Auf das Wochenende am Gardasee hatte sich Doktor Norbert Dehoust und seine Frau Brigitte schon lange gefreut. „Es war das einzige Wochenende wo ich mit meiner Frau mal Urlaub hatte und wir sind nach Italien runter gefahren, um dort Wein einzukaufen. Wir sind gerade am Abend aus dem Auto gestiegen, da klingelt mein Telefon.“
Als Arzt erwartet man natürlich, dass das Telefon auch zu unpassenden Stunden mal klingeln kann, auch wenn man gerade am Gardasee angekommen ist. Was aber eher ungewöhnlich ist, ist dass der Patient der anruft sich einige tausend Kilometer entfernt befindet.
Ein Anruf führt zum Charles Schwab Cup
„Es war Bernhard Langer und er sagte: 'Norbert ich kann nicht mehr gehen, mein Knie ist so entzündet, ich kann damit nicht Golf spielen.` Da habe ich dann eigentlich mehr im Spaß gesagt, dort beim aussteigen aus dem Auto, denn ich hatte ja gerade die lange Fahrt aus München hinter mir, 'ja, was ist, soll ich es mir anschauen?' Da hat er dann gesagt, 'ja, wenn Du das tun könntest, das wäre super'.“
Und genau das tat er. Er sagte seiner Frau, sie solle wieder einsteigen und sie fuhren nach München zurück. Auf der Fahrt wurde der Flug gebucht und über Boston ging es nach Virginia, wo das zweite Playoff-Turnier des Charles Schwab Cup stattfand. „Dort haben wir dann zwei Tage lang sehr intensiv die Problemkonstellation behandelt und er konnte dann spielen und letzten Endes den Charles Schwab Cup gewinnen.“
Die paar tausend Kilometer nimmt der Arzt, der seine Praxis in Herrsching am Ammersee hat, gerne auf sich. Schließlich ist sein Verhältnis mit dem zweimaligen Masters-Gewinner viel mehr als das übliche Arzt-Patienten-Verhältnis.
Ein Pro-Am am Beginn der Freundschaft
Angefangen hat alles 2006 bei einem Pro-Am Turnier, zu dem Dehoust eingeladen wurde, nachdem er einige BMW Manager behandelt hatte. „Schon während der Runde haben wir uns unterhalten und er erzählte mir von seinen Rückenproblemen, die er schon seit Jahren hatte und wir haben dann gleich in der Umkleide angefangen, daran zu arbeiten.“
Als es Langer bei der BMW International Open in Eichenried ein Jahr später so schlecht ging, dass er nach einer 76er Runde aufgeben wollte, erinnerte er sich an Dehoust und fuhr noch am Abend zu ihm. „Meine Praxis war zu dem Zeitpunkt zwar voll, aber ich fragte, ob ich den Notfall vorziehen durfte. Die anderen Patienten hatten kein Problem damit und so konnte ich Bernhard behandeln.“ Die Behandlung war anscheinend so wirksam, dass er am nächsten Tag eine 66 spielte und am Ende hinter Niclas Fasth Zweiter wurde.“
Seitdem arbeiten die zwei miteinander und inzwischen verbindet sie eine Freundschaft. „Wir sehen uns ein paar Mal im Jahr, mal treffen wir uns in Deutschland, mal bin ich in Amerika.“ Und bei diesen Treffen dreht es sich nicht nur um Bernhards Gesundheit. Mit einem vierer Handicap kann Dehoust auch selber ganz gut mit Eisen und Holz umgehen.
„Zu meinem 50. hat mir Bernhard eine Runde im Augusta National geschenkt. Martin Kaymer kam dann auch noch dazu und wir haben dann einen deutschen Flight zu Dritt gespielt. In einem Interview sagte Martin dann, dass ich ganz gut gespielt hätte, das habe ich natürlich sehr gerne gehört.“
Musiker sind die sensibleren Patienten
Aber es sind nicht nur Sportler, die sich bei dem sympathischen Arzt in Behandlung begeben. Obwohl sein Arbeitspensum sehr viel mehr als eine 'normale' 40-Stunden-Woche beträgt - unter der Woche ist er in seiner Praxis tätig, fast jedes zweite Wochenende übt er Lehrtätigkeiten aus und fliegt auch noch um die Welt (er unterrichtet auch in China) - betreut er das Symphonieorchester des Bayrischen Rundfunks. „Die haben zweimal im Jahr Tour Events, sind einmal nach Amerika geflogen und einmal nach Asien und das kostet mich halt viel Zeit."
„Die Streicher haben viele Probleme. Man kann sich das ja vorstellen, sie haben immer die a-typische Haltung. Auch die Bläser haben manchmal Probleme. So ein Orchester zu betreuen auf einer Tour ist auch eine fleißige Sache, man hat 136 Orchestermitglieder die dann auf der Asientour unterwegs sind und da ist dann immer irgendetwas. Das sind alles Hochleistungskünstler, die natürlich bei jeder kleinen Veränderung beeinflusst sind. Das Orchester ist Nummer vier in der Welt, das sind also wirklich hochklassige Leute. Ich gehe dann auf die Tourneen mit, das sind 10 bis 14 Tage.“
Auf die Frage wer denn die einfacheren Patienten sind, lacht er nur. „Eigentlich kann man sagen die Golfer, weil die Musiker sehr feinfühlige Menschen sind. Sie sind in-sich-hinein-hörende Menschen. Da gibt es natürlich auch unterschiedliche Charaktere, aber im Durchschnitt kann man sagen, dass ist die sensiblere Gruppe.“