Er ist wieder da. Ok, die „Rote Welle“ bleibt in den USA wohl aus, die Republikaner feiern bei den Midterms keinen Erdrutsch-Erfolg. Doch das Repräsentantenhaus dürfte der „Grand Old Party“ nach diesen Zwischenwahlen in einem tief gespaltenen Amerika sicher sein. Und allen Prognosen sowie vielen Trends zufolge scheinen die Demokraten auch den Senat zu verlieren, den sie wegen des Patt von 50:50 Sitzen eh nur dank der Sonderstimme von Vize-Präsidentin Kamala Harris dominieren – trotz eines Kopf-an-Kopf-Rennens nach den ersten Stimmenauszählungen. Das ebnet einem Mann den Weg, der lediglich den Wahlsieg seiner Gefolgsleute abwarten will, um im Anschluss eine „sehr große Mitteilung“ zu machen: Donald Trump.
Das FBI klopft selten im Oval Office an
Was der 76-Jährige am kommenden Dienstag verkünden möchte, dürfte jedem klar sein: „The Donald“ würde nur allzu gern von Mar-a-Lago in Florida wieder ins Weiße Haus nach Washington umziehen und seinen Nachfolger Joe Biden als dann 47. Präsident der Vereinigten Staaten beerben. Für den Machtmenschen Trump ist das Oval Office ein ihm allein gebührendes Habitat; außerdem klopft dort das FBI seltener an die Tür. Vom sonstigen juristischen Ungemach gar nicht zu reden, über die ein „Commander in Chief“ nach Trumps Verständnis nun mal erhaben sein sollte. Und wenn genügend Trumpisten und Wahlleugner an den Schlüsselstellen vor allem der Swing States unter den Bundesstaaten sitzen, ist sowieso wurscht, was die US-Bürger 2024 an der Urne entscheiden.
Warnung an Rivalen um eine Kandidatur
Den rechten Florida-Gouverneur Ron DeSantis, der nach seiner Wiederwahl im Sunshine State mit einer Präsidentschaftskandidatur liebäugelt, hat „Agent Orange“ daher im Haussender Fox schon mal gewarnt: „Wenn er antritt, könnte das für ihn sehr schmerzhaft werden. Ich könnte Dinge über ihn erzählen, die nicht besonders schmeichelhaft sind.“
Was zu beweisen war: Rivalen aus den eigenen republikanischen Reihen sind derzeit die größten Hürden für ein präsidiales Comeback. Indes ebenso der aufkeimende parteiinterne Unmut. Weil die Zwischenwahlen gezeigt haben, dass die Lügen und der Extremismus des Brandstifters und der von ihm protegierten Polit-Mischpoke nur noch bedingt fruchten.
Dank LIV ist Trump wieder wer im Golf
Beim großen Spiel mit dem kleinen Ball hingegen hat Trump die Renaissance längst wieder geschafft. Dank der LIV Golf Invitational Series. Impresario Greg Norman und seine saudi-arabischen Finanziers gewährten dem Schummel-Golfer mit dem stattlichen Platz-Portfolio zwei Mal in diesem Jahr die Möglichkeit zur Selbstinszenierung auf sportlichem Parkett: beim Juni-Gastspiel in Bedminster/New Jersey und beim Saison-Finale auf dem „Blue Monster“ Doral in Miami.
„Da finden sich ja die Richtigen“
Plötzlich war Trump wieder wer im Golf, nachdem die PGA Tour, der R&A und die PGA of America seine Plätze aussortiert und den toxischen Typen Trump zur golferischen Persona non grata erklärt hatten, der mit dem Auslaufen seiner ersten Amtszeit ein ungeheures politisches wie gesellschaftliches Schlachtfeld hinterlassen hat. „Sorry to say, da finden sich ja die Richtigen“, hieß es an dieser Stelle und von diesem Autor anlässlich des Bedminster-Beisammenseins: „Ein Hassprediger und Aufwiegler der eine, treibende Kraft des Kapitol-Verbrechens im Januar 2021; Handlanger und Erfüllungsgehilfe einer Mördermonarchie der andere.“ Dieser Eindruck hat sich allenfalls verfestigt.
Golf als Instrument der Geo-Politik
Trump und Norman sind Krawallbrüder im Geiste, und im Hintergrund ziehen die Saudis die Strippen. Namentlich Yasir Al-Rumayyan, unter anderem Chef des Public Investment Fonds PIF und „Wirtschaftsweiser“ von Kronprinz Mohammed bin Salman, dem starken Mann des Hauses Saud. Der wiederum schaut mit scheelem Blick auf die blühenden Landschaften und das daraus resultierende Prestige von Dubai und Abu Dhabi.
Es geht schlichtweg um die Vormachtstellung in der Region, überdies um eine Rolle als Global Player jenseits des irgendwann womöglich irrelevanten Machtfaktors Öl. Das ist schiere Geo-Politik mit Abschlägen, Fairways und Grüns als Kulisse. Oder anders: Nie war Golf politischer überfrachtet als in diesen disruptiven Zeiten. Nochmals: Sorry to say.
