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McIlroys Masters: Was der Champion im Green Jacket darf – vor allem, was nicht

16. Apr. 2025 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland

(Foto: Instagram.com/dpworldtour)

Leihgabe: Ein Jahr lang darf Rory McIlroy das Green Jacket bei (fast) all dem Buhei tragen, das um den Masters-Champion gemacht wird. Dann muss der feine Zwirn zurück in den Champions Locker und darf nur noch auf dem Gelände des Augusta National Golf Club getragen werden. (Foto: Instagram.com/dpworldtour)

Es ist wohl nicht vermessen zu behaupten, dass seit Tiger Woods 2019 kein solches Aufhebens mehr um das erste Major des Jahres gemacht wurde wie bei Rory McIlroys Masters. Die TV-Quoten des anfänglichen Duells mit Bryson DeChambeau und des Showdowns samt Playoff mit Justin Rose kletterten in schwindelerregende Höhen. In der Spitze saßen 19,5 Millionen Fans beim Finale vor den Fernsehern, im Durchschnitt 12,7 Millionen – eine Steigerung von 33 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Bei Sky Sports in Großbritannien war es gar der zuschauerstärkste Sporttag aller Zeiten.

„Ich muss los, mein Green Jacket abholen“

Was wurde nicht alles erzählt, seit der 35-Jährige am späten Sonntagnachmittag auf dem 73. Loch den erlösenden Putt stopfte, die Nemesis Augusta National besiegte, nach elf Jahren endlich wieder ein Major gewann und damit den Karriere-Grand-Slam perfekt machte. Zu Recht. Der Affe muss ein gigantischer Gorilla gewesen sein, den McIlroy in diesem historischen Moment von der Schulter schubste. Was ihm deutlich anzusehen war und wohl niemanden kalt ließ. „Ich muss los, mein Green Jacket abholen“, schluchzte er zwischen all den Gratulationen und Umarmungen auf dem Weg ins Scorer Office.

Später stand er da, im begehrtesten und prestigeträchtigsten Kleidungsstück des Sports, in das ihm Vorgänger Scottie Scheffler an diesem 13. April 2025 zwei Mal geholfen hat: in der Butler Cabin und dann auf dem 18. Grün, wo McIlroy kurze Zeit zuvor noch von Weinkrämpfen geschüttelt in die Knie gegangen war. „Ich hoffe, dass ich hier nächstes Jahr an Scotties Stelle stehe, um es mir selbst umhängen zu müssen“, flachste McIlroy. Und, nach dem Besuch des Champion Locker in Augustas ikonischem Clubhaus, wo einer der Spinde jetzt auch sein Namensschild trägt: „Hier gehe ich nie mehr weg. Sie müssen mich irgendwann rauszerren oder auf der Bahre raustragen.“

 

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Ohne Emblem, Sieg und Nimbus bloß ein 250-Dollar-Sakko

Zu all der Fama, die sich seither um die Fakten dieses 89. Masters rankt, könnte wunderbar passen, dass sich mit Golfer und Green Jacket selbst von der Herkunft gefunden hat, was zusammenpasst. Der Stoff für den feinen Zwirn, der ohne Masters-Emblem, Sieg und Nimbus bloß eine 250 Dollar teure, maßkonfektionierte Joppe aus australischer Wolle und Polyester ist, kommt immerhin aus Dublin. Doch damit ist nicht die irische Hauptstadt gemeint, und McIlroy ist bekanntlich Nordire aus Holywood bei Belfast. Aber wenigstens passt es als Überleitung für ein bisschen Warenkunde.

Also: Der Stoff fürs Green Jacket stammt aus der Wollspinnerei Victor Forstmann Inc. in Dublin/Georgia, die zwar seit 2007 geschlossen ist, indes zum Schluss noch eine 500-Meter-Rolle des in der Farbe Pantone 242 aka „Masters-Grün“ eingefärbten Stoffs produziert hat. Der wiederum reicht der Schneiderei noch für 200 Exemplare: Bei Hamilton Tailoring in Cincinnati werden seit 1967 rund 90 Prozent der Green Jackets zusammengenäht.


