Bei der nächsten Verleihung der Oscars sollten Jay Monahan und Keith Pelley im Dolby Theatre zu Hollywood auf der Bühne stehen. Vielleicht, wenn die Goldjungs fürs beste Drehbuch vergeben werden. Was der Commissioner der PGA Tour und der Boss der European Tour seit vergangenem Dezember unter dem Rubrum ihrer strategischen Allianz abziehen, ist ein perfekt choreografierter Handlungsrahmen, der im Gegensatz zu üblichen Thriller-Plots allerdings das Ziel hat, den Showdown zu vermeiden.
Die beiden Golf-Impresarios basteln an einer „Firewall“ gegen all das, was den Fortbestand ihrer Circuits bedroht; setzen Stein auf Stein des Widerstands gegen den einen, den ärgsten Feind, der eine Menge Sand ins wohlgeölte Gefüge des Profibetriebs zu streuen droht – Saudi-Arabien.
Die Saudis und ihr „Sportswashing“
Die Monarchie am Persischen Golf schwingt sich zum Machtfaktor im Golf auf. Vordergründig als Partner, mit ihrem Saudi-International-Turnier etwa, mit den unmoralischen Angeboten an die taumelnde Ladies European Tour, mit dem Business-Gipfeltreffen „Golf Saudi Summit“.
Hinter den Kulissen freilich wird an der „feindlichen Übernahme“ gearbeitet: mit der Premier Golf League oder wie das Konstrukt auch immer heißt, einem Selbstbedienungsladen für saturierte Stars, gepolstert mit Abermillionen der Petrodollars, die Saudi-Arabien für sein „Sportswashing“-Programm locker macht, um die schwarzen und zudem blutigen Flecken auf der Weste des Königreichs am Persischen Golf mit Glanz und Gloria sportlichen Spektakels zu übertünchen. Und als einzigem Spieler gefällt offenbar bloß Rory McIlroy nicht, „wo das Geld herkommt“.
Zuckerbrot und Peitsche
Gegen einen derart schlagkräftigen Usurpator hilft nur der Schulterschluss. Also schmiedeten Monahan und Pelley ihre Allianz, packten Zuckerbrot und Peitsche aus, verteilten Geschenke wie das Player Impact Program und drohten Abweichlern mit lebenslanger Tour-Sperre und Ausschluss vom Ryder Cup.
Während die Anwälte der Gegenseite darob flugs übers Recht der freien Wahl des Arbeitsplatzes zu räsonieren begannen, wiederholten PGA und European Tour das erprobte Prinzip: Erst schlugen sie das Saudi International in Acht und Bann – der Zaster-Zirkus im Royal Greens Golf and Country Club dürfte im künftigen Kalender der European Tour fehlen, die PGA Tour wird ihren Mitgliedern keine Teilnahme-Freigabe mehr erteilen –; dann folgten die netten Nachrichten in eigener Sache.
Irish Open ohne US-Hilfe aufgehübscht – vordergründig
Die Scottish Open wird aufgewertet und neben den Majors und den zwei verbliebenen WGC-Turnieren zum globalen „Get Together“, und mit Genesis bringt Monahan gleich einen PGA-Tour-Sponsor mit – vermutlich nicht den letzten. Zudem dürfen künftig auch European-Tour-Mitglieder ohne Star-Status in den USA aufteen, bei der ohnehin unterrepräsentierten Barracuda bzw. Barbasol Championship, während die Elite Linksgolf spielt.
Und damit’s nicht ganz so nach PGA Tour duftet, dass diese Zugeständnisse an Pelleys Portfolio fast das G’schmäckle einer „freundlichen Übernahme“ bekommen, wird die Irish Open ohne offizielle Hilfe aus den USA finanziell aufgehübscht – seht her, wir können’s auch noch allein! Wenngleich Monahan natürlich nicht vergaß, die Unterstützung bei der Entwicklung weitere kommerzieller Möglichkeiten anzumerken.
European Tour zwischen Golfglück und Untergang
Für Freunde von Symbolik und Metaphorik folgt jetzt ein Appetithäppchen mit bitterem Beigeschmack. Als Bühne für seine Statements zum Thema gemeinsamer Kalender wählte Keith Pelley ausgerechnet die Old Head Golf Links im Süden von Irland, die bei Kinsale weit in den Atlantik ragen.
Während (Privat-)Club und Kurs selbst ein Sehnsuchtsort besonderer Güte sind, geriet das Seegebiet vor der Küste zum nassen Grab für die RMS Lusitania und 1.189 Menschen an Bord, als das britische Passagierschiff während des Ersten Weltkriegs am 7. Mai 1915 vom Torpedo eines U-Boots der deutschen kaiserlichen Marine versenkt wurde.
Milliardenschwerer TV-Deal der PGA Tour
Mit seiner Tour wandelt Pelley gleichermaßen seit Jahren zwischen Golfglück und Untergang, da war und ist jedwede Hilfe der großen Schwester aus Ponte Vedra Beach sehr willkommen.
Die kann es sich leisten, generös zu sein. Mit dem Beginn der neuen Saison am 16. September tritt auch der neue TV-Vertrag in Kraft, der Monahans Mannen über die kommenden neun Jahre rund sieben Milliarden Dollar in die Kassen spült.
Exklusive Events für die Tour-Prominenz?
Mit einem derart großen Los lässt sich den Lockrufen des saudi-arabischen Dollar-Füllhorns trefflich begegnen. Und so gibt’s in der kommenden Spielzeit auf der PGA Tour insgesamt 35 Millionen Dollar mehr zu gewinnen, außerdem wird der Pool des FedEx-Cup von 70 auf 85 Millionen „Bucks“ aufgestockt, allein der Gewinner erhält im August kommenden Jahres 18 statt bislang 15 Millionen Dollar.
Gerüchten zufolge ist überdies wohl schon für 2022/23 eine Serie von hochdotierten Exklusiv-Events für die Beletage der Berufsgolfer geplant – spätestens dann muss sich keine der Koryphäen mehr wegen irgendeiner Premier Golf League das wohlgemachte Bett seiner Heimat-Tour verlassen.
Pelley verspricht Saison auf Höchstniveau
Selbst Keith Pelley, der seine Aktiven vor nicht allzulanger Zeit noch auf dürre Zeiten eingestimmt hat, darf mehr Moneten versprechen: Er sei sehr optimistisch, so der Kanadier in Old Head, dass das noch unveröffentlichte Programm für 2021/22 hinsichtlich Preisgeldern und Turnierangebot wahrscheinlich „das höchste Niveau“ haben werde, dass es in Europa je gegeben habe.
Fazit: Das Golf-Imperium schlägt zurück. Mit regularischem Druck und finanzieller Kraft. Und: „Das ist erst der Anfang davon, wie unser Produkt künftig aussehen wird“, demonstriert „Commish“ Monahan eine breite Brust. Der Adressat dieser Ansage sitzt in Saudi-Arabiens Hauptstadt Riad.