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Golf Post Premium Profisport Damen

Noch immer gilt Gary Players Wort: „Frauengolf wird furchtbar vernachlässigt“

20. Sep. 2023 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

(Foto: Getty)

Gipfeltreffen der Golf-Damen beim Solheim Cup: „Der Durchschnittsgolfer weiß gar nicht, wie gut sie spielen können“, sagt beispielsweise Gary Player. (Foto: Getty)

Gratulation, der Preis für den Chauvi des Jahres geht schon jetzt an den unbekannten Twitter-User, der dem amerikanischen Statistik-Guru Lou Stagner neulich folgende Nachricht geschickt hat: „Ich habe Handicap 3, spiele 6.900-Yards-Plätze und schlage meine Drives 290 Yards weit. Auf der LPGA Tour würde ich jedes Mal den Cut schaffen und Plätze in den Top-20 belegen.“ Na klar doch; träum weiter! Stagner kommentiert denn auch entsprechend: „Dieser Typ würde bei jedem Turnier als DFL enden“, was für „gottverdammter Letzter“ steht.

Damit könnte man es bewenden lassen. Doch die Anmaßung des anonymen Angebers ist weit mehr als das übliche Pöbel-Posting eines Tastatur-Titanen, dem die sozialen Medien Plattform und Freiraum für Logorrhoe bieten. Dahinter steckt eines der großen Missverständnisse der Menschheit: Nämlich, dass man(n) als x-beliebiger Freizeitgolfer mit einstelligem Handicap eine Tour-Proette auf dem Platz schlagen kann. Oder zumindest mithalten kann. Auf einem Kurs im Turniertrimm und vor Tausenden von Zuschauern womöglich – was für eine maßlose Selbstüberschätzung.

Statistiken sprechen deutliche Sprache

Solche Halluzinationen halten sich tatsächlich hartnäckig, obwohl eine Menge Zahlen ganz andere Sprache sprechen und Scratch-Medienkollegen in den USA immer mal wieder per Selbstversuch das Gegenteil dokumentieren. Mit einigem Erstaunen oftmals, schlimm genug. „Frauengolf wird furchtbar vernachlässigt, und das ist nicht fair“, hat Gary Player noch vor zwei Jahren anlässlich des Solheim Cup in den USA gesagt. „Der Durchschnittsgolfer weiß gar nicht, wie gut sie [die weiblichen Professionals] spielen können.“ Das Wort des „Black Knight“ und neunfachen Majorsiegers gilt bis heute, wenn diese Woche der Kontinentalwettbewerb der Damen im spanischen Finca Cortesin steigt.

Ja, das Spiel mag auf dem Top-Level für Männer wie Frauen aufgrund der physischen Differenzen unterschiedlich sein, aber die so gern diskreditierten Damen spielen deswegen beileibe nicht schlechter. Bloß anders. Und darin sind sie deutlich besser. Zwei Statistiken mögen das belegen: 2017 belegte Lexi Thompson mit einer Quote von 79,8 Prozent getroffenen Grüns „in regulation“ den Spitzenplatz des entsprechenden LPGA-Rankings. Dustin Johnson als seinerzeitige Nummer eins auf der PGA Tour brachte es lediglich auf 72,6 Prozent.

Damen in puncto Präzision weit vorn

Im Juli dieses Jahres wiederum wies „Cookie Jar Golf“ darauf hin, dass Russell Henley mit 72,42 Prozent getroffenen Fairways Führender auf der PGA Tour in Sachen Präzision vom Abschlag sei, diese Quote auf der LPGA Tour allerdings nur für Rang 77 reichen würde. Dort dominierte damals Lizette Salas mit 88,9 Prozent getroffener Fairways. Erst ab Platz 23 sank die Trefferrate unter die 80-Prozent-Marke.

 

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Klar, die Männer sind länger, und von Fred Funk ist sogar der Spruch überliefert, er sei mit dem Alter kürzer geworden – in puncto Schlagdistanz – und müsse daher wohl auf die Damentour wechseln. Da ist es mit fünf Dollar ins Chauvi-Schwein nicht mehr getan, so ein Spruch hat was von Sexismus. Und ein bisschen weniger Schwungtempo ist offenbar zumeist ein deutliches Mehr an Richtung. Erst recht brillieren die Damen bei den Approaches und rund ums Grün.

Wie schwärmte einst der ehemalige US-Open-Champion Geoff Ogilvy in einem Beitrag für „Golf Australia“: „Ich bin überzeugt, dass eine Lydia Ko [als damalige Nummer eins der Welt] aus 200 Yards und weniger besser ist als die große Mehrheit der männlichen Profis. Sie ist einfach wahnsinnig gut. Das gilt für alle Top-Spielerinnen, die ihre Schläge ins Grün durchweg näher an die Fahne schlagen als wir Pros.“

„Das hat mit Technik zu tun, nicht mit Power“

Sowieso, „ein Freizeitgolfer kann sich von den Frauen viel mehr abschauen als von den Männern und fürs eigene Spiel adaptieren“, hat auch Elisabeth Esterl, die ehemalige deutsche Nummer eins und erste deutsche Solheim-Cup-Spielerin, kürzlich an dieser Stelle noch gesagt: „Was die McIlroys und DeChambeaus abliefern, ist brutal. So weit wie die schlagen, fliege ich in den Urlaub. Bei Amateuren, die so draufzuhauen versuchen, geht’s höchstens kreuz und quer in alle Richtungen.“ Und: „Wenn eine Frau den Ball gut nach vorn bringt, dann hat das mit Technik zu tun und nicht mit Power.“

 

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Um der Wahrheit Genüge zu tun: Es hat sich ja tatsächlich was getan hinsichtlich des Ansehens und der öffentlichen Wahrnehmung von Damengolf. Durch den Triumph von Linn Grant beim Scandinavian Mixed 2022 beispielsweise. Oder dank der zwei Kenia-Erfolge von Ester Henseleit und den LET-Siegen von Chiara Noja, Olivia Cowan, und Patricia Isabel Schmidt im vergangenen Jahr sowie von Alexandra Försterling am jüngsten Sonntag in der Schweiz. Nicht zuletzt, weil die Damen durch Auftritte auf Renommierplätzen wie Muirfeld (Women’s Open 2022) und Pebble Beach (US Women’s Open 2023) für Aufmerksamkeit sorgen, wie US-Solheim-Cup-Skipperin Stacy Lewis unlängst bestätigt hat.

Hull und die Herausforderung des 3er-Handicappers

Apropos Damen-Major: The Amundi Evian Championship ist ein weiterer Meilenstein für die Reputation der weiblichen Version des Spiels. „Chancengleichheit ist Teil unserer Unternehmensphilosophie“, sagt Daniel Reiz, der Marketing-Chef des Haupt- und Titelsponsors Amundi. „Wir haben uns bewusst für das Thema Damengolf entschieden, weil wir damit Eigenschaften wie Power und Präzision verbinden. Uns geht es darum, die Faszination des Frauensports erlebbar zu machen.“ Bestaunen können wir Hobby-Golfer das direkt ab Freitag, wenn Europas Titelverteidigerinnen in Andalusien den Solheim Cup zu verteidigen trachten.

Und um diesen Beitrag zu beschließen, wie er begonnen hat: Solheim-Cupperin Charley Hull hat die Herausforderung des eingangs erwähnten Lautsprechers übrigens angenommen. „Wir klären das mit einem Match“, schrieb die Engländerin. „Ich lasse ihn von den roten Tees spielen und schlage selbst von Weiß ab.“

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