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Golf Post Premium PGA Tour

Ob das gut geht? Die PGA Tour weicht zum Restart ihre Corona-Regeln auf

31. Mai. 2020 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Golfturnier vor leeren Tribünen. Bloß wie lange? (Foto: Getty)

Golfturnier vor leeren Tribünen. Bloß wie lange? (Foto: Getty)

Matthew Fitzpatrick sitzt in Palm Beach und zählt die Tage: Gerade hat der 25-jährige Engländer alle Folgen der Fernsehdoku „The Last Dance“ über Michael Jordan in einem Rutsch verschlungen, vielleicht geht er später als Ausgleich zum „binge watching“ im Bear‘s Club noch ein paar Bälle schlagen – abends, wenn „physical distancing“ mühelos ist. „Der Killer mit dem Kindergesicht“, wie die englische Zeitung „Evening Standard“ einst titelte, ist in Quarantäne.

Quarantäne, Fiebermessen, Rachenabstrich

Im Gegensatz zu seinen Landsleuten Tommy Fleetwood und Lee Westwood sowie etlichen anderen Professionals hat Fitzpatrick für den Restart auf der PGA Tour gemeldet und nach der vom US-Heimatschutzministerium verkündeten Lockerung der Einreisebeschränkungen für ausländische Profisportler gerade noch fristgerecht den Sprung über‘n großen Teich geschafft. Jetzt sitzt er in seinem Florida-Domizil den unvermindert geltenden zweiwöchigen Hausarrest ab, damit er in der zweiten Juni-Woche nach Texas reisen und bei der Charles Schwab Challenge im Colonial Country Club mittun darf.

Einsam aber notwendig: Fleetwood beim Training während des Lockdowns. (Foto: Getty)

Einsam aber notwendig: Fleetwood beim Training während des Lockdowns. (Foto: Getty)

So wie dem fünffachen European-Tour-Sieger geht es gerade rund 150 Professionals und ihren Caddies. Sie hocken daheim oder in gemieteten Quartieren, weil die PGA Tour das zur Auflage gemacht hat, messen täglich Fieber , füllen medizinische Anamnesen aus, dürften nur fürs Allernötigste vor die Tür und müssen unangemeldeter Kontrollbesuche des Centers for Disease Control and Prevention (CDC) gewärtig sein. Zudem kriegen sie per Post ein Kit für den Rachen- bzw. nasalen Abstrich, der anschließend ins Labor geht, um sich unter Videotelefonie-Anleitung eines Arztes auf Covid-19 zu überprüfen.

Eingewickelt in den Corona-Kokon der PGA Tour

Fällt diese Probe ebenso negativ aus wie ein zweiter Test unmittelbar bei Ankunft, öffnet sich der Zugang zum Pandemie-Paralleluniversum der PGA Tour für mindestens die ersten vier Turniere des reanimierten Profi-Programms: angemessene „Klausur“-Hotels für den gesamten Tross; Essenszeiten im Clubhaus; ein weiterer intensiver Speichel-Test nach der dritten Runde; streng getrennte Aktionsbereiche von Spieler und Caddie, damit man sich nicht mal auf der Runde zu nahe kommt; der Transfer zum nächsten Turnierschauplatz via gechartertem Flugzeug – nach derzeitigem Stand eine etatmäßig für 177 Passagiere ausgelegte Boeing 737, deren Kapazität durch Entfernen der Mittelsitze auf 114 Plätze reduziert wird.

Fitzpatrick lässt sich willig in den Corona-Kokon wickeln. „Natürlich hat man gewisse Zweifel, ob das alles gut geht“, sagte er dem „Golf Channel“ im Rahmen seines Quarantäne-Berichts. „Solange wir den Empfehlungen und Anweisungen folgen, wird es wohl keine Probleme geben.“

Empfehlungen statt Bedingungen

Und diesbezüglich stützt sich die PGA Tour mit ihren Maßnahmen und Vorgehensweisen immerhin auf den Top-Epidemiologen Dr. Anthony Fauci, erster Corona-Berater des beratungsresistenten US-Präsidenten. Fauci räumt den logistischen Kraftakt zwar ein, betont indes stets: „Nur so kann es überhaupt gehen, wenn wieder Sport auf breiter Linie stattfinden soll. Das ist halt der Preis.“

Der Mann, der die USA durch die Krise zu lenken versucht: Anthony Fauci. (Foto: Getty)

Der Mann, der die USA durch die Krise zu lenken versucht: Anthony Fauci. (Foto: Getty)

Die PGA Tour hat sich allerdings auf die Summe schon einen Rabatt gewährt, um im Bild vom Preis zu bleiben. Aus den ursprünglich angekündigten Tests an jedem Turniertag ist ein weiterer Check bloß für jene geworden, die danach wieder mit ins Flugzeug steigen wollen. Die Quartiernahme in den Tour-Hotels ist mittlerweile keine Bedingung mehr, auch der Flug nur noch eine Empfehlungen. Wer individuell wohnt und reist, dem wird die Einhaltung der gesundheitlichen Vorgaben unter Hinweis auf die „enorme Verantwortung“ gegenüber dem Umfeld und der Allgemeinheit gerade mal „dringend empfohlen“.