Loblieder auf LIV und die Saudis
Donald Trump ist ein Mittel zum Zweck. Seine Golfanlagen – zumal von hoher Qualität, so viel Fairness muss sein – bieten die passende Bühne, wo dem Konkurrenz-Circuit der Zutritt zu tourtreuen Spielstätten verwehrt wird. Dass die Front des Establishments gegen den „Möchtegern- Autokraten“ („Die Zeit“) bröckelt, zeigt sich am Seitenwechsel von Valderrama. Oder an den Gerüchten um ein Turnier der DP World Tour auf Trumps Linksplatz im schottischen Aberdeen. Sowieso scheint Trump im Golf-Business allmählich wieder „gesellschaftsfähig“ zu sein …
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Sei’s drum: Der so ins Licht gerückte Hausherr darf jedenfalls Hof halten sowie politische Botschaften gegen die (noch) regierenden Demokraten los werden („Sie machen geraden keinen besonders guten Job, oder!“) und weiß sich im Gegenzug artig zu bedanken. „LIV ist eine großartige Sache für Saudi-Arabien, für das Image von Saudi-Arabien. Ich denke, dass es von diesem Standpunkt aus eine unglaubliche Investition sein wird. Es ist eine großartige Zeit mit verdammt viel Geld“, posaunte er nach dem Pro-Am in Bedminster. „Wegen all dieses Gelds wird LIV noch mehr Stars bekommen. Du musst Stars haben, um im Sport erfolgreich zu sein.“ Was man halt so sagt, wenn man sich als Liebediener verkauft hat.
Drittes Event für einen der Trump-Plätze
Denn ein paar Millionen des „grenzenlosen Gelds“ fallen immerhin als Platzmieten gleichermaßen für seine Organisation ab; sehr willkommen angesichts der konstanten Verluste, die Trump mit seinen Resorts in Europa, Aberdeen, Turnberry und Doonbeg, oder etwa mit Doral schreibt. Da kommt erst recht gelegen, dass die LIV-Liga 2023 mit einem ihrer 14 Events zusätzlich im Trump International Washington Station machen will.
Folgerichtig singt der Gastgeber das LIV-Lied, indem er PGA-Tour-Mitglieder zum Wechsel auffordert („Ihr solltet das Geld nehmen, solange es Euch angeboten wird“) oder das Golf-Establishment kritisiert und damit bereitwillig dem Sound der Saudis folgt. „Man hätte sie mit offenen Armen empfangen müssen, statt sie zu bekämpfen.“ Und: „Diese Leute kann man nicht besiegen. Diese Leute haben einen großartigen Spirit, sie sind phänomenale Menschen und sie haben Geld ohne Ende – ohne Ende.“ Alles kein Wunder, tanzte Trump doch bereits als US-Präsident – im Wortsinn – nach der Pfeife des Regimes in Riad:
And here is President Trump dancing in Saudi Arabia. pic.twitter.com/6KkCmwoVvN
— David Mack (@davidmackau) May 20, 2017
Seine Sippe hängt ohnehin finanziell am Tropf der Saudis, seit Jared Kushner, der Ehemann von Trumps ältester Tochter Ivanka, mit einem Darlehen über zwei Milliarden Dollar weiter seinen Ambitionen als Investor nachgehen darf. Auf Geheiß des Kronprinzen Mohammed bin Salman persönlich übrigens, der die Bedenken des PIF-Vorstands offenbar überstimmte, wie die „New York Times“ (NYT) seinerzeit berichtete.
Während der Präsidentschaft seines Schwiegervaters wiederum war Kushner laut „NYT“ als Angehöriger der Trump-Administration massgeblich daran beteiligt, die Ermittlungen der CIA unter den Tisch zu kehren, die Bin Salman als letztlichen Auftraggeber des Mords am „Washington Post“-Korrespondenten Jamal Khashoggi ausgemacht hatte. Ein Schelm, wer da Zusammenhänge wittert.
Trump may have taken nuke secrets to Mar a Lago. The Saudis are openly thirsty for US nuke secrets. Saudis "invested" $2b in Kushner. Saudis and Trump are suddenly in bed together in #LIVgolf. Probably just a coincidence, right?
— Rick Reilly (@ReillyRick) August 12, 2022
Überhaupt ist man im Trump-Clan bei der Auswahl der Geschäftspartner wenig wählerisch. Es halten sich nämlich hartnäckig allerlei Gerüchte, dass die Europa-Engagements der Trump’schen Golf-Holding samt und sonders mit Bargeld aus russischen Quellen bezahlt worden sein sollen. Mit Mitteln aus kremlnahen Oligarchenkreisen, besser bekannt als „Putins Portemonnaie“.
„Ein paar Typen, die Golf wirklich lieben“
Das jedenfalls hat Eric Trump 2014 dem US-Journalisten James Dodson erzählt: „Wir bekommen alle Mittel, die wir brauchen, aus Russland.“ Von „ein paar Typen, die Golf wirklich, wirklich lieben und an unseren Programmen interessiert sind. Wir gehen die ganze Zeit dorthin“. Mittlerweile bestreitet der Trump-Junior die Aussage, während andernorts offen über Geldwäsche in großem Stil spekuliert wird.
Die Schurken und der schöne Schein
Wenn also Trump als US-Präsident mit dem Saudi-Kronprinzen Shakehands zelebrierte und dabei eigentlich um seine beliebten „Big Deals“ schacherte oder mit Russlands Außenminister Sergej Lawrow und dessen Kleptokraten-Entourage in lustig-trauter Runde zusammen stand, bevor die Herren irgendwann im Hinterzimmer verschwanden, dann zeigte sich daran einmal mehr, dass fernab von öffentlich sorgsam gepflegten Feinbildern nie um Couleur und Kontroverse, sondern meist um kapitalistischen Konsens und um Kohle verhandelt wird. Und Golf hängt in diesen disruptiven Zeiten mitten drin im Poker um Macht und Moneten. Das Spiel wird missbraucht: von Schurken(-staaten) zum schönen Schein.