"Ich versuche meinen Fokus zu verlängern indem ich meditiere", erklärte Phil Mickelson während der PGA Championship. "Ich versuche meinen Verstand wie einen Muskel zu benutzen und im Alter noch besser zu werden. Es ist schwieriger geworden, einen scharfen Fokus und klare Sicht auf den Schlag zu behalten. Physisch fühle ich mich immer noch in der Lage, die Schläge zu schlagen, die in meiner gesamten Karriere geschlagen habe, aber ich brauche diesen klaren Fokus." Tiger Woods äußerte 2008 in einem Interview mit "The Times" ähnliches, er ist bereits seit klein auf praktizierender Buddhist - besuchte mit seiner Mutter Tempel und meditierte. Rory McIlroy sagte 2019 gegenüber der BBC ebenfalls, dass Meditation seit einem Besuch in Nepal zu seiner wöchentlichen Routine gehört.
In Anbetracht dessen, dass drei der erfolgreichsten Golfer der letzten Jahrzehnte regelmäßig meditieren und diese Praxis als einen der Faktoren für ihren Erfolg beschreiben, stellt sich ernsthaft die Frage: Hat Meditation einen positiven Einfluss auf die Leistung auf dem Golfplatz?
Golf: Ein Mind-Body-Game
Golf ist kein 100-Meter-Sprint. Beim Sprint gewinnt derjenige, mit der besten Technik und der besten physischen Verfassung. Kurzum: der Schnellste. Im Golf ist das anders. Neben den beiden Pfeilern Technik und Physis ist noch eine weitere Säule tragend: die Fähigkeit, sich zu konzentrieren. Ein scharfer Fokus ist für das Gelingen einer Golfrunde unerlässlich, denn neben den komplexen und kraftvollen Bewegungsabläufen ist im Golfsport äußerste Präzision gefragt - eine feinere Präzision als in vielen anderen Sportarten. Nachlässigkeiten führen unmittelbar zu Fehlern.
Die Herausforderung ist dabei, nicht nur einen einzigen Schlag so präzise wie möglich auszuführen, sondern diese Präzision über die gesamte Länge einer Runde, bei den Profis mehrere Tage in Folge, aufrecht halten zu können. Dies erfordert die Fähigkeit, sich lange Zeit, auch bei hoher körperlicher Anstrengung, konzentrieren zu können. Deswegen ist es naheliegend - gar notwendig -, neben dem gewöhnlichen Training im Kraftraum, auf dem Putting-Green, der Range und dem Kurs auch diese dritte tragende Säule, die für ein erfolgreiches Spiel genauso entscheidend ist wie die anderen beiden, zu trainieren: die Konzentrationsfähigkeit.
Konzepte, wie der Fokus geschärft werden kann, gibt es zahlreiche. Die Praxis, auf die Phil Mickelson, Tiger Woods und Rory McIlroy vertrauen, ist die Meditation. Kann meditieren also dabei helfen, besser Golf zu spielen? Wissenschaftliche Studien und Selbstexperimente geben Hinweise.
Was ist Meditation?
Meditation ist ein Überbegriff für verschiedene Geistesübungen. Irreführenderweise wird Meditation einzig mit einem im Lotussitz (Schneidersitz) befindlichen Mönch assoziiert, der in sich ruhend, mit geschlossenen Augen dasitzt. Das ist eine, aber nicht die einzige Meditationspraxis, es gibt etliche Varianten. Grob unterscheiden lassen sich diese in passive und aktive Meditation. Zur passiven Mediation gehören Varianten der Achtsamkeits- und Konzentrationsmeditation, die meist sitzend oder liegend ausgeführt werden; zur aktiven Meditation verschieden Kampfkünste, Tanzrituale und die in Europa populärste Mediationspraxis: Yoga.
