Der letzte Tropfen Siegerschampus ist geflossen, die Helden von Gleneagles sind in den Golf-Alltag zurückgekehrt oder pausieren wohlverdient, jetzt geht es um den Kapitän für Hazeltine 2016. Getreu der Devise „Nach dem Ryder Cup ist vor dem Ryder Cup“ haben auf dem alten wie auf dem neuen Kontinent umgehend die Debatten um die Nachfolger von Paul McGinley und Tom Watson begonnen. In Europa dreht sich‘s besonders um einen Namen: Darren Clarke.
Der Nordire Clarke ist ein Ryder-Cup-Held
Der charismatische Nordire hatte bereits für den 40. Ryder Cup seinen Hut in den Ring geworfen, war freilich sehr kleinlaut geworden, als die Amerikaner ihre Lichtgestalt Watson nominierten. Diesmal muss sich Clarke gar nicht selbst ins Zeug legen. Rory McIlroy, der schon an der Kür McGinleys entscheidenden Anteil hatte, plädierte nun für seinen Landsmann: „Er wäre genau der Richtige, um das Team in den USA zu führen.“ Martin Kaymer stößt ins gleiche Horn. „Ich denke, Darren Clarke ist jetzt an der Reihe“, meinte der Deutsche. „Seine Chancen sollten sehr hoch sein.“
Clarke, wenngleich seit einiger Zeit vorteilhaft erschlankt, kann in der Tat mit einigen Pfunden wuchern. „Er wird überall geschätzt, besonders in den USA, wo die Fans ihn lieben“ (McIlroy). Der heute 46-Jährige hat ein Major, die Open Championship 2011 gewonnen. Und er ist ein Ryder-Cup-Held. Als „Captain‘s Pick“ von Ian Woosnam gewann er 2006 im irischen K-Club, sechs Monate nach dem Krebstod seiner Frau Heather, die drei Matches, die er spielte. Vor allem ist der Zigarren-, Whisky- und PS-Liebhaber eine schillernde Type mit breiter Brust, ideal für den Auftritt in der Höhle des amerikanischen Löwen.
Außenseiterchancen auch für Jiménez und Björn
Europa hat noch so einen in seinen Reihen: Miguel Ángel Jiménez, wie Clarke als mehrfacher „Vize“ auf ein Kapitänsamt vorbereitet und – was sattsam bekannt ist – ein nicht minder bunter Vogel, gleichwohl allseits respektiert und beliebt und von hoher golferischer Güte. Der Spanier indes dürfte ebenso wie Thomas Björn allenfalls Außenseiterchancen haben, wenn die drei letzten Kapitäne mit European-Tour-Chef George O‘Grady und einem Vertreter des Spieler-Komitees Anfang 2015 den nächsten Teamchef küren.
Vergleichsweise schwieriger sieht die Causa „Kapitän 2016“ auf Seiten der USA aus. Nach drei Niederlagen in Serie und acht Schlappen in den jüngsten zehn Duellen wollen die Amerikaner immerhin mal ihr System überdenken. PGA-of-America-Präsident Ted Bishop hat – auch wegen des durch Olympia verzerrten Zeitplans – angekündigt, die Qualifikation nicht mit der PGA Championship, sondern mit der Deutsche Bank Championship zu beenden, und die Wildcards erst nach der Tour Championship statt nach der „Deutsche Bank“ zu vergeben.
Ryder Cup Team USA: „Zinger“ ist nicht abgeneigt
Ansonsten sieht alles danach aus, als vertrauten die USA reflexhaft den Erfolgsgaranten der Vergangenheit, obwohl dieses Kalkül mit Tom Watson, 1993 letzter Auswärtssieger, nicht aufgegangen ist. Heißester Kandidat für Hazeltine ist nämlich Paul Azinger. Der Kapitän von Valhalla 2008, dem einzigen US-Ryder-Cup-Gewinn seit 15 Jahren, war schon Phil Mickelsons Vorbild in Sachen Kommunikation und Entscheidungsdemokratie, als der frustrierte Ryder-Cup-Routinier beim Abgesang in Gleneagles seine „Watsch‘n“ gegen Tom Watson austeilte.
Azinger zeigte sich nicht abgeneigt, mahnt jedoch gleichzeitig notwendige Änderungen im Prozess der Kapitänswahl an. „Ich will nicht ausschließen, dass ich es noch mal mache“, sagte der 54-Jährige. Aber sein Ziel sei eher das große Bild. „Europa baut seit je her darauf, dass jeder Ryder-Cup-Teamchef vorher ,Vize‘ war, von den Kapitänen der Vergangenheit gelernt hat und vieles in seine Amtsführung übernimmt.“
In den USA herrsche hingegen das Einsamer-Wolf-Prinzip, „nur zwei der letzten zehn Kapitäne waren zuvor Assistenten“, erklärte „Zinger“: „Die Spieler, so sie nicht Rookies sind, müssen sich alle zwei Jahre an ein jeweils einzigartiges System gewöhnen. Es wird Zeit, dass die PGA of America diese mangelnde Kontinuität erkennt und ihr System ändert.“