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Panorama

Thomas Frey – Mit Handicap 54 zu den Paralympics?

27. Aug. 2013 von Juliane Bender in Pulheim, Deutschland

Thomas Frey Golf City Pulheim

Erstmal eine ruhige Ansprechposition finden: Putten für Fortgeschrittene mit Thomas Frey. (Foto: Golf Post)

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Auf der Driving Range steht er, auf einem Bein, und bringt sich mit dem Eisen 9 in Position. Einmal holt er aus, zweimal, während der linke Fuß noch den sicheren Stand sucht. Schließlich schwingt er ab, schaut dem Ball und seinem ordentlichen Divid hinterher und hüpft wieder, auf einem Bein, bis er das Gleichgewicht wieder gefunden hat. Nächster Ball.

Nur 39 Kilogramm

Thomas Frey ist vor 28 Jahren bei einem Praktikum während seiner Studienzeit in eine Heumaschine geraten und hat bei dem Unfall sein rechtes Bein verloren. “Ich bin als Fliegengewicht mit nur noch 39 Kilogramm Körpergewicht aus dem Krankenhaus entlassen worden”, erzählt Frey heute. “Ich war ein Haufen Elend.”

Was ihn damals niederschmetterte, hat er heute überwunden: “Ich hatte Glück”, erzählt Frey, “weil ein Freund, der auch amputiert war, mich zum Skifahren mitgenommen hat. Er hat mich ermutigt, meine Prothese abzulegen und einfach die Berge runterzufahren. Das war der Arschtritt, den ich brauchte.”

“Ich will raus aus der Behindertenschublade”

Heute steht Thomas Frey aufrecht, stolz und durchtrainiert vor seinem Gegenüber. Er hat nach dem Unfall nicht nur sein Agrarwissenschaftsstudium abgeschlossen, sondern auch eine Promotion abgeschlossen. Nebenbei begann er mit Boxen und Klettern, Qigong und Fitnesstraining.

Seit 2010 ist er Fitness- und Motvationscoach für seine Firma “Fit mit Handicap”. Er leitet die Organisation im Höhentrainingszentrum “bepox” in Köln und probiert auf seinem einen Bein Trainingsmethoden, ganze Sportarten und -geräte aus, lässt sich dabei filmen und stellt sein Fazit in seinem Youtubekanal und Facebookprofil ins Netz. Seine Motivationstrainings richten sich an alle; Frey will raus aus der “Behindertenschublade”, wie er selber sagt. “Ich will mich nicht einfach in die Nische der Behinderten verabschieden. Ich will auffallen.”

Kann man es mit Hcp 54 zu den Paralympics schaffen?

Weil er auffallen will, hat er sich eine Aufgabe gestellt: Thomas Frey möchte sich als absoluter Neuling im Golfsport für die Paralympischen Spiele qualifizieren. Ursprünglich hatte er Rio 2016 anvisiert, daraus wird aber nichts, denn Golf wird 2016 zwar olympisch, aber nicht paralympisch sein. Jetzt steht Tokio 2020 in seinem Kalender, obwohl auch bezüglich Golf in Tokio noch nichts entschieden ist. Thomas Frey ist optimistisch: “Wenn ich nicht daran glauben würde, könnte ich das Programm, das damit verbunden ist, gar nicht stemmen.”

Sein Programm ist das, wofür andere Golfer sich pensionieren lassen würden: Erst den Schwung verinnerlichen, dann die Platzreife bestehen, 2014 an den ersten Turnieren teilnehmen und dann runterspielen. Dabei ist Golfen für Frey mit seinem einen Bein eine körperliche Gratwanderung. “Schon bei einer 9-Loch-Runde ist die Belastung für mich so groß, dass ich, wenn ich am nächsten Abschlag ankomme, erstmal keinen geraden Schlag mehr machen kann. Für 18-Loch-Turniere brauche ich deshalb auf jeden Fall einen Caddie oder einen Elektrotrolley; ohne gehen 18 Loch auf keinen Fall”, so der gebürtige Wormser, dessen Fitness sonst andere in den Schatten stellt.

Rechts schreiben, links schwingen

Fast täglich ist Thomas Frey deshalb auf dem Golfplatz unterwegs, nur auf die Runde geht er noch nicht. Denn auch die Technik ist eine Herausforderung für ihn und seinen Trainer Mario Majchszak. “So einen Fall wie mich gibt es bisher kaum und da gelten andere Gesetze”, erläutert Frey die anfänglichen Schwierigkeiten.

So war anfangs zum Beispiel nicht klar, dass Frey als Rechtshänder aufgrund seiner Anatomie mit Links würde schwingen müssen. Erst Martin Kaymers Physiotherapeut kam schließlich darauf, den Schwung umzustellen. “Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht. Das war eine absolut richtige Maßnahme”, erinnert sich Frey und nickt. Während die Umstellung auf die ungeübte Hand den durchschnittlichen Golfer weit zurück werfen würde, macht sie Frey bisher wenig Probleme. “Meine Koordinationsfähigkeit ist gut; außerdem hatte ich den Schwung rechts noch nicht wirklich verinnerlicht.”

Für die Paralympics-Qualifikation wird seine Behinderung in Kombination mit seinem golferischen Handicap eine Rolle spielen. Dafür muss er in der nahen Zukunft an sovielen Turnieren teilnehmen wie möglich, um sich weitestmöglich herunterzuspielen. Die genauen Kriterien sind vom paralympischen Komitee noch nicht endgültig festgelegt worden.

Thomas Frey beim Training

“Golf ist reine Kopfsache”, so Frey. “ Zwar ist mir seit dem Start dieses Projekts schon der eine oder andere Stein in den Weg gelegt worden – das fängt bei der Nutzung von Driving Ranges an – aber genauso gibt es mit meinem Trainer Mario Majchszak einen sehr wertvollen Unterstützer. Ohne ihn wäre das Projekt schlicht nicht möglich.”

Sieben Jahre sind es noch bis zu den Paralympischen Spielen in Tokio; klingt wie eine lange Zeit, für Frey aber wird es ein Golf-Crashkurs. Bis dahin braucht er vor allem Durchhaltevermögen und Disziplin.

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