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Mehr Trauerspiel denn Turniertauglichkeit: War’s das, Tiger Woods?

21. Feb. 2024 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

„Die letzten anderthalb Jahrzehnte waren vor allem eine Geschichte der Selbstzerstörung“: Tiger Woods beim Abgang im Riviera Country Club. (Foto: Getty)

Hideki Matsuyama hatte nur einen Wermutstropfen im Freudenbecher. „Ich war etwas enttäuscht, dass ich kein Foto mit Tiger machen konnte“ bedauerte der Japaner nach der Siegerehrung im Riviera Country Club. Doch der krankheitsbedingte Ausstieg des Genesis-Gastgebers sorgte nicht nur beim Masters-Champion von 2021 für gemischte Gefühle. Mit dem Abgang von Woods sei ein bisschen die Luft raus gewesen, hieß es in US-Medien, zumal auch „All American“ Jordan Spieth wegen seines Scorekarten-Schnitzers vorzeitig die Tasche packen musste – trotz all der anderen Stars im Feld. Im Netz sammelten sich derweil neben Genesungswünschen auch eher pessimistische Prognose und vereinzelte Rücktrittsforderungen.

Die sprichwörtlichen neun Leben einer Katze

Und nein, das hatte nichts mit der Horrorshow um Tiger Woods zu tun, als der Superstar seine zweite Runde nach sechs Löchern abbrach, per Cart vom Platz gefahren wurde und im Clubhaus verschwand, wo kurz darauf ein Krankenwagen vorfuhr und Sanitäter ein und aus gingen. Eine Grippe kann jeden mal ereilen.

Auslöser der Skepsis waren vielmehr die Rückenprobleme während der ersten Runde. Krämpfe seien es gewesen, bekannte Woods zur Erklärung seines veritablen Shank auf der 18. Bahn. Zur Abwechslung ging es mal nicht um das „kaputte“ rechte Bein, sondern um den Rücken. Mal wieder. Dem Beobachter drängt sich die Frage auf: Wie viele sportliche Leben hat „Big Cat“ noch, wie viele der sprichwörtlichen neun hat die große Katze auf dem jahrelangen Leidensweg bereits verbraucht? Oder war’s das jetzt?

 

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Einmal mehr weicht die Euphorie der Ernüchterung

Nun ist der Fuß ok, die plantare Fasziits ausgeheilt, nach OP, Versteifung und abgeklungener Entzündung der Sehnenplatte in der Fußsohle. Dafür meldet sich erneut der Rücken, dem der Stress von 18 Löchern „unter Volllast“ offenbar nicht bekommt. Und einmal mehr weicht die Euphorie über das nächste Comeback des Tigers der Ernüchterung, wird die nicht zuletzt von ihm selbst wo vollmundig beschworenen Turniertauglichkeit ein Trauerspiel. Wie so oft in den vergangenen Jahren, und nicht erst seit jenem verhängnisvollen und beinahe tödlichen Autounfall vom Februar 2021.

Der Woods’sche Kreuzweg begann schon viel früher, eigentlich bereits 2008, als er mit Haarriss im Schienbein die US Open gewann. Danach: Skandale, Operationen, Tablettensucht, und zwischendrin Rücken, Rücken, Rücken. Das Zwischenhoch von Tour Championship 2018 und Masters 2019 muten in der Rückschau wie die Ausnahmen an, die allenfalls die Regel bestätigen.

Den 83. Tour-Sieg nach wie vor auf dem Schläger

Letztlich schleppt sich Woods seither nach dem Prinzip Hoffnung über die Fairways. Nicht golferisch. Wenn alles andere stimmt, kann er nach wie vor mehr als nur mithalten. Diesen 83. Erfolg hat er immer noch auf dem Schläger, der ihn zum alleinigen Rekordsieger auf der PGA Tour machen würde. Doch es drängt sich aus gegebenem Anlass sehr unliebsam ins Gedächtnis, was Woods vor Jahresfrist an selber Stelle sagte: „Der Zeitpunkt wird kommen, an dem mein Körper mir den Wettbewerb auf diesem hohen Niveau nicht mehr erlaubt. Und das wird wahrscheinlich eher früher als später sein.“

Aber: Welcher Teil meines Körpers lässt mich heute im Stich?

Zudem scheint Woods ein entscheidender Wettbewerbsvorteil abhandenzukommen: Die Aura von Wettkampfhärte und unerschütterlichem Selbstvertrauen; die Fähigkeit, sein Spiel der Situation und den gegebenen Umständen auf dem Platz anzupassen, sich jeder Herausforderung stellen zu können. Jon Rahm beispielsweise strahlt das aus. Der Tiger eher nicht mehr. Wie auch, wenn sich am ersten Abschlag die Frage ins Gehirn bohrt: Welcher Teil meines Körpers lässt mich heute im Stich?

„Mir fehlte die Schärfe und ein Gefühl für die Runde“, sagte Woods selbst. Es ist jenes Quäntchen, das den Unterschied ausmacht und das noch so viel Training und Ehrgeiz nicht ersetzen können. Wettkampfhärte holt man sich im Wettkampf, nur und ausschließlich dort. Woods freilich hat in den vergangenen drei Jahren gerade mal 26 vollen Runden Turniergolf gespielt. „Es ist unmöglich, sich darauf vorzubereiten“, bestätigte der 48-Jährige. „Ich verlasse mich so sehr auf meine Erfahrung und darauf, dass ich es schon lange mache. Aber immer noch ist da am ersten Abschlag eines Turniers dieser Adrenalinstoß – der Ball geht weiter, die Geschwindigkeit steigt, die Yardages sind anders als zu Hause. Alles ist einfach anders.“

„Bewundere den Kampfgeist, den Tiger  an den Tag legt“

Im Format „Ask Alan“ des Investigativjournalisten Alan Shipnuck stellte dieser Tage jemand die prosaische Frage: „Ist es für Tiger nicht allmählich an der Zeit, in den Sonnenuntergang zu reiten?“ Der Experte zog sich diplomatisch aus der Affäre. „Das haben weder Sie noch ich zu entscheiden. Er hat sicherlich das Recht, seine Karriere zu beenden, wie es ihm verdammt noch mal gefällt“, schrieb Shipnuck. Dennoch sei es schwierig, den Niedergang von Woods zu beobachten: „Während die sozialen Medien bei jedem Start hyperventilieren, empfinde ich in erster Linie Wehmut oder vielleicht sogar Traurigkeit. Die letzten anderthalb Jahrzehnte waren vor allem eine Geschichte der Selbstzerstörung. Ich bewundere den Kampfgeist, den Tiger weiterhin an den Tag legt.“

Palmer oder Players – und dann das Masters

Genau dieser Kampfgeist, dieser Wille, wird Woods weitermachen lassen. Nötig hat er es natürlich längst nicht mehr, doch er will nicht als geschlagener, gebrochener Mann abtreten. Jedenfalls nicht, solange er fühlt, dass dieses von ihm so oft beschworene „W“ noch in ihm ist, ein Win, vielleicht der letzte auf der regulären Tour. Manche haben den „Vergrippten“ bereits diese Woche zur Mexico Open eingeschrieben, doch da ist der Wunsch wohl Vater des Gedankens. Seriös darf man den 15-fachen Majorsieger erst wieder beim Arnold Palmer Invitational (7. bis 10. März) oder bei der Players Championship (14. bis 17. März) erwarten. Und dann kommt im April das Masters, jenes Turnier, das der Tiger so exzellent zu gewinnen versteht.

 

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