Whistling Straits - der Austragungsort der PGA Chmpionship 2010. Zuvor fand das Turnier im Jahre 2004 das letzte Mal auf dem renommierten Platz am Lake Michigan statt. Damals siegreich: Vijay Singh. In einem spannenden Dreier-Playoff setzte er sich durch, der Turnierverlauf glich einem dramatischen Golf-Märchen. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an die PGA Championship 2010: Zurück am Lake Michigan wurde ein Kampf der Giganten erwartet.
Tiger Woods, die amtierende Nummer eins der Welt, wurde im bisherigen Verlauf des Jahres 2010 bei den drei Majorturnieren geschlagen. Erst beim US Masters denkbar knapp von Phil Mickelson, wenig später bei der US Open vom Nordiren Graeme McDowell und nur einen Monat vor der PGA Championship bei der traditionsreichen Open Championship von Louis Oosthuizen - Tiger enttäuschte. Die große Frage: Ist Tiger Woods noch der Alte? Nutzt er das letzte Major des Jahres, um es doch noch allen zu beweisen? Seit über fünf Jahren thronte er an der Spitze der Weltrangliste. Diese Position war allerdings in Gefahr, die Konkurrenz um Lee Westwood, Martin Kaymer und Phil Mickelson rückten immer näher an die Lichtgestalt heran. Wird auf dem tückischen Linkskurs die große Stunde von Tiger Woods schlagen, wird Phil Mickelson am Ende ganz oben stehen oder macht es der nordirische Goldjunge Rory McIlroy - oder doch der aufstrebende Longhitter Dustin Johnson? Alles war denkbar - am Ende kam doch alles anders: die Festspiele konnten beginnen. Eine Chronologie der PGA Championship 2010.
PGA Championship 2010: Nebelschwaden und schwache Favoriten
Ein Dunst aus Nebel stand auf dem Straits Course. Der Spielbetrieb schien unmöglich, die Stunden vergingen. Die Golfer fühlten sich wie scharrende Pferde in ihren Boxen. Drei Stunden nach der geplanten Startzeit klarte es auf - endlich ging es los. Früh am Tag zauberten sich Bubba Watson und Francesco Molinari über den anspruchsvollen Linkskurs und bildeten im Clubhaus mit einem Score von -4 das Duo an der Spitze. Aufgrund der Verzögerung zu Beginn des ersten Tages musste das Spielgeschehen aufgrund einsetzender Dunkelheit unterbrochen wurden - etwa die Hälfte des Feldes bestritt ihre Auftaktrunde erst im nebeligen Morgengrauen des zweiten Turniertages. Dort war es vor allem der amerikanische Hüne Matt Kuchar, der alle anderen in die Schranken wies und die Führung übernahm.
Schlechter verlief der Start für die zahlreichen Favoriten: Tiger Woods, Dustin Johnson und Shootingstar Rory McIlroy erlebten ein auf und ab, retteten sich aber mit einem Score von -1 ins Clubhaus. Größer Probleme hatte Publikumsliebling Phil Mickelson. Zwar startete er mit Birdie, kämpfte dann aber mit dem anspruchsvollen Kurs und den wechselnden Bedingungen und landete nur im Mittelfeld mit einem Schlag über Par. Martin Kaymer startete unspektakulär mit Even Par, sorgte aber auf der 11. Bahn, einem Par 5, für ein Highlight. Nach eine langen Drive griff er bereits mit seinem zweiten Schlag das Grün an - mit Erfolg. Den darauffolgenden Putt lochte er dann eiskalt zum Eagle. Martin Kaymer und sein Putter sollte im weitern Verlauf des Turniers noch wichtig werden.
Kaymer, McIlroy und Co. greifen an
Weiterhin war es der Nebel, der die Startzeiten der Spieler diktierte - und weiterhin war es Matt Kuchar, der mit den unvorhersehbaren Bedingungen auf dem Traditionskurs am besten zurechtkam. An der Spitze bildete sich im Laufe der zweiten Runde - die erst in den frühen Stunden des dritten Turniertags beendet wurde - eine Phalanx aus Amerikanern, die von Matt Kuchar angeführt wurde. Unter anderem war es Dustin Johnson, der Profit aus seinen brutal langen Drives schlagen konnte und sich in Lauerstellung brachte. Auch der damals noch majorlose McIlroy schob sich nach vorne und zeigte aller Welt, wieso er als Zukunft dieses Sport galt.
