Sorry, aber das muss manchmal gesagt werden: In Sachen Empirie ist Golf-Deutschland wahrhaft ein Entwicklungsland; Statistiken, Markt- und Feldforschung sind eher Mangelware – Ausnahmen wie die Umfrage des Deutschen Golf Verbands (DGV) in Sachen Corona bestätigen die Regel. Ansonsten beschränkt sich das Zahlenwerk weitgehend auf die jährliche Inventur des Clubgolfer-Bestands. Andere sind da weit voraus, die großen Golf-Nationen zumal, sammeln Daten, fahren Umfragen, versorgen ihre Anlagen und Betreiber mit validen Konzeptions- und Entscheidungshilfen, die so wichtig sein können für Weichenstellungen in Richtung Golf-Zukunft.
Wettbewerbsfähigkeit dank verbesserter Übungsanlagen
So flatterte zu Beginn des Jahres eine aktuelle Studie der amerikanischen Golfplatz-Architekten-Vereinigung ASGCA (American Society of Golf Course Architects) auf den Tisch, die regelmäßig unter dem Titel „Golf Facility Market Trend Watch“ vom US-Marktforschungsunternehmen Sports & Leisure Research Group (SLRG) durchgeführt wird. Die neueste Ausgabe der Analyse betont einmal mehr die Bedeutung von attraktiven Übungsanlagen für die Wettbewerbsfähigkeit von Golfanlagen. SLRG erreicht für den „Trend Watch“ via zweier Fachportale eine breite Zielgruppe, darunter Platzdesigner und Anlagenbetreiber, Clubmanager und Head-Greenkeeper, Golf-Professionals und Vertreter der Golfindustrie, insgesamt über 40.000 Personen.
Deutlicher Bedarf bei den Golfern
Demnach erlebte die US-Szene 2020, dem Jahr dieser jüngsten Erhebung, einen signifikanten Fokus auf die Renovierung und Verbesserung von Driving Ranges und Kurzspiel-Arealen. Die Architekten unter den im Oktober Befragten berichten von einer 13-prozentigen Steigerung bei entsprechenden Projekten sowie von erheblichen Auftragszuwächsen im Bereich Bunkersanierung, Grün-Renovierungen und nicht zuletzt beim Arrangement zusätzlicher vorderer Abschläge zur Verkürzung der Platzdistanz und stärkeren Berücksichtigung unterschiedlicher Spielstärken.
Die Entwicklung ist folgerichtig. Sie korreliert mit den Aussagen von Clubmanagern im „Golf Facility Market Trend Watch“ 2019, die schon damals bei den Golfern einen deutlichen Trend hin zu verbesserten Ranges, variantenreicheren Kurzspiel-Facilities und weiteren Teeboxen ausgemacht oder prognostiziert hatten. Die aktuellen Ergebnisse zeigen, dass sie gut zugehört bzw. ihre Annahmen konsequent umgesetzt haben. SLRG-Chef Jon Last resümiert, dass „Golfanlagen profitabler arbeiten, die ihre Investitionen auf diese Segmente fokussiert haben“.
Trend begann schon vor Corona
Im neuesten Trend-Barometer erwartet ebenfalls eine vermehrte Zahl von Verantwortlichen ein weiterhin sich verstärkendes Interesse ihrer Klientel an verbesserten Übungseinrichtungen.
Interessant ist in diesem Zusammenhang übrigens, dass bereits 2018/2019 ein verstärkter Bedarf nach der Ausrichtung des Golfclubs als Freizeitanlage und sozialem Begegnungsraum prognostiziert wurde – lange, bevor die Corona-Pandemie mit ihrer Notwendigkeit physischer Distanz dem Spiel dank seiner gesundheitlichen und gesellschaftlichen Boni zu neuer Bedeutung verhalf. Dem wird längst mit konzeptionellen Ratgebern für die Neuausrichtung von Clubhäusern oder Angeboten Rechnung getragen. Aber das ist eine andere Story.
„Daddeln auf der Driving Range“
Jedenfalls bestätigen die Zahlen aus den USA, dass Golfanlagen mit altbackenen und trostlos-langweiligen Ranges kaum mehr jemanden hinter dem Ofen hervorlocken können. Dabei kann Training auch fernab des Spaßes am eigenen Bemühen um Verbesserung durchaus eine Menge „Fun-Faktor“ haben, und jede Driving Range durchaus zum Profitcenter werden, wenn Boxen und Wiese ein bisschen attraktiv ausgestattet bzw. gestaltet werden. Stichwort Gamification zum Beispiel.
„Das ist nicht nur ein sinn- sowie reizvoller Service für die Mitglieder und damit Bestandspflege“, hat der Golfanlagen-Sachverständige Dr. Reinhard Koss unlängst beim Gespräch mit Golf Post zum Thema „Golf im Wandel“ über den Einsatz von TopTracer- oder TrackMan-Technologien im Breitensport gesagt: „Per Elektronik mit Schläger und Ball auf der Driving Range zu ,daddeln‘, ist offensichtlich etwas, was die jüngeren Generationen anspricht und womit Anlage sich attraktiver machen können.“
Irische Zahlen unterstreichen knackige Kurzplätze
Zum Themenkomplex passen Daten aus Irland, die ein wachsendes Bedürfnis nach kürzeren und folglich schneller zu absolvierenden Kursen widerspiegelt – was nicht verwundert, weil der Zeitfaktor in dieser schnelllebigen, modernen Spaß-Gesellschaft zu einem Handicap für das Spiel geworden ist, und an dieser Stelle ebenfalls bereits thematisiert wurde.
Die Iren jedoch unterlegen das mit Zahlen und dokumentieren eine ohnehin weltweit festzustellende Tendenz. Allein zwischen Mai und September 2020 haben sich demzufolge über 2.000 Interessierte einem der Pitch- & Putt-Parcours auf der grünen Insel angeschlossen, manche Anlage verzeichnete entsprechende Zuwächse von über 200 Prozent. In Portmarnock etwa, wo ein Weltklasse-Linksplatz nebenan liegt, kletterte die Zahl der Mitglieder im „Portmarnock Pitch and Putt“ von 251 auf 412.
Lieblose Alibi-Arrangements für Anfänger
Kurzspielanlagen und Kurzplätze sind – gleichermaßen keine neue Erkenntnis – probate Mittel zur Kundenansprache, erst recht in diesen Zeiten. Es braucht freilich knackige Ensembles, die optisch was hermachen und wie „große“ Plätze daherkommen, dabei aufgrund der geringen Distanzen einfacher zu verbuchende Erfolge gewähren. Und auf denen die Runde unter zwei statt über fünf Stunden dauert.
Beispiele gibt es auch hierzulande, siehe die „Little Links“ im Golfclub Herzogswalde. Andererseits ist die Landkarte voll von lieblosen Alibi-Arrangements für Anfänger; mit abgewetzten Mattenabschlägen oder Bunkern und Grüns, die so scheibenflach sind, wie man einst die Erde selbst vermutete – und deshalb genauso antiquiert sind wie das damalige Denken.