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Profisport Herren

Vorhang auf für LIV 2.0: Dieses Jahr muss sich Normans Saudi-Liga beweisen

23. Feb. 2023 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland

Greg Norman, Kopf der LIV Golf Series. (Foto: Getty)

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So: Die Bühnen sind gewählt, die Besetzung steht, morgen hebt sich im mexikanische El Camaleon Golf Club der Vorhang zur zweiten Spielzeit im Paralleluniversum des Golfsports, das fürderhin als LIV Golf League firmiert. Die Eckdaten sind bekannt: 14 Events, zwölf Teams, 405 Millionen Dollar Preisgeld, ein paar neue Spieler – Pieters, Pereira etc. Dazu ein verletzter Martin Kaymer, ein angeblich von Heimweh geplagter Brooks Koepka und die Lautsprecherei von Greg Norman, dem Kapellmeister des Konkurrenz-Circuits, der mal wieder tönt: „LIV Golf hat dem professionellen Golfsport neuen Schwung verliehen und den Grundstein für die Zukunft des Sports gelegt. Darauf bauen wir und entwickeln mit dem Team-Format Golf für künftige Generationen.“

Reed bringt ersten Generalsponsor

Zur Kenntnis genommen. Dennoch bleiben Fragen. Und wie so oft verbergen sich die wahren Reizthemen im Beipackzettel, Risiken und Nebenwirkungen halt. Was ist der Vertrag mit „CW Television Network“ wert; mit einem Sender, der bislang eher seichte Unterhaltung produziert hat, aber wenigstens eine junge Zielgruppe adressiert und nun für LIV, das sich international bereits mit Sendern wie Servus TV arrangiert hat, den US-Markt abdecken soll, dafür nicht mal eine Rechtegebühr zahlen muss? Oder: Was bringt der neue Generalsponsor EasyPost, ein amerikanisches Logistik- und Handels-Unternehmen, das Patrick Reed eingebracht hat?

Und folgerichtig daran anschließend: Was ist mit dem Return of Investment für die Saudis und ihren Public Investment Fund PIF, nachdem Norman bereits 784 Millionen Dollar für die nach Phil Mickelsons verheerenden „Scary-Motherfuckers“-Aussagen hastig als Beta-Version gestartete Saison 2022 ausgeben durfte? Im vergangen Jahr jedenfalls gab’s, so die LIV-Anwälte in den juristischen Schriftwechseln der Kartellrechtsklage gegen die PGA Tour, „Null Erlöse“. Die PGA Tour habe die Marke LIV beschädigt und man habe Hunderte von Millionen Dollar aufbringen müssen, um dagegen zu halten, heißt es.

Tja, so ist das, wenn man die Rechnung ohne den Wirt macht, aber eine interessante Verdrehung der Tatsachen. Wie auch immer: Dieses Jahr muss sich LIV 2.0 (oder 1.1, je nach Zählweise) jedenfalls beweisen, seinen Hintermännern Prospektivität und eine pekuniäre Perspektive vermitteln.

Selbstdarstellung als Global Player und Sportswashing

Zwei Milliarden Dollar Anschubfinanzierung haben der saudische Kronprinz und De-Facto-Herrscher Mohammed bin Salman (MBS) und sein wirtschaftlicher Erfüllungsgehilfe Yasir Al-Rumayyan bekanntlich als Anschubhilfe für „Project Wedge“ spendiert – nachdem die Berater von McKinsey analysiert hatten, dass angesichts der verkrusteten Strukturen des Establishments, seiner in die Jahre gekommenen und um sich selbst kreisenden Strippenzieher sowie der generell alternden Golfergemeinde durchaus Spielraum für ein alternatives Arrangement vorhanden sei, welches die Mörder-Monarchie Riad nun zur Selbstdarstellung als Global Player am und im Golf sowie fürs Sportswashing instrumentalisiert.

Wie ein Wirtschafts-Thriller

Der Weg dahin ist facettenreich, voller Volten und überdies verpasster Chancen für PGA Tour und DP World Tour (vormals European Tour). Er reicht von den (unerwiderten) Angeboten einer Premier Golf League an die bisherigen Monopolisten bis zur Unversöhnlichkeit zwischen Norman mit seinem Rochus auf die PGA Tour und deren „Commish“ Jay Monahan. Er zieht sich mit dem Narrativ Moral versus Mammon wie eine tiefe Kluft durch die gesamte Golfszene, trennt Spieler wie System-Stimme Rory McIlroy und Überläufer Sergio Garcia, die mal Freunde waren. Er liest sich zudem in Teilen wie ein Wirtschafts-Thriller, wurde an dieser Stelle vielfach dargestellt und wird – für Hintergrund-Interessierte – beispielsweise bei den Kollegen von „Bunkered“ in trefflicher Zusammenfassung nachgezeichnet.