Die Entstehung der Green-Jacket-Tradition ist ein Gemeinschaftswerk der Augusta-National- und Masters-Begründer Bobby Jones und Clifford Roberts. Jones hatte sich von den in britischen Clubs üblichen Clubjacketts inspirieren lassen; Roberts griff die Idee auf, um die Mitglieder während des Masters wegen der damit verbundenen preislichen Privilegien für das Servicepersonal sowie als Ansprechpartner und Informationsgeben für die Patrons kenntlich zu machen.

Die ersten Green Jackets ab 1937 bestanden aus schwerer britischer Wolle, hatten einen dunkleren Grünton, wurden von der Brooks Uniform Company in New York gefertigt und eher Green Coats genannt. Später wechselte man auf das leichtere und weichere Tuch aus australischer Wolle.


Zweieinhalb Meter Stoff pro Jackett

Um die Fertigung des feinen Zwirns aus etwa zweieinhalb Metern Stoff wird ebenso ein Geheimnis gemacht wie um so vieles im Augusta National Golf Club – Diskretion und Intransparenz sind nun mal ein Teil des Mythos und werden entsprechend penibel gepflegt. „Man möchte alles unter der Decke halten und erwartet auch von uns, dass wir nicht sonderlich redselig sind“, hat der 2021 verstorbene Schneiderei-Chef Ed Heimann mal der Zeitung „Cincinnati Enquirer“ erzählt.

72 Warenzeichen- und Namensrechte, auf fürs Green Jacket

Bekannt ist noch, dass die goldenen Knöpfe mit dem Logo von Waterbury in Cheshire/Connecticut hergestellt werden und dass die Aufnäher auf der Brusttasche bei der A&B Emblem Co. in Weaverville/North Carolina gestickt werden. Übrigens: Der Club hat über seine Vorschaltgesellschaft Augusta National Inc. (ANI) insgesamt 72 Warenzeichen- und Namensrechte angemeldet, so viele halten ansonsten eher ganze Sportligen mit zig Clubs.


Als erster Masters-Champion wurde Sam Snead 1949 mit dem Green Jacket bedacht. Die vorherigen zehn Sieger, beginnend mit Horton Smith (1934), bekamen ihre Tuchware nachträglich. Smiths Green Jacket wurde 2013 versteigert – für  682.229,45 Dollar. Es gab noch drei weitere Jacketts, die auktioniert werden sollten, unter anderem eins des zweifachen Siegers Byron Nelson. Doch in diesen Fällen intervenierte der Augusta National Golf Club erfolgreich: Ein Green Jacket wurde direkt und freiwillig zurückgegeben – die beiden anderen im Rahmen einer außergerichtlichen Einigung, nachdem der Club das Auktionshaus mit diversen Klagen überzogen hatte. Vielsagend ist diese Zeile in einer der Klageschriften: „Das grüne Jackett eines Champions ist Eigentum der ANI, wobei ein
Champion das Besitzrecht hat, wenn er sich auf dem Gelände der ANI befindet.“


Die Palette reicht von Gedenkmünzen für die 2014 von einem Eissturm zerfledderte und später gefällte Eisenhower-Kiefer bis zum berühmten Slogan „A tradition unlike any other“. Selbst das Rezept fürs Pimento-Cheese-Sandwich wollten die Granden in Grün für sich reservieren lassen, das wurde aber aufgegeben. Dafür sind der Begriff „Green Jacket“ und selbst die Farbtöne von Stoff und Knöpfen seit 2020 geschützt.

