Zum Einstieg etwas Hoffnung, die stirbt ja bekanntlich zuletzt: Noch ist die European Open 2025 nicht abgesagt, sie steht lediglich derzeit nicht im Spielplan der DP World Tour für das kommende Jahr. Platz für das Turnier auf dem Porsche Nord Course der Green Eagle Golf Courses in Winsen (Luhe) gäbe es – zum gewohnten Termin im Juni beispielsweise. Die 25. Kalenderwoche ist freigehalten (16. bis 22. Juni), nach der US Open und vor der Italien Open, und das sehr bewusst, wie es aus dem U.Com-Hauptquartier von Promoter und Turnierdirektor Dirk Glittenberg heißt: Man hat die Suche nach einem Hauptsponsor noch nicht aufgegeben.
2024 war ein Vorzeichen für die Leere am Horizont
Schlimm genug, dass es zu so einer Hängepartie mit sehr ungewissem Ausgang kommen musste. Die gab’s schon mal, nachdem der jahrelange Titelsponsor Porsche den 2023 ausgelaufenen Vertrag nicht verlängert hat und es monatelang hieß: Nichts genaues weiß man nicht. Die European Open 2024, siebte Auflage des Traditionsturniers auf dem „Green Monster“ in Winsen (Luhe), hatte dann was von Flickwerk.
Porsche war beim Sieg von Laurie Canter als Sponsor zwar vorhanden, aber halt doch nicht wie gewohnt präsent; das Kleinklein ließ schon erahnen, welche Leere am Horizont heraufzieht – und Glittenberg trug mit U.Com das wirtschaftliche Risiko. Nachvollziehbar, dass er sich das nicht ein zweites Mal antun will und kann, trotz des bestehenden Kontrakts mit der Tour.
Abgelaufene Verträge auch beim Amundi German Masters
Apropos: Mit dem Amundi German Masters, einziges Turnier der Ladies European Tour (LET) auf deutschem Boden, schaukelt der Düsseldorfer noch ein zweites Baby. Dort sind vergangenes Jahr gleichfalls wichtige Verträge ausgelaufen: mit Amundi, mit der Vereinigung clubfreier Golfer als Power-Partner, mit dem ausrichtenden Golf- und Country Club Seddiner See. Man darf gespannt sein, wie der LET-Kalender für 2025 aussehen wird. Eigentlich wollte man sich schon im September zum Fortbestand des Turniers äußern …
Wie immer das Ringen um die European Open – und auch ums Amundi German Master – letztlich ausgeht: Es wirft ein bezeichnendes Licht auf Deutschland als Bühne für Top-Niveau-Profigolf und auf die Bedeutsamkeit von Golf als Werbevehikel und Imageträger hierzulande. Beides war noch nie ein Selbstläufer und in diesen Zeiten erst recht nicht. Die wirtschaftliche Schieflage und die Zurückhaltung der Konsumenten machen den Standort unattraktiv für potenzielle Partner aus dem Luxusgüter-Segment.
Sonderfall BMW bei der BMW International Open
Den Autobauern geht’s ohnehin nicht sonderlich gut, und BMW mit seinem Engagement bei der International Open in München und einem Impresario wie Marco Kaussler ist ein Sonderfall. Die Bayern sind traditionell golfaffin und fühlen sich dem Spiel verpflichtet – siehe Ryder Cup oder die Events in Australien zum Saisonauftakt, beim Flaggschiffturnier der DP World Tour im englischen Wentworth und nicht zuletzt in den USA.
Diesen Schulterschluss hat man mit der European Open nie hinbekommen. Porsche hat sich für seine Luxusautos zahlungskräftigere Zielgruppen gesucht, da wirkt selbst der zweifellos gut situierte Standort Hamburg nicht. Die lukrativen Märkte liegen in Asien, wo auch der Elektroflitzer Taycan andere wirtschaftliche und strukturelle Bedingungen vorfindet; das neue Betätigungsfeld im Golfsponsoring heißt Porsche Singapore Classic.
Auch die DP World Tour hat keinen Hauptsponsor im Ärmel
Die DP World Tour täte gewiss gut daran, das Turnier am Leben zu halten – unbenommen der in diesem Jahr mit kolportierten 2,5 Millionen Euro wahrgenommenen Selbstverpflichtung zur Unterstützung allein schon, um der Zahl deutscher Aktiver im europäischen Circuit Rechnung zu tragen. Doch hier ist zuvorderst der Wunsch Vater des Gedankens. Auch im Hauptquartier Virginia Water hat der neue CEO Guy Kinnings keinen zahlungskräftigen Hauptsponsor im Ärmel, um den Teufelskreis zu durchbrechen, der da lautet: kein Geld, keine Stars, keine TV-Quoten, keine Sponsoren, kein Geld …
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Was würde ein Aus für die Green Eagle Golf Courses bedeuten?
Das endgültige Aus für die European Open wäre ein schwerer Schlag für die deutsche Golfszene. Wen es vermutlich am wenigsten trifft: Michael Blesch und die Green Eagle Golf Courses. „Bleschi der Baumeister“ hat seine perfekt gepflegte Anlage ins Rampenlicht gerückt und längst als Must-Play etabliert. Er hat die Gastspiele des Tour-Trosses genutzt, um die Kontakte zur DP World Tour zu knüpfen, zu pflegen, auszubauen und sich mit seiner Vision vom Ryder Cup 2035 zu empfehlen. Dass der seinerzeitige Tour-Chef Keith Pelley den Green-Eagle-Grüns 2023 eine Qualität „besser als Augusta“ bescheinigte, spricht für sich.
Mit Ausnahme des Corona-Sommers 2020 hat Blesch seit 2017 Energie, Zeit und jede Menge Manpower darauf verwendet, seine Anlage und vor allem die Cash Cow Porsche Nord Course zur Hochsaison für einen knappen Monat umsatzmäßig stillzulegen und auf laufende Einnahme zu verzichten, während er im Hintergrund aufwändig und kostenintensiv an der Zukunft baut. Das muss man nicht weiter deklinieren.
Der Blick in die Zukunft von Tour-Chef Kinnings
Pelleys Nachfolger Kinnings hofft für 2026 auf einen veränderten Kalender. Der Engländer schielt dabei auf eine mögliche Zusammenarbeit von LIV Golf League, PGA Tour und DP World Tour., die sich in der Gerüchteküche mittlerweile zu Gesprächen über eine Fusion von LIV-Liga und Europa-Circuit verdichtet haben. Wie auch immer: „Ich habe das Gefühl, dass es diesbezüglich eine wachsende Dynamik gibt. Vielleicht wissen wir zum Ende des Jahres mehr“, sagte Kinnings noch beim Saisonfinale in Dubai. „Das wirkt sich aufs Programm für 2025 noch nicht aus. Aber ich wünsche mir für 2026, dass die Leute auf den Spielplan schauen und sagen: Wow, das haben sie also vor – wie aufregend.“ Für Deutschland wäre es schon Good News genug, wenn die European Open nicht wieder in einen Dornröschenschlaf fiele.