Der Held der Stunde ist unermüdlich: Nach der Players-Finalrunde hatte Lee Westwood noch über altersbedingte Erschöpfungserscheinungen geklagt („Ich hasse es, das sagen zu müssen“), heute nimmt er nach den zweiten Plätzen beim Arnold Palmer Invitational und im TPC Sawgrass die Honda Classic und Jack Nicklaus‘ „Bear Trap“ in Angriff. Der englische Veteran im zweiten Frühling, der nächsten Monat 48 Jahre alt wird, hatte auf der Schlussstrecke des „fünften Majors“ der PGA Tour zwischenzeitlich „das Gefühl, meine Beine nicht mehr zu spüren“ – aber er hat einen Lauf und will seine Chancen nutzen.
Westwood: Aller guten Dinge sind drei?
Ohnehin genießt er Golf momentan wie nie zuvor, wie selbst zu seinen Hoch-Zeiten von 2010 nicht, als er für 22 Wochen Weltranglistenerster wurde. „Für mich ist Golf längst vor allem nur noch ein Spiel, und genau so gehe ich es an“, sagte „Westy“. „Wir versuchen bloß, einen kleinen weißen Ball in einem kleinen weißen Loch unterzubringen. Bei dem, was gerade in der Welt vorgeht, ist doch einfach klasse, weiterhin einen Job machen zu können, den man liebt.“ Und womöglich erfüllt er ja dieses Wochenende das Credo „Aller guten Dinge sind drei“?
Titelverteidiger Sungjae Im führt das Feld an
An den drei Runden am Montag und Dienstag im Augusta National Golf Club mit Filius Samuel, der Westwoods Lebensgefährtin Helen Storey in Palm Beach Gardens und auch beim Masters als Caddie ablöst, soll es jedenfalls nicht liegen. Wenngleich „der Platz sich so schwierig spielte wie erwartet,“ berichtete der amtierende Race-to-Dubai-Champion. Aber so was kann ja durchaus beflügeln.
Der Rest der Weltelite jedenfalls gönnt sich derweil eine schöpferische Pause. Tatsächlich ist die neuerdings zwischen Players Championship und WGC – Match Play gequetschte Honda Classic trotz der hohen Wohndichte von Stars im Umfeld so schwach besetzt wie selten zuvor. Weltbester im PGA National Resort ist Titelverteidiger Sungjae Im als Nummer 17, nachdem der auf Platz 15 gelistete Daniel Berger gestern von Rückenbeschwerden zum Rückzug gezwungen wurde.
Heimspiel für Martin Kaymer
Martin Kaymer freut‘s. Der 36-Jährige hat auf diese Weise per Sponsoreneinladung Platz im Feld gefunden und genießt ein Heimspiel, weil sein 2017 von Scottsdale/Arizona nach Florida verlegter US-Wohnsitz bloß 15 Autominuten entfernt ist. Ein weiteres gutes Omen für den zuletzt zwar selten, aber ansprechend spielenden zweifachen Majorsieger: Vor vier Jahren belegte Kaymer bei der Honda Classic den geteilten vierten Platz.
Gegenwind für Dustin Johnsons Olympia-Apathie
Im Vorfeld des Turniers sorgen dennoch vor allem jene für Schlagzeilen, die gar nicht dabei sind. Der Weltranglistenerste Dustin Johnson beispielsweise, dessen Apathie gegenüber Olympia („Ich hab‘s einfach schleifen lassen und mich gar nicht gemeldet“) jede Menge Kritik hervorruft. Nachdem ihn Chefnörgler Brandel Chamblee quasi schon als „Vaterlandsverräter“ gebrandmarkt hatte, äußerte sich jetzt auch Thomas Björn in einem mehrteiligen Twitter-„Aufsatz“, gleichwohl moderater.
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My advice to young golfers is..
If you are ever good enough there is two things you should do.
Never miss your national open and play in The Olympics.
When you get older you realise what you have missed out on..— Thomas Bjørn (@thomasbjorngolf) March 14, 2021
Er hätte es sich in seinen besten Jahren gewünscht, an Olympischen Spielen teilnehmen zu können, schrieb der Däne, Europas erfolgreichen Ryder-Cup-Skipper von Paris 2018. Laut Björn sollte „jeder junge Golfer zwei Dinge tun, wenn er gut genug ist: niemals eine heimische Meisterschaft verpassen und bei Olympia spielen. Erst wenn man älter ist, weiß man, was man ansonsten versäumt hat“.
Sandwiches beim Champions Dinner?
