Diese sechs Tage zwischen Ende März und Anfang April sind für Golfpuristen und -nerds eine Art Jackpot. Sechs Richtige halt. Wenn man in der Lotterie gewinnt. Ein paar wenige Glückliche haben noch bis morgen die Möglichkeit, den berühmtesten Golfplatz der Welt, die Blaupause für Kurse allüberall auf dem Globus, die Kathedrale des Spiels – und was dem Geläuf sonst noch an Kränzen geflochten wurde – so zu spielen, wie der Lauf der Löcher eigentlich gedacht war: rückwärts, rechtsherum, im Uhrzeigersinn. Und das ist jetzt kein später Aprilscherz.
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Die Rede ist natürlich vom Old Course in St. Andrews, dem ältesten noch existierenden Parcours, der von Menschenhand gepflegt wurde. Allen voran natürlich von Old Tom Morris, dem Godfather of Golf, dem Patriarchen der Platzgestaltung. 1870 löste der große Mann das Doppelgrün von Bahn 1 und Bahn 17 auf, schuf dadurch das heutige Arrangement mit sieben Doppelgrüns, vier Einzelgrüns und somit die Möglichkeit, gegen den Uhrzeigersinn zu spielen – wie man es von der Open Championship oder der Alfred Dunhill Links Championship kennt.
Ursprung in der Reduktion von 22 auf 18 Löcher
Zuvor war’s 106 Jahre anders gehandhabt worden, nachdem die damalige Society of St Andrews Golfers – später der Royal & Ancient Golf Club of St. Andrews – am 4. Oktober 1764 entschieden hatte, die Aufteilung der Fläche der Materialentwicklung anzupassen – ja, die Problematik gab es damals schon – und aus den vier kurzen ersten sowie den vier kurzen letzten Bahnen des ursprünglichen 22-Loch-Ensembles jeweils zwei Löcher zu machen, was schließlich 18 Löcher ergab, die seither das Maß der Dinge auf einem Golfplatz sind.
„Einmal rückwärts spielen, bevor ich diese Welt verlasse“
Viele Jahre lang wurde der Platz abwechselnd auf beiden Bahnen gespielt, und noch in den 1970er Jahren wurde er jeden Winter einen Monat lang im Uhrzeigersinn bespielt. Doch dann geriet die ursprüngliche Abfolge fast in Vergessenheit, existierte zuvorderst in den Köpfen von Golfgelehrten und in den Träumen von Golfgourmets. Allenfalls ab und an luden die Granden in St. Andrews noch mal zu einer Runde „reverse“.
Selbst Tiger Woods hat das noch auf der Bucket List. „Ich möchte den Old Course einmal rückwärts spielen, bevor ich diese Welt verlasse“, hat der 15-fache Majorsieger schon vor Jahren wissen lassen: „Ich glaube, das wäre ein Riesenspaß. Auf einmal würde dann klar werden, warum bestimmt Bunker nur vermeintlich an einer unsinnigen Stelle platziert sind.“ Oder anders: Im Grunde sind sie alle, 112 an der Zahl, an den falschen Stellen. Doch, so Woods, „wenn man den Old Course rückwärts spielt, ergibt es auf einmal sehr offensichtlich Sinn“.
Road Hole Bunker wird zum ballfressenden Biest
Bestes Beispiel ist der berühmte Road Hole Bunker an der linken vorderen Seite des 17. Grüns, der letztlich nur im Weg ist, wenn man den Drive nach links verzogen hat. „Reverse“ allerdings ist das trotzdem berüchtigte Sandloch erst recht ein ballfressendes Biest. Dann geht’s nämlich vom ersten Abschlag übers 18. Fairway und von der anderen Seite über die Swilcan Bridge aufs 17. Grün, wo der Road Hole Bunker diesmal rechts hinten lauert und damit voll im Spiel ist. Das Beispiel zeigt schon, wie die Runde rückwärts läuft: anschließend vom aktuellen 18. Abschlag übers 17. Fairway zum 16. Grün – und so weiter.
„Wichtiger Teil der Geschichte des Old Course“
Seit diesem Jahr soll’s das wieder regelmäßig geben. Wenigstens für eine spezielle Woche im Jahr, die gerade seit dem 28. März und noch bis zum 2. April Premiere feiert. Der St. Andrews Links Trust, zuständig für alle Kurse im Home of Golf, schreibt fortan jedes Jahr im frühen Frühjahr eine sechstägige Phase aus, in der tageweise wechselnd in unterschiedlicher Richtung gespielt wird. „Die Bahnenfolge gegen den Uhrzeigersinn ist ein so wichtiger Teil der Geschichte und der Entwicklung des Old Course, dass wir es für wichtig halten, Golfern aus nah und fern diese Möglichkeit zu eröffnen“, sagt Links-Trust-Chef Neil Coulson.
Paketangebot für 670 Euro
Das Dreitages-Angebot für 2024 beinhaltete jeweils einen Umlauf in unterschiedlicher Richtung auf dem Old Course sowie eine Runde über den Castle Course, alles samt Verpflegung und zum Preis von 575 britischen Pfund, rund 670 Euro. Der Haken an der Sache: Das 48-stündige Bewerbungsfenster für die entsprechenden Tee Times war bereits am 11. und 12. Dezember 2023 geöffnet – aber der nächste Dezember kommt bestimmt.