Am weitesten verbreitet ist Meditation in Asien, doch in den letzten Jahren wurde diese Praxis auch in Europa und den USA immer populärer. Fälschlicherweise wird diese Praxis oft einzig mit dem Buddhismus verknüpft, doch sie ist ebenfalls ein tragendes Element in anderen Weltreligion, unter anderem dem Christentum, und wird in Teilen der Welt auch völlig areligiöse praktiziert. Denn die Übung soll positive Effekte auf sämtliche Bereiche des Körpers haben - Kognition, Konzentration, psychisches Wohlbefinden u.ä. - und ist im Laufe der Jahre Gegenstand moderner wissenschaftlicher Forschung geworden. Die Ergebnisse sind teils erstaunlich.
Bessere Konzentrationsfähigkeit und weniger Fehler durch Meditation
Seit 20 Jahren wird die Wirkung von Meditation wissenschaftlich erforscht - und zahlreiche der angenommen positiven Effekte haben sich bestätigt. Vor allem haben zahlreiche Studien Angstreduzierung, Verbesserung zwischenmenschlicher Beziehung und eine allgemeine Steigerung des Wohlbefindens bei den Testpersonen beobachtet. Positive Effekte, die allerdings keinen Effekt auf die Leistung auf dem Golfplatz haben. Zugegeben, eine Studie, die den direkten Einfluss von Meditation auf den Golfsport untersucht, gibt es nicht, aber es gibt ein breites Forschungsfeld, das die kognitiven Wirkungen von Meditation untersucht. Steigert Meditation also die Aufmerksamkeits-, Lern- und Gedächtnisfähigkeit?
Die Antworte lautet: Ja. Zahlreiche Studien bestätigen das. Eine davon ist eine Studie der Michigan State University mit dem Namen "On Variation in Mindfulness Training: A Multimodal Study of Brief Open Monitoring Meditation on Error Monitoring". An dieser Studie nahmen 200 Probanden teil, die zuvor noch nie meditiert hatten. Sie führten eine 20-minütige geführte Meditationspraxis aus und mussten anschließend ein Quiz bearbeiten, dass absichtlich so konzipiert war, dass es die Teilnehmer ablenkte. Dabei wurden per Elektroenzephalographie die Gehirnwellen der Probanden gemessen.
Die Ergebnisse waren verblüffend und besonders zwei Erkenntnisse lassen auch Golfer aufhorchen. Die Teilnehmer zeigten nach Analyse der Gehirnaktivitäten eine verbesserte Konzentrationsfähigkeit und eine deutlich verbesserte Fähigkeit, eigene Fehler zu erkennen und aus diesen zu lernen. Zwei Fähigkeiten, die auch auf dem Golfkurs sehr wichtig sind. Ein Golfspiel ohne Fehler existiert nicht. Fehler regelmäßiger und analytischer Erkennen zu können ist deswegen für jeden ambitionierten Golfer essenziell.
Erst Regelmäßigkeit sorgt für nachhaltige positive Effekte
"Golf Digest" wollte den Auswirkungen von Meditation auf die Golffähigkeiten 2018 ebenfalls auf den Grund gehen. In einem Experiment versuchten drei Golfer unterschiedlicher Spielstärke eine Reihe von Golfschlägen. Ein Semi-Profi, ein Amateur und ein Gelegenheitsgolfer durchliefen fünf Runden - Abschlag vom Tee, Schlag mit dem Eisen und Putten auf dem Grün - und spielten in jeder Runde erst vor der Meditation, dann nach der Meditation. Hier erfahren Sie, wie die drei Teilnehmer die Wirkung von Mediation auf das eigene Golfspiel einschätzen:
Begleitet wurde dieses Experiment von Janni Pollard, einem Meditationslehrer. Er verglich eine 20-minütige Meditation, bei der man sich auf den Atem konzentriert und die äußeren Reize in den Hintergrund treten lässt, mit Bankdrücken. Der Übung selbst macht stärker, aber erst die Zeit und die regelmäßige Wiederholung sorgt für nachhaltige positive Effekte. Meditation ist kein Wundermittel, aber die Chance, Bereiche zu trainieren, die sich nicht im Fitnessstudio formen lassen, für das Gelingen einer Golfrunde aber nicht weniger entscheidend sind. Phil Mickelson, Tiger Woods und Rory McIlroy nehmen diese Chance schon seit einigen Jahren wahr.