Den bekannt stoischen Johnson ficht derlei Unmut vermutlich kaum an. Dieser Tage erschien seine Einladung zum Champions Dinner beim Masters, und prompt kamen natürlich die Fragen, was denn wohl serviert werde? Sandwiches vermutlich, unkten einige Witzbolde, nachdem Johnson im November die belegten Weißbrotscheiben von Augusta National als seine Lieblingstradition bezeichnet hatte – und zwar „alle Sorten“. Der Titelverteidiger selbst hat noch keinen Gedanken ans Menü verschwendet: „Demnächst schreib ich‘s einfach mal auf.“
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Mit derselben Gelassenheit, manche nennen es Lethargie, begegnet „D. J.“ auch dem Hype um Bryson DeChambeaus „Meter-Macherei“, der beispielsweise ein Rory McIlroy auf fatale Weise erlegen ist. Er sei durchaus beeindruckt und habe auch mal kurz drüber nachgedacht, erklärte der 1,93-Meter-Schlaks, zeigte sich freilich auf hohem Niveau genügsam: „Momentan spiele ich mein bestes Golf und kann jeden schlagen. Wenn das indes mal nicht mehr der Fall sein sollte, dann würde ich eventuell was zu ändern versuchen.“
Justin Thomas: „Mit 20 Kilo mehr sähe ich aus wie ein Wasserball“
Ähnlich äußerten sich zuvor bereits Justin Thomas, der wohl gerade mit seiner Players-Trophäe kuschelt, oder Webb Simpson. Während Simpson allein schon den 24/7-Aufwand eines Trainings à la DeChambeau und die damit verbundenen Lebensumstellungen scheut, scherzte Thomas neulich: „Mit 20 Kilo mehr Gewicht würde ich bei meiner Größe aussehen wie so ein aufblasbarer Wasserball.“ Im Ernst: „Ich schlage weit genug, um Turniere gewinnen zu können.“ Was zu beweisen war, siehe Players.
Rory McIlroys fataler Versuch, Bryson DeChambeaus Spiel zu folgen
So oder so ist das Thema Schwungtempo ein schmaler Grat. DeChambeau lieferte selbst die Probe aufs Exempel, als der „Hulk mit dem Holz“ im Sawgrass-Finale auf Bahn 4 seinen Abschlag mit dem Hybrid toppte („So was ist mir im Wettbewerb noch nie passiert“) und keine 130 Meter schaffte, eher der Ball ins Wasser plumpste. Zu allem Überfluss spaltete er beim anschließenden Hieb noch die Sohle seines Eisen 4. „Je härter du schwingst, desto größer ist die Fehlerquote“, sagt Dustin Johnson dazu. „Es geht zu Lasten der Genauigkeit, und mir hilft das nicht.“
Wohin die Experimentierei führen kann, zeigt sich in drastischem Ausmaß bei McIlroy, der das Spiel von DeChambeau mitzumachen versucht und seither keine ordentlichen Drives mehr hinbringt.
Ryder-Cup-Kapitän Padraig Harrington „regelrecht erschrocken“
Nach dem verpassten Players-Cut bekannte der auf Weltranglisten-Platz 11 abgerutschte Nordire: „Ich würde lügen, wenn ich behaupte, dass meine Versuche hinsichtlich etwas mehr Schwungtempo und Länge nichts mit Bryson DeChambeau zu tun haben. Aber das war nicht gut für meinen Schwung, und jetzt muss ich da irgendwie wieder rausfinden.“
Sein Ryder-Cup-Teamchef Padraig Harrington war angesichts dieser Offenbarung nach eigenem Bekunden „regelrecht erschrocken“. „Man muss DeChambeau nicht um jeden Preis über die Geschwindigkeitsmarke von 200 Meilen folgen wollen. Er ist ein toller Spieler, den man fürchten sollte – jedoch nicht wegen seiner Distanzen allein“, erklärte der Ire. „Ein Schwungtempo von 180 Meilen pro Stunde reicht völlig aus, wenn man generell so gut ist wie ,Rors‘.“
Paul McGinleys Kritik an den Längen-Lemmingen
Warum macht der vierfache Majorsieger es dann trotzdem? Paul McGinley hat die Antwort: „Profi-Golfer sind wie Schafe. Sie laufen jedem hinterher, der mit irgendwas Erfolg hat, und wundern sich, wenn das lediglich abwärts führt“, kritisiert McIlroys Kapitän beim Ryder Cup 2014 in Gleneagles den 31-Jährigen und die anderen Längen-Lemminge. „Statt wie Dustin Johnson an seinen Approach-Schlägen aus 150 bis 50 Yards zu feilen, meint einer der besten ,Driver‘ aller Zeiten, er müsse unbedingt zehn, zwölf Meter weiter schlagen – ich fass‘ es nicht!“