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PGA Tour

Vergraulte Fans, vergrätzte Partner, verdichteter Kalender: Quo vadis PGA Tour?

26. Jan. 2024 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland

(Foto: Getty)

Die Müdigkeit der Fans: Das Theater im Herren-Profigolf lässt viele den Fernseher abschalten. (Foto: Getty)

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Max Homa weiß, worum es geht. „Wir sind Entertainer“, hat der Twitterkönig des Golfsports mal gesagt, der sich gerade bei der Farmers Insurance Open in Torrey Pines um die Titelverteidigung bemüht und für seinen oftmals vergnüglichen und augenzwinkernden Zugang zum Berufsbild des Golfprofessionals bekannt ist. „Wir müssen nicht nur gute Spieler sein, sondern die Leute dabei auch gut unterhalten.“ Und er bewies geradezu prophetische Gabe, als er vergangenes Jahr konstatierte: „Ich glaube, das Frustrierende an der derzeitigen Spaltung des Golfsports ist, dass jeder eine Rolle bei der Unterhaltung der Fans spielt. Doch seit es diese Kluft [zwischen der PGA Tour und der LIV Golf League] gibt, verpassen die Fans etliche interessante Spieler, und das ist sehr schade.“

Fans sind des Theaters müde

Nun ist es nicht unbedingt die Schuld der PGA Tour, wenn LIV-Impresario Greg Norman mit dem saudi-arabischen Geld winkt, interessante Charaktere wie Bryson DeChambeau zum Überlaufen verführt und dann keinen ordentlichen TV-Partner findet, um seine Show auch entsprechend öffentlichkeitswirksam zu kommunizieren. Aber die Tour merkt sehr deutlich, was Homa angesprochen hat: Die Fans entlang der Fairways und vor allem die an den Fernsehschirmen vermissen was. Und sie sind des Theaters um die Deutungshoheit im Herren-Profigolf und des Gezänks zwischen der LIV-Liga und dem Establishment müde.


„Ich schaue nicht mehr so viel Golf wie früher.“

„Ich gucke mir die Majors an, aber das war's auch schon.“

„Die PGA Tour sagt immer, dass die besten Spieler bei ihr spielen, obwohl das gar nicht mehr stimmt.“

„Ehrlich gesagt macht es mir mehr Spaß, viele der Golfer auf YouTube zu beobachten als die PGA Tour. Mehr Persönlichkeit und Humor, viel unterhaltsamer.“

Auszug aus Leserkommentaren bei „Golfweek“


Spätestens seit sich sogar der vermeintlich wackere Jon Rahm als Wendehals erwiesen hat, drehen immer mehr Sympathisanten dem Spiel den Rücken und den Knopf an der Flimmerkiste auf Off. Der Golfsport kreist um sich selbst, als Folge gehen die TV-Raten runter. Das Portal „MyGolfSpy“ beispielsweise hat eine Umfrage via Kurznachrichtendienst X gestartet, rund 7.000 Kommentare bekommen und herausgefiltert, dass fast 50 Prozent in diesem Jahr ihren TV-Turnierkonsum reduzieren wollen.

Von der Gefahr, die Gans zu töten, die goldene Eier legt

Von ähnlichen Reaktionen und Kommentaren berichtet auch „Golfweek“. Fast alle, so schreiben die Kollegen, beziehen sich auf das Tauziehen der Touren und den entstehenden Pakt zwischen PGA Tour, saudi-arabischem Staatsfonds PIF und dem US-Investorenkonsortium Strategic Sports Group. Oder auf Rahms unrühmlichen Abgang. „Die PGA Tour und der PIF mögen glauben, dass sie um das Herz und die Seele des professionellen Herrengolfsports in der Welt kämpfen“, heißt es in der Analyse. „Aber die Botschaft der Leser scheint klar zu sein: Die ständigen Kämpfe und Beleidigungen und die Prahlerei einiger Figuren auf beiden Seiten könnten die Gans einfach töten, die goldene Eier legt.“ Im Klartext: Fans bringen Quoten, Quoten bringen Sponsoren, Sponsoren bringen Geld.

„Ein endgültiger Deal muss schnell zustande kommen“

Und das Fazit lautet: „Wie auch immer der endgültige Deal aussieht – er muss schnell zustande kommen. Die Fans machen sich keine Gedanken über die Befindlichkeiten der Spieler oder der Golf-Machthaber. Sie wollen nur, dass die besten Spieler zusammen und gegeneinander spielen.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

Eigentlich. Andererseits bedarf es einiger Klarstellungen, die zum vierten apokalyptischen Reiter führen, mit dem sich die Tour nebst Spaltung des spielenden Personals, vergrätzten Sponsoren und eben vergraulten Fans auseinanderzusetzen hat. Golf war und ist ein TV-Nischenprodukt. Trotz milliardenschwerer Fernsehverträge mit der Tour und den Majors schaffte es 2023 kein einziges Turnier in die Top 100 der US-Sportübertragungen. Das Masters war noch am nächsten dran – auf Platz 131. Und die PGA Tour hat es schon vor LIV verabsäumt, ihr Produkt unterhaltsam aufzustellen, und muss sich deswegen in unschöner Regelmäßigkeit nicht nur kritische Fragen von Sponsoren, sondern gleichermaßen aus den Chefetagen der Sendeanstalten gefallen lassen. Gelangweilte Fans sind wahrlich kein neues Phänomen.

