Was kommt dabei heraus, wenn sich 20 Journalisten aus acht europäischen Ländern unter nordafrikanischem Himmel zum Golf treffen? Jede Menge Spaß. Einige neue Freunde. Und manch überraschende Erkenntnis. Zum Beispiel die, dass Tunesien zu Unrecht bislang ein blinder Fleck auf der eigenen Golflandkarte war. Und natürlich keimt jetzt hier und da der Verdacht, dass jemand, der eingeladen wurde, natürlich im Gegenzug den Gastgeber über den grünen Klee lobt.
Aber das wird doch gar nicht erwartet, zumal das Maghreb-Land mit seiner 1.300 Kilometer langen, zumeist aus Sandstränden bestehenden Küste und dem reichen kulturellen Erbe, insbesondere aus den Großzeiten der Handels- und Seemacht Karthago, touristisch längst gut erschlossen ist.
„Tunesien ist zurück“
Sowieso ging‘s vor allem um Golf. Um einen kleinen kollegialen Wettbewerb, organisiert und ausgerichtet vom tunesischen Tourismus-Büro, sogar per Banner angekündigt als „Tunisia International Media Tournament“, dabei wollten wir doch bloß spielen… Zehn Anlagen hat Tunesien als Ganzjahres-Golfziel, insgesamt 243 Löcher, die sich durch Olivenhaine und Pinienwälder ziehen oder von Eukalyptus und Palmen flankiert werden, selbst im Dezember hat‘s im Zentrum der Mittelmeerregion durchschnittlich noch knapp 12 Grad, reichlich Sonnentage sowieso.
Ein Wort noch zum Thema Sicherheit. Hand aufs Herz, darüber macht man sich doch Gedanken vor solchen Reisen, erst recht nach den Anschlägen 2015 in Sousse – auch noch erste Station unseres Turniertrips – und in Tunis, die das Tourismusaufkommen um fast 50 Prozent sinken ließen. Das Auswärtige Amt führt Tunesien immer noch mit dem Hinweis auf ein „erhöhtes Risiko terroristischer Anschläge“, aber die Reisebranche erholt sich stetig, und die Touristiker sagen: „Tunesien ist zurück“.
260.000 Golfer kommen jedes Jahr, ein Drittel davon aus Deutschland. Vor Ort wirkt die Präsenz der Polizei unübersehbar, aber nicht bedrückend. Ohnehin zeigen die jüngsten schrecklichen Ereignisse, wie relativ der Begriff Sicherheit ist, auch wenn die Reise nicht in ein eher exotisches Land führt.
Port El Kantaoui: Drives mit Meerblick
Sousse also, Port El Kantaoui: Der Panorama Course ist ein idealer Auftakt. Das Geläuf schlängelt sich nach sechs flachen Löchern durch eine interessante Hügellandschaft, Architekt Ronald Fream hat etliche Wasserhindernisse eingebaut, erhöhte Abschläge zum Schluss der Runde bieten – wie‘s der Name verspricht – tolle Aussichten auf Hafen und Meer und wecken Vorfreude auf einen Bummel durch die charmante Marina. Wenn man nicht noch ein paar Bälle auf dem Sea Course schlagen will, der ältere Bruder vom „Panorama“, etwas länger, aber weniger anspruchsvoll, weil komplett flach.
Wir belassen es bei einer Rundfahrt und nehmen einen „Runden-Absacker“ mit Blick auf Jachten und Shopping-Arkade.
Citrus: Doglegs und blinde Schläge
Citrus ist vielleicht das bekannteste Golfresort Tunesiens. Weil Hammamet mit seiner historischen Medina, 80 Kilometer südlich der Hauptstadt Tunis, die Vorzeige-Destination war, um internationale Touristen ins Land zu locken. Für uns Journalisten steht „La Forêt“ auf dem Programm, hügelig, mit Doglegs, die sich um Pinien winden, blinden Schlägen und Grüns zwischen Wasser und Bunkern. Bei Loch 6, einem Par-3, führt der Weg zum Plateau-Grün nur über eine Respekt einflössende Schlucht. Die Par-5-12 hingegen schwingt sich förmlich majestätisch zu Tale, rund ums Grün stehen Kakteen in einer Waste Area Spalier, aufmerksame Zeugen guter Schläge, aber meint ist kichern zu hören, wenn der Ball im Dreck landet.
Auch Citrus ist ein Werkstück von Ron Fream, der Kalifornier und seine Firma Golfplan sind so ‘was wie Tunesiens Haus- und Hofdesigner, hatten lediglich bei drei Plätzen nicht die Finger am Plan.
The Residence: Trent Jones vom Feinsten
Einer davon ist The Residence Tunis, ein außergewöhnlicher Parcours modernster Provenienz, von Robert Trent Jones II 2008 in das salzige Terrain am Rande des Tourismus-Hotspots Gammarth gepflanzt. Pikanterweise liegt Golf de Carthage direkt nebenan, Tunesiens erster Golfplatz, entstanden schon 1920, keine 4.500 Meter lang und ohne Par-5, „old school“ vom ersten Abschlag bis zum letzten Grün, und ein „Must Play“ für Nostalgiker.
Die Front Nine von „The Residence“ wird auf lange Strecken von Ferienhäusern flankiert, besonders auf der zweiten Schleife eröffnen sich dafür großartige Fernblicke aufs Watt. Der Kurs, generell Trent Jones vom Feinsten, ist naturgemäß flach, aber ein echtes Brett, das exakte Drives und präzises Spiel auf die Grüns fordert, um die Runde zum Erfolgserlebnis zu machen. Zumal die Konzentration vor allem auf der Back Nine von der wilden Marschlandschaft ziemlich gefordert wird.
Entsprechend zerzaust fühlt man sich beim Betreten der Clubhaus-Terrasse – ein bisschen so wie die Ruinen des alten Karthago im heutigen Vorort von Tunis, wo Tunesien dem großen Feldherrn Hannibal huldigt, im dritten Jahrhundert vor Christus als größter Stratege der Antike bekannt und von Rom gefürchtet.
Tabarka, Linksjuwel im Nordwesten
Aber das ist im Wortsinn eine andere Geschichte. Reden wir stattdessen noch über Tabarka im äußersten Nordwesten Tunesiens. 2016 hat Fream den 18-Loch-Platz an und über der Küste komplett renoviert und in eine atemberaubende Mischung aus „Cliffhanger“ und Linkskurs verwandelt. Wir haben leider bislang nur Fotos gesehen, aber Tabarka muss ganz offensichtlich Vergleiche mit mediterranen Juwelen wie Costa Navarino in Griechenland oder den Lykia Links in der Türkei nicht scheuen und gehört unbedingt auf die „Bucket List“!
Bleibt noch das Ergebnis des Medienturniers nachzutragen. Sieger wurde ein Kollege aus Spanien, gewonnen aber haben alle bei diesem ebenso anspruchsvollen wie vergnüglichen 54-Loch-„Battle“. Und, Sarah, Carlos, Eduardo: So viel gelacht wie mit Euch in Citrus habe ich noch nie auf einer Golfrunde!