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Masters

Augustas neu erblühte „Azalea“: Spaßbremse, Game Changer oder mehr Drama?

05. Apr. 2023 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland

Zum US Masters 2023 wurde die 13 des Augusta National Golf Club verlängert. (Foto: Getty)

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Eine Menge bedeutsamer Fragen stellen sich vor diesem 87. Masters: Schafft Scottie Scheffler als vierter Spieler der Golfgeschichte die Titelverteidigung, holt sich Rory McIlroy endlich das ersehnte Green Jacket, wo landet der entspannt wirkende Tiger Woods, wie schlagen sich die LIV’ler aus der Diaspora des Golfsports? Doch bei keinem anderen Major ist alljährlich der Platz ebenso ein, wenn nicht der Star des Turniers. Das liegt an der Vorgeschichte und am Nimbus des Augusta National Golf Club, die allenfalls vom Legendenstatus des Old Course übertroffen werden.

Nachlassverwalter eines kongenialen Duos

Und wie der R&A, so wachen auch die Granden in Grün über das ihnen anvertraute Meisterwerk, sie sind die Nachlassverwalter des kongenialen Duos, das Augusta National Anfang der 1930er-Jahre geschaffen hat: Mitbegründer Bobby Jones und Architektur-Genius Alister MacKenzie, dazu Jones-Sozius Clifford Roberts. Was keineswegs heißt, dass am Erbstück nicht herumgebastelt wird.

In Sachen Transparenz wie Obsidian

Doch während so was beim Old Course regelmäßig die Gemeinde der Golfpuristen kollabieren lässt und zu veritablen Shitstorms führt, schraubt der Augusta National Golf Club (ANGC) deutlich dezenter am Geläuf. Nicht zuletzt, weil dort ohnehin Golf in geschlossener Gesellschaft gespielt wird, der nun mal private und niemandem zur Rechenschaft verpflichtete Club zudem in Sachen Transparenz eher schwarzgläsern wie Obsidian ist. Und wäre da nicht David Dobbins, würde die Öffentlichkeit hinsichtlich irgendwelcher Veränderungen oder Umbauten jedes Jahr mit Beginn der Masters-Woche vor vollendete Tatsachen gestellt.

Die Enthüllungen von „Eureka Earth“

Dobbins betreibt am nahegelegenen Landeplatz Daniel Field eine Flugschule, hat ein Faible für Luftaufnahmen, kreist regelmäßig über dem Platz und veröffentlicht die Fotos dann auf seinem Portal „Eureka Earth“. Ihm sind jede Menge Ansichten von sommerlichen Arbeiten oder Übersaat-Maßnahmen zu verdanken, die der Club gern im Verborgenen durchgezogen hatte, um das Bild von wundersamer Makellosigkeit und Perfektion aufrechtzuerhalten. Dobbins macht dem regelmäßig einen Strich durch die Rechnung. Er dokumentierte bereits die rückwärtige Verlängerung der Bahn 15. Oder die Modifikationen beim Fairway der 11. Vermutlich würde der ANGC den Landeplatz oder Dobbins’ Firma liebend gern aufkaufen – wie so vieles andere in der Umgebung –, um derlei künftig zu verhindern.

27 Millionen Dollar für 8.000 Quadratmeter

Stattdessen blätterten sie 2017 dem Augusta Country Club (ACC) kolportierte 27 Millionen Dollar auf den Tisch, um sich 8.000 Quadratmeter von dessen Areal an der Südgrenze einzuverleiben. Der ACC wiederum musste dafür seine Löcher 8 und 9 verlegen und neu bauen. Die Parzelle liegt hinter zwei sehr besonderen Bahnen von Augusta National: der Par-drei-12 namens „Golden Bell“ und der nicht minder ikonischen Par-fünf-13, besser bekannt als „Azalea“.

 

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2002 „Tiger-Proofing“ auf 466 Meter

Im Juli 2022 veröffentlichte David Dobbins Impressionen von massiven Erdarbeiten im Rücken von „Golden Bell“ und „Azalea“. Schnell wurde klar, dass Realität geworden war, was der ANGC-Vorsitzende Fred Ridley in den Jahren zuvor stets mit Abwägungsprozessen und dem Mantra „Wir beobachten die Entwicklung“ kommentiert hatte: eine weitere Adaption von „Azalea“ an Material und Muskulatur des modernen Golfprofessionals, an die Entwicklung der Schlagweiten. Die letzte Anpassung auf eine Länge von 466 Meter war 2002 im Rahmen des „Tiger-Proofing“ vorgenommen worden. Überdies entstanden ein neuer Wirtschaftsweg für den in diesem Bereich des Kurses liegenden Chapman Court und ein Puffer für „Golden Bell“ gegen verirrte Bälle vom Nachbar-Club. Aber die Öffentlichkeit sah vor allem den Eingriff in ein Golf-Denkmal: in das Triptychon Amen Corner, dessen Ausgang bekanntlich der Schuss vom 13. Tee bildet.