 

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Ziehen Pieters und Pereira mehr Fans?

Stichwort zwei Milliarden: Mit dem saftig erhöhten Saisonpreisgeld, den Organisations- und Logistikkosten für einen erweiterten Veranstaltungskalender sowie den fälligen nächsten Tranchen der Garantiegagen für Dustin Johnson und Co. dürfte Norman das Budget seiner prahlerischen und opulenten, ja protzig-dekadenten Vorstellung von „Golf. But Louder“ am Ende des Jahres ausgeschöpft haben. Zumal er ja auf den etablierten Touren noch ein bisschen Unruhe stiften weitere Spieler akquirieren will, weil er mit den bisherigen Neuzugängen für 2023 keine wirklichen Wirkungstreffer gelandet hat. Und: Wegen eines Thomas Pieters oder Mito Pereira kommt vermutlich nicht ein Fan zusätzlich ans Fairway.

Franchise-Konzept soll Return of Investment bringen

Wenn Anfang November beim Schlussakkord im Royal Greens Golf & Country Club – für MBS und Al-Rumayyan ein „Finale dahoam“ – der letzte Putt gefallen ist, machen die saudischen Finanziers Kassensturz für ihre Kampagne und prüfen das weitere Potenzial des Projekts. Ihr Wille allein entscheidet über Wohl und Wehe. Viel hängt davon ab, wie sich das Franchise-Konzept im Lauf des Jahres entwickelt: mit Teams, die sich selbst vermarkten und mittelfristig ohne PIF-Alimentierung auskommen, vielmehr durch Investoren, Sponsoren und Merchandising wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen.

Deswegen hat „D. J.“ um Aufhebung des Vertrags mit Bekleidungsausrüster Adidas gebeten, er will seine eigene Marke schaffen, mit dem Emblem seiner „4Aces“ als Logo. Deswegen haben der Australier Cameron Smith und der Südafrikaner Louis Oosthuizen Lands-Mannschaften gebildet, deswegen hat Bryson DeChambeau den Inder Anirban Lahiri zu seinen „Crushers“ geholt. Sie zielen alle auf ihre jeweiligen Heimatmärkte bzw. auf den asiatischen Subkontinent. Es ist das kleine Einmaleins des Franchise-Geschäfts.

„Full Swing“ enttarnt „Growing-the-Game“-Gewäsch

Die diesbezügliche Entwicklung wird allemal spannender als der sportliche „Wettstreit“. Auch 2023 bleibt die LIV Golf League eine Operettenliga mit letztlich leistungslosem Lohn, weil in geschlossener Gesellschaft. Jedenfalls, solange im Franchise-System noch kein offizieller Transfermarkt vorgesehen ist. Bis dahin bleibt es bei „hire and fire“.

Allein vor dieser Saison wurden sieben „Statisten“ zugunsten namhafterer Darsteller aussortiert: Wade Ormsby, Laurie Canter – der erst noch mal für Kaymer einspringen darf –, Sadom Kaewkanjana, Phachara Khongwatmai, Hennie Du Plessis, Adrian Otaegui und Turk Pettit. Sie alle wechselten die Seiten in der Hoffnung auf eine rosige Zukunft und fristen ihre Existenz nun allenfalls auf der Asian Tour. Dort hat der vergangenes Jahr bereits nach der London-Premiere gechasste einstige US-Amateurmeister Andy Ogletree immerhin gerade zum zweiten Mal gewonnen.


„Netflix“ gebührt übrigens das Verdienst, endlich und breitenwirksam das „Growing-the-Game“-Gewäsch enttarnt zu haben. In Episode fünf von „Full Swing“ gibt Dustin Johnson frank und frei zu, ihn habe gereizt, mit weniger Golf viel mehr Moneten zu machen. „Less work for more cash, so einfach ist das“, sagt der zweifache Majorsieger: „Wer das ausschlägt, bei dem stimmt irgendwas nicht.“

Kann man so sehen, ist grundsätzlich sicher auch legitim – wiewohl die „Washington Post“ nicht müde wird darauf hinzuweisen, dass die saudische Möderkohle „blutiges Geld“ sei. Schert bloß kaum jemanden: „Kann man jemals genug Geld haben?“, gibt Ian Poulter ebenfalls in „Full Swing“ als rein rhetorische Frage zum Besten. Egal, wo’s herkommt. Was zu beweisen war.

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