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Panorama

Von Zehentrennern bis Onlinewetten – Golf-Start-Ups

06. Nov. 2014 von Tobias Hennig in Köln, Deutschland

Start Ups haben es oft schwer, sich auf dem Markt zu etablieren. Für ihren G-Flop nutzte Susan Schmelzer den Auftritt in VOX bei "Die Höhle der Löwen".

Start Ups haben es oft schwer, sich auf dem Markt zu etablieren. Für ihren G-Flop nutzte Susan Schmelzer den Auftritt in VOX bei "Die Höhle der Löwen". (Foto: VOX/Bernd-Michael Maurer)

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Im Sommer 2014 gab es vermehrt Meldungen über den schlechten Zustand der Golfbranche. Ein großer Sportartikelhersteller entließ auf einen Schlag über 400 Mitarbeiter seiner Golfabteilung, die Umsatzzahlen eines anderen Herstellers gingen um 38 Prozent zurück. Die Eintrittspreise bei Turnieren sanken und auch die Einschaltquoten im Fernsehen brachen ein.

Das alles klingt so, als wäre die Zukunft der Golfbranche nicht gerade rosig. Und dennoch gibt es golfbegeisterte Menschen, die sich wagen, sich dieser Entwicklung mit neuen Ideen und Leidenschaft entgegenzustellen. Sie gründen eigenen Firmen und versuchen, ihre Nische im Markt zu finden und den Sport auf ihre Weise voranzutreiben. Nötig ist das allemal, denn die Wachstumsraten der Mitgliederzahlen des Deutschen Golf Verbandes sind seit Jahren rückläufig. Was bewegt Menschen zu dem Schritt, sich in der Golfbranche selbstständig zu machen?

Nie wieder "qualmende Socken"

Susan Schmelzer hatte schlicht und einfach keine Lust mehr "im Sommer fünf Stunden mit qualmenden Socken über den Golfplatz zu laufen." Deswegen machte sie sich auf, einen offenen Golfschuh zu entwickeln. Die Herausforderung: frischer Wind um die Füße und dennoch muss der Schuh genügend Halt bieten. Heraus kam 2013 der G-FLOP. G-FLOP ähneln Flip-Flops - daher auch der Name - sind aber mit abnehmbaren Spikes in der Sohle ausgestattet. Man kann sie auch im Alltag auf der Straße tragen. Vor allem kann man mit ihnen aber Golf spielen.

denigo - Neuer Schnitt und schräge Knöpfe

Das geht auch in Poloshirts der Firma Denigo. Das Start-Up aus der Nähe von Berlin produziert ausschließlich in Europa und will seine Konkurrenz dennoch im Preis unterbieten - ein ambitioniertes Ziel. Die höheren Produktionskosten werden durch den direkten Vertrieb ausgeglichen. Die Ware geht im Onlineversand vom Hersteller direkt an den Kunden. Denigo-Gründerin Nina Müller, selbst leidenschaftliche Golferin, will sich durch neue Schnitte und Farben von "den hartnäckigen Vorurteilen", die Golf immer wieder begegnen, lösen. "Frust" war der Antrieb für die Unternehmensgründung - keine Seltenheit in der Start-Up-Szene.

Cubert Putter – Der Nischenmarkt

Unzufrieden war auch Kurt Schönwald. Allerdings nicht mit Golfschuhen sondern mit Puttern. Denn die gängigen Marken boten dem Teaching Professional der PGA nicht genügend individuelle Anpassungsmöglichkeiten. Als ihn dann sein späterer Geschäftspartner, ein gelernter Metallbauer, mit der Idee ansprach, eine eigene Firma zu gründen, legten sie im November 2013 mit Cubert Putter los. Dass es ein finanzielles Wagnis in einem schwierigen Markt war, leugnet Schönwald nicht. Große Hersteller schwämmen den Markt zwei Mal im Jahr mit neuen Schlägerserien.

Doch nach nur einem Jahr hat Schönwald bereits 15 Vertriebspartner in drei Ländern, die die Schläger individuell auf seine Kunden einstellen. Ein Online-Vertrieb wäre in einem Unternehmen, das Putter auf Kundenwünsche und -ansprüche optimiert, zwecklos. Das Geschäft lebt vom persönlichen Kontakt. Deswegen tritt die Schlägerfirma aus Köln auch nur bedingt mit den Marktgrößen in Konkurrenz und "blickt optimistisch in die Zukunft."

G-FLOP in der Höhle der Löwen auf VOX

Susan Schmelzer in der VOX-Sendung "Die Höhle der Löwen".

Susan Schmelzer in der VOX-Sendung "Die Höhle der Löwen". (Foto: VOX/Bernd-Michael Maurer)

Schönwald suchte sich seine Nische und ist so halbwegs unabhängig von der allgemeinen Entwicklung der Branche. Doch nicht nur die Innensicht bietet spannende Einblicke. Auch wenn sich geschäftskundige Manager und Firmeninhaber aus ganz anderen Bereichen einmal mit Start Ups aus der Golfszene beschäftigen, ist das interessant. Genau das geschah kürzlich in der Sendung "Die Höhle der Löwen" des TV-Senders VOX. Dort stellte Schmelzer ihre G-FLOP vor. Eine einmalige Gelegenheit für die Erfinderin der Zehentrenner. Denn die TV-Show bietet Gründern junger Unternehmen eine Plattform ihre Produkte vorzustellen. Im Optimalfall erklärt sich einer der fünf etablierten Unternehmer zur finanziellen Unterstützung und Zusammenarbeit bereit.