Was ist aus der ehernen Haltung geworden?

So hat sich quasi über Nacht der ursprünglich unglaublich hohe Aufwand an Testkits und Laborkapazitäten von ein paar tausend auf rund 400 pro Turnierwoche reduziert. Helfer, Medienleute und wer sonst für die Durchführung eines solchen Events vonnöten ist, werden nämlich nicht mehr getestet, wohnen auch nicht in den Tour-Hotels. „Physical Distancing“ allein soll‘s hier richten.

So weicht bereits jetzt auf, was Commissioner Jay Monahan noch vor wenigen Wochen in eherner Haltung als unumstößlich bezeichnet und mit dem Bedarf von einer Million Tests bis zum Saisonende sowie verlässlichen Schnell-Analysen untermauert hat, im Original-Wortlaut und damit wenig interpretierbar: „The health and safety of all associated with the PGA Tour and our global community continues to be our No. 1 priority, and our hope is to play a role – responsibly – in the world’s return to enjoying the things we love.“

Vorerst bleibt‘s wenigsten bei fanfreien Turnieren

Freilich, ein bisschen war‘s zu erwarten: The Show must go on, just im März hat die PGA Tour einen milliardenschweren Neun-Jahres-Fernsehvertrag mit CBS, NBC und ESPN unter Dach und Fach gebracht. Der gilt zwar erst ab 2022, doch Handlungsfähigkeit selbst unter besonderen Widrigkeiten kommt selbst in vorauseilendem Gehorsam bei Partner gut an – folglich wird passend gemacht, was passen muss. Ob das gut geht?

Im 37-seitigen Gesundheitskonzept der Tour ist gleich gar nicht geklärt, was im Fall positiver Tests geschieht. Klar, für Betroffenen gilt umgehend wieder Quarantäne. Und wie geht es mit dem Turnier weiter? Nicht jeder Infizierte zeigt bekanntlich messbare Symptome, war bereits bzw. ist aber womöglich hochansteckend …

Wenigstens widersteht die PGA Tour dem Impuls, ihre Gladiatoren direkt wieder einem Live-Publikum vorzuführen, obwohl der texanische Gouverneur Greg Abbott Sportveranstaltungen mit einer auf 25 Prozent reduzierten Zuschauerkapazität freigegeben hat. Das ist im Sinne der Allgemeingesundheit nur richtig, gleichwohl ebenfalls nicht ohne – vermutlich einkalkulierte – Brisanz.

Leere Räng wie 2012 beim AT&T National. Der Grund damals: Stürme. (Foto: Getty)

Leere Räng wie 2012 beim AT&T National. Der Grund damals: Stürme. (Foto: Getty)

Ausrichtenden Anlage fehlen die Einnahmen

Denn nicht nur ein Brooks Koepka findet Turniergolf ohne Fans „ziemlich schräg und schrecklich“. Auch die vier kommenden Ausrichter, also die Anlagen, lutschen einen bitteren Drops. Während die Tour ihre Schäfchen munter auf die Weide führt, spricht TV-Partner und Großsponsoren mit Show und Wirkmacht bedient, gucken der Colonial Country Club, die Harbour Town Golf Links, der TPC River Highlands und der Detroit Golf Club belämmert in die Röhre.

Ihnen fehlen schlichtweg die Einnahmen aus den Corporate-Sponsoring-, Pro-Am-Veranstaltungen oder VIP-Zelten sowie durch den Besucherbetrieb an Ticketschaltern, Fressbuden und Getränkeständen. Hollis Cavner, Organisationschef der abgesagten Valspar Championship (ursprünglich 19. bis 22. März) hat dem „Golf Channel“ offenbart, dass es schlimmer und teurer sei, ein Turnier ohne Fans durchzuführen als es ausfallen zu lassen.

Was bleibt als Fazit? Die neue Tour ist ein gigantisches Experiment – bleibt abzuwarten, wie‘s in der Praxis wird und wie es ausgeht. Bis zum 11. Juni und dem ersten Abschlag der Charles Schwab Challenge fließt noch viel Wasser den Trinity River bei Fort Worth hinunter. Zumal in diesen Zeiten …

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