Phil Mickelson und Tiger Woods stabilisierten sich und spielten sich ebenfalls in den erweiterten Kreis der Spitzengruppe. Schon jetzt zeichnete sich ab: Genau wie im Jahre 2004 wird diese PGA Championship ein Thriller bis zur letzten Sekunde. Und auch Martin Kaymer, dieser 25-jährige, jugendlich dreinschauende Deutsche, glänzte nun. Fehlerfrei meisterte er den gefürchteten Linkskurs und spielte - nahezu unbemerkt von den Kameras - eine bogeyfreie Runde samt vier Birdies. Kaymer war endgültig im Turnier angekommen
Kaymer legt nach und schürt Hoffnung
Der Moving Day schüttelte das Feld ordentlich durch. Der bis dahin Führende Matt Kuchar notierte einen Schlag über Par und verabschiedete sich - genau wie Phil Mickelson und Tiger Woods - von seinen Titelchancen. Derweil übernahm Nick Watney die Führung. Ein weitestgehend unbekannter Amerikaner, der bereits beim Masters 2010 mit seinem siebten Platz überraschte, startete seine Runde mit fünf Birdies auf den ersten sieben Bahnen. Er legte weiter nach und katapultierte sich vor dem Finale in Führung. Drei Schläge hinter ihm bildete sich ein Verfolger-Duo aus, damals aufstrebenden Golftalenten, heute Golf-Superstars: Rory McIlroy und Dustin Johnson. Mit grandiosen Runden (-5) brachten sich die beiden in Position für ihren ersten Majortriumph.
Allerdings steigerte auch ein anderer Golfer mit einer nicht minder starken Runde seine Chancen auf seinen ersten Titel bei einem Majorturnier: Martin Kaymer. Birdie um Birdie spielte er und lauerte vor dem Finale mit vier Schlägen Rückstand auf die Spitze auf Patzer des Führenden Watney.
PGA Championship 2010: Kaymers Herzschlag-Triumph
Darauf musste er nicht lange warten: Watney notierte sofort auf der ersten Bahn des Finales ein Doppelbogey. Im weiteren Verlauf kam er völlig unter die Räder und schleppte sich mit einem Score von 81 ins Clubhaus - seine Titelträume waren dahin. Und lebten bei Martin Kaymer umso lebhafter auf. Zwei Birdies auf den Bahnen 2 und 4 hatte er vor allem seinen an diesem Tag magisch wirkenden Fähigkeiten mit seinem Eisen zu verdanken. Blitzsaubere Annäherungen verwandelte er mit Putts aus kurzer Distanz - Kaymer führte. In der Folge rettete er sich an der Sieben und Acht mit Chips zum Par, bevor auf er sein nächstes Birdie zum Auftakt der Back Nine einsammelte. Nach einem sensationellen Rettungs-Wedge zum Par am zwölften Loch, donnerte Kaymer den Ball nur eine Bahn später, auf Bahn 13, dem anspruchsvollen Par-3, vom Tee einen Meter neben das Loch. Golf-Deutschland jubelte, Whistling Straits tobte, nur Kaymer blieb ganz ruhig. Die Chance, seinen Vorsprung auf zwei Schläge auszubauen konnte kaum größer sein - doch Kaymer verlegte.
Ab diesem Zeitpunkt wirkte Kaymer fahrig. Er streute eine Schläge plötzlich zu weit nach links und rechts, sogar mit seinen Eisen, welche er auf der Front Nine noch so genau wie ein Skalpell bediente. Fast auf jeder Bahn war es ein Kampf, nur mit größter Anstrengung rettete er ein ums andere Mal Par. Einzig auf der 15. Bahn konnte er sich nicht retten, Kaymer notierte Bogey und fiel auf -11 zurück.
Der Back-Nine-Krimi und das entscheidende 18. Loch
Derweil machten zwei Amerikaner Jagd auf den in Führung liegenden Kaymer. Bubba Watson spielte ein Birdie auf der 13. Bahn und legte auf den folgenden drei Löchern zwei weitere Schlaggewinne nach, damit stellte er seinen Score auf -12, einen Schlag vor Martin Kaymer. Allerdings benötigte Watson auf der zweitletzten Bahn des Tages einen Schlag mehr als Kaymer und nach einem Putt aus zwei Metern auf der finalen 18. Bahn brachte Watson eine -11 als Richtwert ins Clubhaus. Dustin Johnson leitete seine Aufholjagd ebenfalls mit Birdie auf Bahn 13 ein. Ein weiteres folgte an Loch 16 und nach einem grandiosen Schlag vom 17. Tee lochte er dort erneut zum Birdie. DJ führte vor seiner finalen Bahn mit einem Schlag vor Martin Kaymer, der die letzte Bahn ebenfalls noch bespielen musste, und Bubba Watson, der bereits im Clubhaus bangte.