Nur eine Leihgabe, physisches Eigentum des Clubs

Sind wenig Details über die Machart des Sakkos bekannt, so wird der jeweilige Empfänger sehr penibel über das unterrichtet, was er mit dem „Green Jacket“ machen darf – und vor allem, was nicht. Wie alle Masters-Teilnehmer hat auch Rory McIlroy bei der Turniereinschreibung seine Konfektionsgröße angeben müssen, damit bei den Ehrungen ein halbwegs passendes Jackett aus dem Fundus geholt werden kann. Jordan Spieth freilich hatte das 2015 vergessen, und bekam von Bubba Watson eine Art Zelt umgehängt. Bis heute weigert sich der dreifache Majorsieger dennoch, den Service des Clubs anzunehmen und sich ein individuelles Green Jacket anpassen zu lassen.


Wiedersehen macht Freude: Der jeweilige Champion muss das Green Jacket beim nächstjährigen Masters mitbringen und in seinem Spind im Champions Locker deponieren. Das Sakko darf fortan nur auf dem Clubgelände und an den Masters-Tagen sowie bei Veranstaltungen des Augusta National Golf Club getragen werden.
Es gibt nur zwei Ausnahmen: Der 1970er-Gewinner Billy Casper wurde 2015 in seinem Green Jacket beerdigt. Und Gary Player nahm das Green Jacket nach dem ersten seiner drei Erfolge 1961 mit nach Südafrika, brachte es jedoch nicht wieder zurück. Das wurde stillschweigend akzeptiert, aber „The Black Knight“ musste sich verpflichten, das Green Jacket niemals öffentlich zu zeigen.


Es gibt in Augusta National jede Menge Regularien, die alljährlich im Vorfeld des Masters gern von den Medien durchgekaut und wiedergekäut werden. Für das Green Jacket gilt zuvorderst: Es ist nur eine Leihgabe und physisches Eigentum des Clubs. Der jeweilige Sieger darf sich über den ideellen und emotionalen Besitz freuen und das Stöffchen ein Jahr lang bei all dem Buhei tragen, das um den amtierenden Masters-Sieger gemacht wird. Na ja, bei fast allem. Immerhin repräsentiert der Champion den Augusta National Golf Club und dessen prestigeträchtiges Turnier. Und an der Magnolia Lane ist man sehr auf den Ruf und das Prestige bedacht: Kurz: „Adel“ verpflichtet. Dem enstprechenden Dresscode muss sich jeder Gewinner schriftlich verpflichten.

 

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Saufgelage im Masters-Sakko? No-go!

Jeder öffentliche Einsatz und Auftritt im Green Jacket muss beim Club angemeldet und von diesem genehmigt werden. Als unschicklich wird angesehen, das Sakko mit Jeans – wie Zach Johnson 2007 –, mit Bermudas oder gar mit Shorts zu kombinieren oder im Zusammenhang mit Werbung für andere als Augustas Zwecke zu benutzen. Auch private Zweckentfremdung gilt als unangemessen: Bubba Watson beispielsweise soll sein Söhnchen Caleb mal ins Green Jacket eingewickelt haben – geht gar nicht.

Erst recht verboten ist, sich im Green Jacket beim Alkoholgenuss fotografieren zu lassen. Damit fallen öffentlich gemachte Saufgelage Siegerpartys aus, die beispielsweise mit der Claret Jug oder dem US-Open-Pokal samt entsprechendem hochprozentigem Inhalt gern gepostet werden. Rory McIlroy soll nach seinem Open-Triumph von Royal Liverpool 2014 Jägermeister aus der Silberkanne ausgeschenkt haben. Er hat die Teilnahme am Elevated Event RBC Heritage auf Hilton Head Island dieses Woche übrigens gecancelt – wenig verwunderlich. Was „Rors“ nun in den nächsten Tagen daheim in Holywood veranstaltet, wenn er die Erlösung mit Eltern und Freunden feiert, sollte Augusta National dann wohl besser nicht aus der Zeitung oder aus den sozialen Medien erfahren.


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