 

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Neue 13 ist 498 Meter lang

32 Meter zusätzliche Tiefe hat „Azalea“ dank des neuen Abschlagplateaus mit „Fußbodenheizung“ vor dem Natursteinwall bekommen, vom Masters-Tee bis zum Grün misst das Dogleg, das mit Linksknick entlang Rae’s Creek läuft, nunmehr 498 Meter. Ab Donnerstag wird sich zeigen, ob aus dem berühmtesten Par-fünf der Welt wieder ein dramatisches Design geworden ist oder ob es nach wie vor das einfachste Loch des Platzes bleibt. Der Score-Durchschnitt seit 1967 liegt bei 4,775 Schlägen; in den vergangenen zehn Masters wurden 124 Eagles erzielt.

Statik der Bahn komplett geändert

Fakt ist, dass sich die Statik der Bahn komplett geändert hat. Und dass fürs Erste Schluss ist mit einem Drive im Draw-Bogen (für Rechtshänder), der über die Kiefern auf der linken Seite und derart weit fliegt, dass lediglich ein Wedge nötig ist, um den Ball über den Bach und auf die – freilich meist tanzdielenharte – Grün-Oberfläche zu befördern. Oder mit einem Fairway-Holz und einem mittleren Eisen. „Der Spieler ist zunächst versucht, mit seinem Abschlag den Bach zu überqueren, indem er nahe an der Ecke spielt“, hat Bobby Jones in seiner Autobiografie „Golf Is My Game“ geschrieben. „Unabhängig von der Position, die mit dem Abschlag erreicht wird, verlangt der zweite Schlag die folgenschwere Entscheidung, ob man das Grün angreifen will oder nicht.“

 

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 Sekt oder Selters, Do or Die

Genau dieses Risk-&-Reward-Prinzip soll wieder hergestellt werden: Attacke oder vorlegen, Sekt oder Selters, Do or Die. Clubchef Ridley, der einstige US-Amateur-Champion und mithin beste Golfer aller Augusta-Amtsinhaber seit Clifford Roberts, hat „seinen“ Jones verinnerlicht. Er hat stets gesagt, dass alle Änderungen im Geiste von Augusta Nationals Schöpfern zu erfolgen hätten – stets getreu Jones’ und MacKenzies Design-Philosophie sowie ihrer Auffassung vom Spiel. „Wir machen das, um die Integrität des Platzes zu bewahren.“

 

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Selbst „D. J.“ wird wohl vorlegen

Spaßbremse, Game Changer oder mehr Drama: Für einige Spieler dürfte die von Jones verlangte „folgenschwere Entscheidung“ bereits feststehen. Short Hitter wie Kevin Kisner werden unter normalen Bedingungen vorlegen; selbst ein „langer Kerl“ wie Dustin Johnson wird konservativ agieren, weil sein standardmäßiger Fade nicht zum Layout des Lochs passt. „Es ist nicht wirklich meine Stärke, mit dem Driver einen Draw zu schlagen“, sagte der Sieger des November-Masters von 2020. „Für mich ist das Loch definitiv schwieriger geworden. Doch mit einer guten Ablage und einem noch besseren Chip ist die Vier allemal drin.“ „D. J.“ liebäugelt freilich auch mit einem Holz 3 vom Tee, „weil ich damit den Ball doch etwas um die Ecke wuchten kann“.

McIlroy: Eisen 5 statt Eisen 8

Min Woo Lee hingegen absolvierte die Distanz aufs Grün am Montag per Driver und Eisen 7. „Allerdings musst du schon einen perfekten Drive schlagen“, sagt Kisner. Solche wie Rory McIlroy, der laut Fred Couples bei der Einspielrunde mit Tiger Woods und Tom Kim „eine Bombe“ rausgehauen und den Ball dann mit dem Fünfer-Eisen aufs Grün gelegt hat. „Meiner Meinung nach ist der Abschlag einfacher geworden“, urteilt „Rors“: „Du musst beim Drive nicht mehr sonderlich zaubern, ihn einfach gerade auf die Piste bringen. Dafür ist der zweite Schlag viel schwieriger geworden. Früher habe ich ein Eisen 8 genommen, um das Grün anzuspielen. Heute muss ich dort ein Eisen 5 zum Halten bringen und stehe beim Schlag deutlich unter dem Ball.“

Und was ist mit dem MLR-Ball?

So weit, so gut. Bleibt lediglich eine Frage: Wann kommt noch mal der MLR- Ball? Ach nein, der fliegt ja nur 18 Meter kürzer. Ansonsten hätte sich Augusta National die Millionen und den Aufwand sparen können – jedenfalls, sofern R&A und USGA sich „ein bisschen“ früher bewegt hätten und vor Jahren bereits der Forderung von Tiger Woods („Das hätte schon längst passiert sein müssen“) und anderen gefolgt wären. Man wird’s ja noch mal anmerken dürfen …

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