele, klar. Anschließend tröstete sich Schauffele mit der Erkenntnis: „Ich habe jedenfalls nie aufgegeben.“ Und zum Drama auf der 16: „Der erste Schlag war eigentlich perfekt. Wir hatten 168 Meter und darauf kalkuliert, dass der Wind mitspielen würde. Leider tat er das nicht.“ Das Triple-Bogey auf dem Par 3 kostete ihn ganz neben 575.000 Dollar, die Differenz zwischen alleinigem und mit Jordan Spieth geteiltem dritten Platz.
Jordan Spieth: „Mental müde und ausgelaugt“
Akku leer: Jordan Spieth hätte bei diesem 85. Masters eine Geschichte schreiben können, ähnlich wie Tiger Woods es 2019 tat: die von der Krönung eines Comebacks. Doch dem dreifachen Majorsieger aus Texas ging am Sonntag etwas der Saft aus. Zwar lieferte Spieth eine solide 70er-Runde (-2) ab und verbuchte mit dem geteilten vierten Rang die dritte Top-Fünf-Platzierung seiner Karriere, konnte sich aber von einem vermasselten Start mit drei Bogeys auf der Front Nine nicht erholen. „Ich bin müde und ausgelaugt im Kopf“, erklärte er am Abend „einige hirnrissige Entscheidungen an diesem Wochenende – das kann nur an der Dauerbelastung der vergangenen Wochen liegen.“ Dennoch: Wo‘s beim 27-Jährigen hingeht, zeigt die Statistik: Spieth traf 56 von 72 Grüns „in regulation“, der Spitzenwert des Felds. „Es gibt eine Menge Fortschritte, aber noch jede Menge zu tun“, analysierte er. „Ich wünschte, ich hätte schon wieder die vollständige Kontrolle über meinen Schwung, das hätte in dieser Woche einiges vereinfacht. Leider schlichen sich immer wieder Tendenzen des alten Fehlers ein.“
DeChambeau: Nach eigener Rechnung 25 über Par
Wer den Schaden hat …: Für Bryson DeChambeau ist auch dieses Masters nicht nach Wunsch und nach Vorstellung gelaufen. Nur ein Mal, am Freitag nämlich, spielte der „Hulk mit dem Holz“ den Platz von Augusta National gemäß eigenem Standard, hatte er doch vor dem November-Masters angesichts seiner neuen Weiten geprotzt: „Für mich ist das ein Par 67.“ Den Beweis blieb er schuldig. Und auch diesmal „reichte“ es bei Runden von 76, 67, 75, 75 mit der einen Ausnahme nicht mal zum tatsächlichen Par. Nach eigener Rechnung wäre der Texaner, der nur 55 Prozent der Fairways traf, gestern mit einem Gesamtscore von +25 abgereist. Tatsächlich waren es nach einer neuerlichen Achterbahnrunde mit zwei Doppelbogeys „nur“ 5 über, allerdings sieben Schläge schlechter als 2020.
Im „Golf Channel“ urteilte Brandel Chamblee: „Augusta National ist für ihn die Quadratur des Kreises. Er denkt linear, aber der Platz ist abstrakt.“ Und Ron Sirak von „Golf Digest“ betonte: „Du kannst Augusta National nicht deinen Willen aufzwingen.“ Es bleibt dabei: Der Masters-Kurs und seine einzigartigen Anforderungen sind für den „Mad Scientist“ weiterhin eine Rechnung mit zu vielen Unbekannten.
️⛳️ Since suggesting Augusta National was a par 67 for him, Bryson DeChambeau has shot:
70, 74, 69, 73, 76, 67, 75, 75#TheMasters pic.twitter.com/giBf7hPyCh
— Betfair (@Betfair) April 11, 2021
Der Blick geht nach vorn, zur PGA Championship
Ausblick: So, das 85. Masters ist in den Büchern und der Blick geht nach vorn. Ins Kiawah Island Resort in South Carolina, auf dessen Ocean Course vom 20. bis 23. Mai die 103. PGA Championship stattfindet – mit Collin Morikawa als Titelverteidiger. Der von Pete und Alice Dye konzipierte und 1991 eröffnete Ocean Course, so windig und „wässrig“ wie sein Name vermittelt, war bereits Schauplatz grandioser Golf-Wettkämpfe, allen voran der als „War on the Shore“ in die Geschichte eingegangene Ryder Cup 1991, den letztlich Bernhard Langer durch seinen verpassten 1,8-Meter-Par-Putt im Match mit Hale Irwin für Europa verlor. An Majors erlebte Kiawah bislang die Senior PGA Championship 2007 und die von Rory McIlroy gewonnene PGA Championship 2012.
Player verdingt sich an die Saudis
Fragwürdig: Demnächst kommt ein beklemmender Film in die virtuellen Kinos, in dem alle Vorgänge rund um die Ermordung des „Washington-Post“-Korrespondenten Jamal Khashoggi am 2. Oktober 2018 in der Istanbuler Botschaft von Saudi-Arabien ausgeleuchtet werden. „The Dissident“ ist eine Dokumentation, die klar und anklagend auf das Königshaus der Monarchie am Persischen Golf und konkret auf Kronprinz Mohammed bin Salman zeigt. Warum wir das schreiben? Weil sich jetzt auch Gary Player als Botschafter des Verbands Golf Saudi vor den Karren des saudi-arabischen „Sports Washing“ spannen lässt und brav das Lied der Saudis singt, die gesellschaftliche Missstände und diktatorische Aspekte mit hochkarätigen Sportevents und klangvollen Namen zu kaschieren suchen: „Seit langem schon bewundere ich die Vision von Golf Saudi und mehr noch die grundlegende Arbeit, um allen Bevölkerungsschichten den Zugang zum Golfsport zu ermöglichen.“
Was Player nicht sagt: Seine neue Rolle verschafft auch ihm Zugang – zu lukrativen Golfplatz-Projekten. Für jemanden, der sich gern von der Apartheid-Politik seines Heimatlands Südafrika distanziert, beweist der neunfache Majorsieger gerade kein sonderliches Fingerspitzengefühl. Aber letztlich bloß ebenso wenig wie Anfang des Jahres, als er (ebenso wie IGF-Präsidentin Annika Sörenstam) sich vom abgewählten US-Präsidenten Donald Trump noch schnell die Presidential Medal of Freedom anheften ließ.
Früh übt sich, wer ein Champion werden will
Zum Schluss: Wer sich Hideki Matsuyamas Weg vom hoffnungsvollen Asian-Amateur-Champion zum 2021er-Master-Sieger anschaut, der kommt an der Erkenntnis nicht vorbei, dass sich früh übt, wer ein Meister werden will. Da ist es nur folgerichtig, dass wie die Back Nine zum Abschluss der 85. Turnierwoche im Augusta National mit diesem Nachwuchs-Golfer beenden: