Martin Borgmeier ist der erfolgreichste Long Driver Deutschlands. 2018 nahm er erstmals an der Weltmeisterschaft teil, zuvor gewonn er die Gesamtwertung der Long Driving European Tour - all das nach gerade einmal eineinhalb Jahren Erfahrung in diesem Sport. Fit sind Long Driver auf jeden Fall, das sieht man auf den ersten Blick. Doch ist es auch gesund, mit bis zu 180mp/h zu schwingen? Und was können "normale" Golfer von den Long Hittern lernen? Martin Borgmeier erklärt es uns.
Das Interview ist Teil der Reihe Golf und Gesundheit, in der die Golf Post Gesundheitsexperten Daniel Philipp und Maruks Zilligers über alle Belange des Golfsports informieren, die das Spiel gesünder machen. Mehr über Daniel Philipp und Markus Zilligers erfahren Sie hier.
Was sich Golfer vom Long Driving abschauen können
Daniel Philipp & Markus Zilligers: Ihr Long Driver seht alle unglaublich fit aus. Seid ihr auch gesund?
Martin Borgmeier: Es ist kein Zufall, dass wir so aussehen. Eigentlich ist unser Sport, durch die starken Rotationskräfte auf den Knien und der Wirbelsäule, eine Katastrophe für den Körper. Wir schlagen Geschwindigkeiten, die im normalen Golf nur selten erreicht werden. Der Durchschnittswert bei normalen Tour-Spielern liegt bei circa 113mp/h, bei uns liegt dieser Wert bei bis zu 150mp/h. Im Grunde ist es Golf, nur in extrem. Um Gesund durch die Saison zu kommen, benötigen wir einen gesunden Rücken. Der Rücken ist die Schwachstelle aller Long Driver. Aus diesem Grund verbringen wir so viel Zeit im Fitnessstudio. Ich persönlich muss mich im Grunde schon dazu zwingen, einen Tag Pause zu einzulegen. Eigentlich bin ich jeden Tag im Fitnessstudio und absolviere verschiedene Trainings.
Daniel Philipp & Markus Zilligers: Was genau traininerst du dort?
Martin Borgmeier: Mein Fokus liegt auf klassischen Übungen wie Kniebeugen, Kreuzheben, Klimmzüge, Schulterdrücken, Bankdrücken. Zusätzlich dazu absolviere ich an zwei Tagen noch ein Athletiktrainig, in dem ich sprinte, springe und mit den Speed Sticks arbeite. Man muss seine Muskeln so trainieren, dass sie mit dieser Belastung umgehen können. Dann hat man immer weniger muskuläre Dysbalacen, obwohl die Bewegung die wir machen, sehr einseitig ist. Zusätzlich versuche ich am Ende jedes Trainings noch 10 Prozent meiner geschlagenen Bälle mit links zu schlagen. Einerseits tut es der Gesundheit gut und andererseits schult es die Motorik.
Daniel Philipp & Markus Zilligers: Wie strukturierst du dein Training?
Martin Borgmeier: Mein Training strukturiert sich so, dass ich im Winter meinen Fokus auf eine hohe Anzahl an Wiederholungen lege. Wenn es dann in Richtung Saison geht verringert sich die Wiederholungsanzahl und die Kraft rückt in den Vordergrund. Damit soll die im Winter aufgebaute Muskulatur wieder Kraft aufbauen. Auf dem Höhepunkt der Saison absolviere ich circa dreimal in einer Woche Speed-Training. Dies funktioniert nur, wenn man im Winter vorgearbeitet hat. Zu Beginn der Saison bin ich meistens circa drei Kilo schwerer als nach der Saison. Ich versuche mein Training so zu timen, dass ich beispielsweise im September zur Weltmeisterschaft am fittesten und am schnellsten bin.
Daniel Philipp & Markus Zilligers: Inwiefern sind diese Speed-Übungen dann überhaupt für einen normalen Golfer zu empfehlen, der mit Long Drive nichts zutun hat?
Martin Borgmeier: Normale Golfer Schwingen mit dem Speed Stick circa 115mp/h. Wir Long Driver erreichen Geschwindigkeiten bis zu 180mp/h. Wenn man diese Geschwindigkeiten erreichen will, ist es ein super Training. Man bekommt eben nichts geschenkt. Deswegen ist es nicht damit getan, mal zehn Minuten mit dem Speed Stick zu schwingen. Damit der Körper diesen Belastungen langfristig standhält, muss man was tun.
Daniel Philipp & Markus Zilligers: Interessant ist auch deine Übung mit der schwachen Hand zu schwingen. Würdest du diese Übung allen Golfern empfehlen?
Martin Borgmeier: Ich würde nicht sagen dass diese Übung für alle Golfer Sinn macht. Ich mache unfasssbar viele Abschläge und vor allem schlage ich fast ausschließlich Drives. Ein normaler Golfer schlägt pro Runde 10-15 Drives, dass ist etwas anderes als bis zu 70 Bälle mit maximaler Geschwindigkeit zu schlagen. Im Golf geht es darum, den Ball auch mal zu kontrollieren. Ich persönlich würde diese Übung empfehlen. Es ist aber keine Übung, die ein Golfer unbedingt machen muss.
Wenn man hingegen mit den Speed Sticks arbeitet, ist es unausweichlich auch seine schwache Seite zu trainieren. Erstens wirkt man muskulären Dysbalancen entgegen und zweitens ist es auch ein Training für die dominante Seite. Durch das Schwingen mit der schwachen Seite lernt die dominante Seite, besser abzubremsen. Dies führt dann dazu, dass der Körper der dominanten Seite erlaubt, schneller zu schwingen. Man kann sich den Effekt wie eine Drossel vorstellen, die herausgenommen wird. Deswegen bei den Speed Sticks definitiv mit der schwachen Seite trainieren. Beim Schwingen ist es nicht erforderlich, es sollte aber jeder mal ausprobieren. Es führt einem vor Augen, wie schwierig es eigentlich ist, Golf zu lernen. (lacht)
Daniel Philipp & Markus Zilligers: Dein Fitnesstraining ist in abgeschwächter Form gut für Jedermann, von den Speed-Übungen mit maximaler Geschwindigkeit sollte man sich allerdings fernhalten?
Martin Borgmeier: Wenn man Speed-Training mit voller Geschwindigkeit machen möchte, sollte man sich ein Radar besorgen, um seine Geschwindigkeit zu messen. Beim Speed-Training gibt es jedoch nur Vollgas. Alle Geschwindigkeiten bis 130mp/h sind total in Ordnung, da wird der Körper nicht stärker beansprucht als bei einem Schwung mit 115mp/h. Wenn es in Richtung 170mp/h geht, erreicht das Ganze eine andere Dimension. Was das Fitness-Training angeht, mit Grundübungen kann man nichts falsch machen. Wichtig ist, dass man seinen Körper gleichmäßig trainiert, damit alles ausgeglichen ist. Es muss funktional sein. Dicke Oberarme und dünne Beine, wie man es oft sieht, funktionieren bei uns Long Drivern nicht.