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Panorama

Warum Golf noch schwieriger machen: Die Tee Box, die zum eigenen Spiel passt

20. Aug. 2022 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland

Die richtige Tee Box für die eigene Spielstärke. (Foto: Getty)

Die richtige Tee Box für die eigene Spielstärke. (Foto: Getty)

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Dieser Beitrag entsteht aus gegebenem Anlass: In der Ouvertüre treffen sich zwei ergraute Sportkameraden jenseits der 60, der Autor – hier nennt sich der Esel ausnahmsweise zuerst – und ein Freund aus gemeinsamer Journalistenzeit. Schauplatz ist ein idyllischer Parklandkurs in Norddeutschland, alles beginnt am ersten Abschlag, wo der Autor zielstrebig und in voller Akzeptanz seines golferischen Seniorenalters auf die blaue Teebox zusteuert. „Hey, bist Du zum Weichei geworden“, flachst der Kollege: „Wir schlagen doch wohl von Gelb ab!“

„Weil ich mit dem Driver zu kurz bin …"

Um es kurz zu machen: Kurz vor dem Ende der Runde kommt die Pointe – in Form von Loch 17, einem von Gelb 332 Meter langen Par-4. Dessen Fairway senkt sich nach gut 100 Metern leicht in Richtung eines quer verlaufenden Wasserhindernisses ab und endet nach 244 Metern. Bis zum Grün auf der Höhe hinter der nassen Barriere sind es dann noch 85 Meter. Hier nimmt der Mitspieler nach eigener Aussage immer ein Fairwayholz und legt dann mit einem kleinen Eisen bis ans Wasser vor: „Weil ich mit dem Driver zu kurz bin und es deswegen mit dem zweiten Schlag eh nie aufs Grün schaffe“. Was zu beweisen war.

Das Grün wäre „in regulation“ erreichbar

Denn von Blau sind es bloß 279 Meter Gesamtdistanz, 53 Meter weniger. Und das Fairway endet schon nach 192 Metern, was ungefähr der durchschnittlichen Schlagweite von Amateuren unseres Alters entspricht. Mit einem halbwegs ordentlichen Abschlag bliebe ein „Bergauf“-Eisenschlag von vielleicht 100 Metern. Ergo: Das Grün wäre „in regulation“ erreichbar; die Bahn ließe sich spielen, wie der Architekt sie – nicht zuletzt in punkto Shot Value – geplant und angelegt hat.

Will heißen: Wählen Sie den Abschlag, der Ihrer Schlag-Fertigkeit und vor allem Schlaglänge entspricht, der zu Ihrem Spiel passt. Machen Sie sich die Runde nicht unnötig schwieriger, länger, zeitraubender, nerviger als es die Komplexität des Spiels ohnehin mit sich bringt. Ermöglichen Sie sich Erfolgserlebnisse. Nur weil die Bälle nicht bzw. nicht mehr so weit fliegen, darf das Par keineswegs in unerreichbare Ferne rücken. Kürzere Drives sind keine Schande.

Viele Variablen ermöglichen eine flexible Gesamtdistanz

„Hard Par, Easy Bogey“ lautet das Credo eines jeden guten Architekten – Birdies und besser nicht ausgeschlossen. Golfplatz-Designer sind nur in den seltensten Fällen Sadisten; sie bauen Bahnen für unterschiedliche Anforderungen, jonglieren mit Abmessungen, Richtungswechseln, Platzelementen, optischen Täuschungen. Der gestalterische Instrumentenkasten ist reichhaltig, die Design-Klaviatur lässt sich virtuos klimpern – im Idealfall ist vom Scratcher bis zum Hacker für alle was dabei, man muss es nur richtig angehen.

Und das fängt beim Abschlag an. Gute Golfplätze bieten dem Freizeitspieler daher mehrere Tee Boxen an – gestaffelt nach Länge und damit nach Schwierigkeitsgrad des Platzes. Diese Variabilität ermöglicht eine flexible Gesamtdistanz von durchaus rund 20 Prozent Diskrepanz zwischen maximaler und minimaler Längenvariante.


Michael Blesch, der Maximier-Malocher aus Winsen (Luhe), der auf seinen Green Eagle Golf Courses gerade mit Blick auf eine Ryder-Cup-Bewerbung für 2035 den neuen West Course vorbereitet, hat dazu mal erklärt: „Die Kunst beim Entwurf eines Platzes ist, jede Bahn für jeden spielbar zu machen. Das geht am Besten über die Tee Boxen. Deswegen ist es mittlerweile einfach Pflicht, vier bis sechs versetzte Abschläge zu bauen.“

Auch der R&A gibt entsprechende Empfehlungen

Dies empfiehlt längst auch der R&A als eine der beiden gesetzgebenden Golf-Instanzen: „Auf jedem Loch sollte eine angemessene Auswahl an Abschlägen angeboten werden, damit die Spieler die Abschläge entsprechend ihren Fähigkeiten und/oder Schlagdistanzen verwenden können. (…) Das Spiel von Abschlägen, die zu den individuellen Fertigkeiten passen, verbessert nicht nur das Spieltempo, sondern erhöht zudem den Spielspaß.“

Und ist in Sachen Bälle überdies weniger verlustreich, weil man vom Tee nicht mit aller Macht das Distanz-Defizit durch schiere Gewalt zu kompensieren versucht. Parcours-Maße von über 6.000 Metern taugen allenfalls für Menschen, die 250-Meter-Granaten abfeuern können. Für den Durchschnitts-Drive von maximal 180 Metern reicht eine 18-Loch-Distanz von maximal 5.000 Metern.


