Der große Harry Belafonte hat die Bürgersteige von Havanna besungen, demnächst kommt Barack Obama zum Staatsbesuch, der erste US-Präsident seit 88 Jahren: Die Rede ist von Kuba, jener größten Karibikinsel, die als kommunistisches Bollwerk unmittelbar vor Amerikas Haustür jahrzehntelang in Acht und Bann geschlagen war. Und wenn der Golf-„Nerd“ Obama kommt, dann stellt sich unweigerlich die Frage, wie‘s auf Kuba um das Spiel bestellt ist?
Grundsätzlich ist der heute sozialistische Inselstaat längst eine begehrte Urlaubsadresse, auf der Golflandkarte freilich nahezu ein weißer Fleck. Das soll sich gravierend ändern. Knapp ein Dutzend Projekte sind in Planung, um Kuba auch aufs Radar der Golfer zu bringen.
Investitionen in dreistelliger Millionen-Höhe
In den Startlöchern stehen Briten, Kanadier und natürlich die Chinesen. Seit die USA das Embargo erheblich gelockert haben, passiert, was in dergleichen Fällen immer geschah: Die Investoren haben Witterung aufgenommen, das „Big Business“ steckt auf der sprichwörtlich grünen Tourismuswiese seine Claims ab. Das ist allerdings vor Ort nicht unwillkommen, denn Kuba will sich für den Urlaubsmarkt aufhübschen. Es geht um Investitionen in dreistelliger Millionen-Höhe. Um Hotelanlagen, Jachthäfen – und Golfplätze. „Golf ist der Schlüssel zum touristischen Gedeihen Kubas“, sagt Sandino Fernandez vom staatseigenen Projektentwickler „Palmares“.
Dabei hat Kuba durchaus eine Golfhistorie, schon seit Anfang des vergangenen Jahrhunderts. Stararchitekt Donald Ross schuf damals mit dem „Havana Biltmore Golf Club“ und dem „Country Club of Havana“ zwei Design-Juwelen. 1927 setzte US-Chemie-Magnat Irénée du Pont ein Märchenschloss an Kubas Nordküste, taufte es „Xanadu“ und ließ einen Neun-Loch-Golfplatz anlegen. 1940 spielte Sam Snead ein gut dotiertes Schaumatch gegen den kubanischen Champion Rufino Gonzalez. In den 1950er-Jahren weilten zudem Arnold Palmer, Ben Hogan und Co. auf der Insel, Havannas „Country Club“ stand elf Jahre lang im Turnierkalender der PGA.
Castro und Guevara planierten Plätze
Dann kam die Revolution von 1959, Fidel Castro und Che Guevara stürzten Diktator Batista, ächteten den „spießbürgerlichen“ Zeitvertreib Golf und planierten in der Folge das gute Dutzend Plätze, diese Symbole kapitalistischer Dekadenz. Dabei waren die beiden „Chef-Aufrührer“ dem Spiel keineswegs abhold, ließen sich 1961 im „Colinas de Villareal Golf Club“ sogar medienwirksam am Schläger ablichten, in Militärstiefeln und Armeedrillich.
Überlebt hat die Säuberungsaktion nur der „Havana Golf Club“, einst als „Rover Athletic Club“ von der britischen Botschaft betrieben und 1980 verstaatlicht, heute ein eher schäbiges Neun-Loch-Ensemble am Rand der Hauptstadt. So, wie Golf auf Kuba insgesamt zur Bedeutungslosigkeit verkam. „Bei uns existiert schlicht keine Golfkultur“, berichtet Johan Vega, der im „Havana Golf Club“ die Stellung hält: „Wenn du über Birdies und Bogeys sprichst, guckt dich jeder verständnislos an.“ Von Tiger Woods haben die Kubaner, vielleicht mit Ausnahme der rund 300 aktiven Golfer, ebenfalls noch nie was gehört.
Varadero noch das einzige Golfresort
Seit 1998 indes hat Kuba auch eine 18-Loch-Anlage. „Varadero“ entstand auf der Fläche des einstigen Du-Pont-Kurses, „Xanadu“, das vierstöckige „Ferienhaus“ voller Edelholz und Marmor, avancierte zum Klubhaus plus Boutique-Hotel. Der Parcours selbst hat den typischen Florida-Stil: flach, mit Palmen und Wasserhindernissen gespickt. Für 120 Dollar Greenfee (110 Euro), Leihschläger und Cart inklusive, gibt‘s eine Mischung aus exotischem Parkland- und Linkscharakter mit dem 1. und dem 18. Loch unmittelbar am Atlantik. 36.000 Runden werden jährlich gespielt, zumeist von Europäern und Kanadiern. Zwei Mal richtete die European Tour auf „Varadero“ übrigens ihr Quali-Finale aus.
Ohnehin ist die Halbinsel Hicacos der Tourismus-Hot-Spot auf Kuba. Annähernd 50 Resorts drängeln sich entlang des 20-Kilometer-Streifens. 13 neue Golfplätze sollen in naher Zukunft auf der gesamten Insel entstehen, trotz des anhaltenden Verbots von privatem Grundbesitz. Nur die „Goldgräber“ aus den USA sind noch außen vor, solange das Embargo nicht gänzlich aufgehoben ist. Aber vielleicht ändert sich das nach dem Besuch des „First Golfer“.