PGA Tour hat den Weltmarkt verpennt

Und sie hat schlichtweg den Weltmarkt verpennt; hat verabsäumt, mit ihren Stars in anderen lukrativen Märkten zu fischen – von gelegentliche Sidesteps mal abgesehen, die als Ausnahmen allenfalls die konzeptlose Regel bestätigen. Die größte Liga des Golfsports war und ist ein amerikanisches Produkt, allen Untertouren zum Trotz; für Experimente in Übersee gibt es von den Wirtschaftspartnern keine Unterstützung. Dies gilt nicht zuletzt für das Heer von TV-Anstalten, mit denen die PGA Tour verbandelt ist. Auf der entsprechenden Liste ist unter „Outside USA“ lediglich JTBC Golf&Sports aus Südkorea vermerkt – was zu beweisen war.

Es ist die Bräsigkeit des Monopolisten. Das meinte Keith Pelley, als er neulich süffisant anmerkte: „Ich denke, auch die PGA Tour kommt allmählich zu der Erkenntnis, dass Globalität der Schlüssel für Wachstum ist.“ Die DP World Tour hat dies – aus der wirtschaftlichen Not geboren – deutlich früher erkannt und längst prospektiv umgesetzt. Doch bis zum Auftauchen von LIV lief’s ja auch gut mit dem fast autistischen Fokus – goutiert von den diversen Partnern, die natürlich zuvorderst am amerikanischen Markt interessiert sind.

Im Würgegriff der National Football League

Gleichwohl hat sich die PGA Tour damit – bewusst oder unbewusst – in den Würgegriff der großen US-Mannschaftssportarten begeben, zuvorderst in die Umklammerung des American Football. Gegen deren Zugkraft hat selbst noch so spektakuläres Golf keine Chance. Beispiele gefällig?

In der vergangenen Saison übertrug „CBS“ 42 Mal von der PGA Tour und erzielte eine durchschnittliche Einschaltquote von 2,2 Millionen Zuschauern. Selbst durchschnittliche NFL-Matches außerhalb der Play-off-Phase erzielen die dreifache Quote. In Woche 15 der abgelaufenen NFL-Saison hatte die Partie am Schluss des Top-Ten-Rankings der meistgesehenen Spiele immer noch 7,3 Millionen Zuschauer. Selbst der jüngste Draft der National Basketball Association (NBA), mithin nicht mal Action unterm Korb, zog durchschnittlich fast fünf Millionen Zuschauer vor die Glotze.

Kernsaison startet nach Super Bowl und endet im August

Also ist der gesamte Tour-Kalender auf wenige Monate verdichtet, um dem Spielplan der NFL aus dem Weg zu gehen und keine TV-Fans an den Eiertanz mit Helm und Schulterpolstern zu verlieren. Siehe aktuell Torrey Pines, wo bereits am Mittwoch die erste Runde gespielt wurde, um fertig zu sein, wenn am Sonntag die quotenträchtigen Finals der beiden NFL-Conferences ausgetragen werden.

Das setzt sich im Großen fort: Denn im Grund startet die Kernsaison auf der PGA Tour so richtig erst nach dem Super Bowl im Februar, spätestens mit der Players Championship im März. Und sie endet mit der Tour Championship im August, weil im September die neue NFL-Spielzeit beginnt.

McIlroy will Major-Termine entzerren

Zwischendrin ist qualvolle Enge. Und jeden Monat ein Major. Das sind zwar die Turniere mit der größten Bedeutung, aber nicht nur Rory McIlroy fürchtet, „dass sich die Fans nur von der zweiten Aprilwoche bis zur dritten Juliwoche für Golf interessieren, wenn die Majors so dicht beieinander liegen“. Diese Krusten gehören aufgebrochen. Der Nordire, der seit seinem Ausscheiden aus dem Policy Board der PGA Tour wie befreit wirkt und sich als eine Art Vordenker für die Zukunft des Herren-Profigolf geriert, plädiert für eine Entzerrung und nimmt Tennis als Blaupause: „Mit den Australian Open im Januar und den US Open im September gibt es ein schönes Neun-Monats-Fenster der Relevanz.“

Komfortabler Spielplan für Top-Personal der PGA Tour

Wenn man dem folgt, könnte die PGA Championship wieder in den August oder sogar in den September verlegt werden, was PGA Tour und DP World Tour ermöglichen würde, die Spielzeit für ihr Top-Personal auf komfortable zehn Monate zu strecken. Genug Spielraum, um eine Global Tour zu implementieren und sogar die LIV Golf League und ihr Teamformat als Sonderserie zu implementieren. Davon als bald mehr. Zum Abschluss nur noch die Anmerkung, dass es interessant und irgendwie aufschlussreich ist, wenn Mastermind McIlroy solche Gedanken und Ideen ausgerechnet in einem Fußball-Podcast („Stick to Football“) darlegt und mit ehemaligen Kicker-Größen diskutiert.

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