Martin Kaymer legte vor und mit seinem zweiten Schlag war es ausgerechnet sein vorher so grandios funktionierendes Eisen, was nicht so wollte wie er. Sein Ball landete neben dem Grün. Er bugsierte den Ball somit erst mit seinem dritten Schlag auf das Grün, allerdings kam der Ball circa fünf Meter vor dem Loch zum erliegen. Ein Schlag blieb dem Deutschen noch, um den Gleichstand mit Bubba Watson beizubehalten und sich die Chance auf ein Playoff zu bewahren - und Kaymer lieferte. Der Putt aus fünf Metern fiel, Kaymer ballte eine energische Faust und Jubel schallte von den Rängen.
Doch was machte Johnson, der mit einem Schlag Vorsprung auf seine beiden im Clubhaus wartenden Konkurrenten an den Abschlag der 18. Bahn schritt? Seinen Abschlag säbelte er rechts neben das Fairway in eine Menge aus Zuschauern - und dort traf er eine folgenschwere Entscheidung. Der Ball lag am Rande eines Bunkers, DJ erkannte dies allerdings im hektischen Treiben der Zuschauer nicht, zückte sein Eisen, legte es auf und feuerte den Ball in Richtung Grün. Einen Par-Putt aus etwa vier Metern verlegte er - Bogey. Alles sah nach einem Dreier-Playoff aus, doch die Offiziellen entdeckten Johnsons Eisen-Vergehen am Rande des Bunkers. Er kassierte zwei Strafschläge - Johnsons Titeltraum zerplatze. Watson und Kaymer duellierten sich um den Titel.
Comeback-Kaymer triumphiert im Playoff
10, 17, 18: Über diese Löcher erstreckte sich das 3-Loch-Playoff der PGA Championship 2010. Kaymer wählte auf Bahn 10 sein Holz, brachte den Ball allerdings nicht aufs Fairway - der Ball lag im hohen Gras. Aus dem Rough visierte er das Grün an, traf es, allerdings lag der Ball noch etwa neun Meter vom Loch entfernt. Dort benötigte er zwei Putts zum Par. Watson hingegen lieferte: Ein langer Drive, ein kurzer Chip und sein Ball lag einen Meter vom Loch entfernt. Er lochte und ging in Führung.
Kaymer antwortete furios auf Bahn 17. Sein Abschlag landete etwa vier Meter vom Loch entfernt und Kaymer lochte einen sensationell wichtigen Putt zum Birdie. Watson brauchte derweil zwei Putts - Gleichstand. Die Entscheidung sollte am 18. Loch fallen.
Vor zehn Jahren schnappte sich Martin Kaymer seinen ersten Titel bei einem Major.
Die Atmosphäre war elektrisierend. Die Drives der beiden Konkurrenten landeten rechts neben dem Fairway, Kaymer war minimal länger als Watson. In gewohnter Manier agierte Watson furchtlos, fasste sich ein Herz und griff sofort das Grün an. Allerdings war sein Schlag zu kurz, segelte lange durch die Luft und landete schlussendlich im Wasser. Im Eindruck des wohl zu aggressiven Spiels von Watson lies Kaymer Vorsicht walten und legte seinen Ball vor dem Wasserhindernis ab. Sicher bugsierte er den Ball mit seinem nächsten Schlag aufs Grün, den Sieg vor Augen. Watson musste voll auf Angriff gehen und feuerte seinen Ball in einen Bunker am Rande des Grüns. Von dort aus schockte er Kaymer fast, als er den Ball aus dem Bunker chippte, der Ball geradewegs auf das Loch zusteuerte, allerdings viel zu schnell war und am Fahnenstock abprallte. Das war's für Watson. Kaymer lochte seinen Ball mit zwei Putts und triumphierte. Er war der zweite deutsche Major-Champion nach Bernhard Langer.