Eine Faustformel zur Ermittlung des passenden Abschlags ist die durchschnittliche Länge mit dem Eisen 5. Wer die mit 36 multipliziert, findet die der eigenen Spielstärke entsprechende Platz-Distanz. Dafür braucht‘s bloß halbwegs exakte Mess-Möglichkeiten – und den Willen zur realistischen Selbsteinschätzung.


Freilich, unsereiner muss das Angebot eben auch annehmen. Aber nein – wie neulich schon geschrieben –, wir stapfen unverdrossen auf den gelben Herren-Abschlag, kraftmeiern die Murmel irgendwie aufs oder neben das Fairway und freuen uns, dass der Ball viel zu kurz ist, um schlechterdings in einem Fairway-Bunker zu landen. Wie es im Spannungsverhältnis zwischen Landezonen und Hindernissen per Design eigentlich vorgesehen ist. Sinn des Spiels nicht verstanden.

Geschlechterspezifische Konnotation der Farbe

„Gerade im Herrengolf sind wir viel zu sehr auf Gelb fixiert“, sagt David Krause, ehemaliger Präsident des European Institute of Golf Course Architects (EIGCA), der hierzulande Plätze wie Golf Valley, Golf Gleidingen, WINSTONlinks oder den Niedersachen Course im Hardenberg Golf Resort konzipiert und ebenso die oben erwähnte 17 entworfen hat. Er meint damit vor allem „Gelb“ als Symbol für vermeintliche Spielstärke, jedoch schwingt dabei die geschlechterspezifische Konnotation der Farbe natürlich immer mit. Hintere Abschläge sind für Herren, die vorderen in Rot für Frauen. Basta. Was für eine Kategorisierung aus der Klamottenkiste!

Nicht viel besser ist die etwas subtiler differenzierte Version der Farb-Firmierung: die gelben Boxen gelten gemeinhin den guten Herren, die blauen gebühren den Top-Ladies und den Bogey-Golfern, auf die roten dürften alle Golferinnen jenseits der Einstelligkeit. Und das hat jetzt nichts mit Genderdebatten oder gar Gender-Wahnsinn zu tun. Oder mit der Forderung, das gemäß moderner Diktion dann ja Abschläge gleichermaßen mit „Divers“ oder „LGBTQIA+“ auszuweisen wären.

Nummerierung der Abschläge auf Basis der daraus resultierenden Platzlänge im „The Great Northern“-Kurs auf der dänischen Insel Fünen. (Foto: Michael Basche)

Es geht schlichtweg um Sinn und Verstand: um eine Auszeichnung der Abschläge nämlich, die rein auf Zahlen und Fakten beruht – und damit in einem Abwasch das gesamte vorsintflutliche Geschlechterprinzip und überdies die damit verbundenen Barrieren vom Tisch fegt. Laut R&A „können Tees nach der Gesamtdistanz benannt werden, die sich durch ihre Nutzung ergibt. Beispielsweise als ,Tee 58‘, wenn die daraus resultierende Platzlänge rund 5.800 Meter beträgt.“ Oder man sortierte die Abschläge nach Handicap-Gruppen bzw. weist aus, welche Tee-Kategorie am ehesten das individuelle Handicap, die eigene Leistungsfähigkeit oder bloß Tagesform und Laune berücksichtigt. Klingt zudem alles viel besser als „Hallo, ein Mann auf Rot“:

Die geschlechterneutrale, auf den Platz- oder den eigenen Standard fokussierte Klassifizierung ist weltweit im Vormarsch, mal schleppend, mal mit dem Tempo innovativen Drangs. Freilich, es kursieren immer wieder Nachrichten von Vereinsaustritten männlicher Mitglieder, die sich nun nicht mehr besonders berücksichtigt fühlen. So geschehen im australischen Club 13th Beach Golf Links, wo Lachlan Clarke den Verantwortlichen übertriebene Wokeness vorwirft, das Bewusstsein für rassistische, sexistische oder soziale Diskriminierung.

 Macho-Mannsbild mit Brustgetrommel und Keule

„Eigentlich finde ich es beleidigend für Frauen, biologische Geschlechter auszulöschen, wenn es in den professionellen Bereichen des Golfsports klare Unterschiede gibt“, mault Clarke. Das klingt auf den ersten Ton fair, ist allerdings anders gemeint. Seiner Ansicht nach, so die mediale Darstellung, gehören Frauen auf den roten Abschlag, alles andere werde ihrem Geschlecht nicht gerecht. Da ist es wieder, das Macho-Mannsbild, das mit Brustgetrommel die Keule schwingt. Man kann’s halt nicht jedem recht machen.

Übrigens – um zu enden, wie diese Zeilen begonnen haben: Der Autor, wahrlich kein Champion am Schläger, verzog auf besagter 17 seinen Abschlag mit dem Driver ins rechte Semi-Rough, bugsierte den Ball von dort per kleinem Holz in Richtung Fahne und ging nach zwei Putts mit Par vom Grün. Was zu beweisen war.

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