G-Flop Modell türkis Reptil mit G-FLOP Ballmarker. (Foto: eikenroth MEDIA / Thomas Eikenroth)

G-FLOP Modell türkis Reptil mit Ballmarker. (Foto: eikenroth MEDIA / Thomas Eikenroth)

Die fünf "Löwen" waren skeptisch, ob der offene Schuh überhaupt mit der Kleiderordnung der Golfclubs vereinbar sei. Schmelzer konnte sie beruhigen, sie sind es. Doch nicht nur der Zusammenprall von Innovation und Etikette kann einem Start-Up zu schaffen machen. Auch ganz praktische Probleme holen die jungen Gründer manchmal ein. Im Falle des G-FLOP ist es schlechtes Wetter. Wer will schon bei 13 Grad in offenen Schuhen spielen? Liegt da nicht der Gang in wärmere Absatzgebiete nahe? "Das habe ich alles auf dem Zettel", sagt Schmelzer, "allerdings ist das alles eine Frage der Ressourcen. Bei einer 'One-Woman-Show' ist nicht alles auf einmal möglich." Geduld und ein finanzielles Polster seien wichtig, denn riskant seien Unternehmensgründungen immer.

Vice Golf – aus Fehlern lernen

Besonders, wenn man sich marktführenden Großkonzernen gegenüberstellt. Das taten Rainer Stöckl und Ingo Düllmann, als sie Flake Golf ins Leben riefen und begannen, Golfbälle zu vertreiben. Die beiden Münchener gaben für ihre eigene Firma, im Gegensatz zu Schönwald, der nach wie vor als Putttrainer arbeitet, ihre Jobs auf. Auch Schmelzer hatte genug Zeit und ausreichende Rücklagen, um sich das Experiment G-FLOP leisten zu können. Mittlerweile heißt Flake Vice Golf. Denn beim Versuch, die Marke zu internationalisieren, fiel ihnen auf, dass "to flake somebody" im englischen negativ besetzt ist (zu Deutsch: jmd. im Stich lassen). Doch aus Fehlern lernt man, so geht es wohl allen Firmengründern.

Ein Ball der Marke Vice, Modell Pro. (Foto: Vice Golf)

Ein Ball der Marke Vice, Modell Pro. (Foto: Vice Golf)

Mit dem neuen Markennamen Vice Golf (zu Deutsch: Laster) überarbeiteten Sie zwar Feinheiten ihrer Firma, doch das Geschäftsmodell blieb gleich. Die Ware geht vom Produzenten ohne Zwischenhändler zum Kunden - so spart man Geld. Doch mit ihren Bällen wollen sie nicht nur ein konkurrenzfähiges Produkt liefern sondern auch etwas frischen Wind und Lebensgefühl dazu. Das zeigt sich schon bei der Verpackung der Bälle, die von Löwen, Flamingos oder Revolvern geziert wird. Auf das Design legen die beiden Münchener viel wert. Andere Firmen stellen technische Details in den Vordergrund, sie sehen es eher aus der "Fashion-Design-Perspektive", wie sie im Interview mit Minor House verrieten.

"Nie Probleme, nur Nachfragen"

Denselben Blickwinkel hat auch G-FLOP Erfinderin Schmelzer. Der offene Schuh soll "Lifestyle und Funktion" vereinen. Aber nackte Füße auf dem Golfplatz? "Da leidet die Etikette", war ja auch der Hauptkritikpunkt der Fernsehjuroren bei Die Höhle der Löwen. Schmelzers praxiserprobte Antwort gegenüber Golf Post: "Es gibt immer Leute, denen irgendetwas nicht gefällt. Ich habe circa hundert Plätze in G-FLOP gespielt und es gab nie Probleme, nur Nachfragen." Dennoch sieht sie ein, dass es, wenn Innovationen an den Markt, insbesondere den Golfmarkt, gebracht werden, "mutige Käufer braucht, die sich den Fragen stellen."

Aufs eigene Spiel wetten mit birdiepool.com

Wer nur ein virtuelles Produkt vertreibt, hat es da etwas einfacher. Man muss nichts produzieren lassen, keine Händler finden und sich nicht mit Proshops und Großkonzernen herumschlagen, die sich standhaft gegen neue Produkte von außen wehren. Auch deshalb ist es den drei Gründern von birdiepool.com im Moment noch genug, ihre Homepage als Hobby zu betreiben. Auf der können Freunde in einer virtuellen Währung (die einen realen Gegenwert hat), Skin genannt, um Scores und Birdies bei Turnieren wetten. Mittlerweile können sich die Mitglieder der Community auch eigene Challenges ausdenken und zum Beispiel gegen andere Teams in einer Jahreswertung um das beste Handicap antreten.

Ob sich die vielseitigen Ideen der jungen Gründer in der Golfbranche behaupten oder nicht, entscheiden am Ende die Kunden und Nutzer - und zum Glück keine Fernsehjury. Im Fall von Schmelzers G-FLOP ging der Versuch der Investorensuche in der TV-Show nämlich gründlich daneben. Ihr Anliegen wurde gnadenlos abgebügelt. Gelohnt hat es sich im Nachhinein dennoch: "Es gab nach der Ausstrahlung Anfragen von Investoren und Distributoren, doch die müssen noch sortiert und geprüft werden", so Schmelzer. "Außerdem, wann hat man schon die Gelegenheit, sein Produkt vor über zwei Millionen Menschen zu präsentieren?"

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