Das jeweilige Dutzend ist voll, Europas und Amerikas Teams für die 40. Ryder-Cup-Matches in Gleneagles stehen. Paul McGinley und Tom Watson, die beiden Kapitäne, haben ihre Wildcards vergeben und dabei nicht bloß erwartbare, sondern auch beinahe vergleichbare Entscheidungen getroffen. Mögliche Überraschungen blieben aus, die Teamchefs spielten auf Sicherheit.
McGinley kann man das nicht verdenken. Seine Riege hat sich via Qualifikation quasi von selbst mit Europas golferischer Crème de la Crème aufgestellt. Er schickt mit Rory McIlroy und Martin Kaymer die erfolgreichsten Spieler der Saison ins Rennen um den achten Sieg in den jüngsten zehn Kontinentalwettkämpfen. Nicht mal bei den Captain‘s Picks hatte der Ire letztlich die Qual der Wahl.
„Eine Sache des Instinkts“
Ian Poulter „müsste man bei seiner Einstellung auf Lebenszeit für den Ryder Cup setzen“, befand Martin Kaymer schon nach dessen Fünf-Punkte-Bravourstück von Medinah 2012. Der Engländer „lebt für den Ryder Cup“ (Poulter über Poulter) und ist „der Treibstoff, mit dem Team Europe läuft“, schrieb die britische Zeitung The Telegraph damals.
Der „Pick“ Stephen Gallacher liegt fast ebenso nahe. Als Lokalmatador, er wurde in Dechmont geboren, eine knappe Autostunde von Gleneagles entfernt. Vor allem jedoch, weil der 39-Jährige, dessen Onkel Bernard Gallacher von 1991 bis 1993 drei Mal Europas Kapitän war, den besten Golf-Sommer aller Aspiranten hinlegte und McGinley mit seiner Jagd auf die Direktqualifikation bei der Open d‘Italia bewiesen hat, wie er unter Druck spielen kann.
Bleibt Lee Westwood. „Beim Bridgestone Invitational und bei der PGA Championship ist Lee etwas aufgeblüht“, verwies der Kapitän auf die 63er-Schlussrunde des Engländers im Firestone Country Club und den geteilten 15. Platz von Valhalla. Westwood habe einen Tick mehr Form gezeigt als Luke Donald: „Aber solche Entscheidungen sind ohnehin eine Sache des Instinkts.“
„Ein Spieler für den Herbst“
Donalds amerikanisches Pendant als Härtefall ist Chris Kirk. Tom Watson entschied sich gegen den frischen Sieger der Deutsche Bank Championship und grundsätzlich für die Ryder-Cup- und Major-Erfahrung seiner Wildcard-Bewerber. Dabei war ihm offenbar auch egal, dass die drei Auserwählten noch nie in einem Singlematch obsiegt haben.
Besonders kurios fiel die Begründung für Webb Simpson aus, der 2012 die US Open gewann und anschließend in Medinah erstmals bei einem Kontinentalduell dabei war. „Die Erleuchtung“, erzählte der Kapitän, sei ihm erst am Morgen vor der Verkündigung gekommen. Simpson habe „so sehnlichst darauf gehofft, ins Team zu kommen“, und sei vom Biorhythmus her wohl ein Spieler für den Herbst.
„Unverbrämte Leidenschaft“
Dabei hätte sich Watson, der am heutigen 4. September seinen 65. Geburtstag feiert, angesichts des nominell geschwächten Aufgebots die eine oder andere Wildcard-Überraschung sicher leisten können. So absolviert nun Keegan Bradley, der PGA Champion von 2011, wegen seiner „unverbrämten Leidenschaft“ den zweiten Ryder Cup nach 2012. Und Barclays-Gewinner Hunter Mahan, der 2008 den US-Heimsieg in Valhalla miterlebte, 2010 indes zuerst das entscheidende Einzel gegen Graeme McDowell und dann tränenreich die Fassung verlor, fand als exzellenter Ball-Striker Berücksichtigung.
Bei der Kandidaten-Kür war viel von „Redemption“, von Wiedergutmachung für das Desaster von Medinah die Rede. Immerhin kann Watson, der den Europäern bei seiner ersten „Kapitänerie“ 1993 im englischen The Belfry die letzte Heimschlappe beibrachte, auf eine Neuauflage des kongenialen Duos Phil Mickelson/Keegan Bradley hoffen. Ansonsten muss auch er darauf bauen, dass sein Instinkt ihn nicht täuscht. Die US-Equipe bleibt der Außenseiter für Gleneagles. Das freilich macht sie umso gefährlicher.