Das Muster wiederholt sich, Greg Norman wirft den nächsten dicken Stein in den Teich des Golf-Establishments. Diesmal geht es um eine LIV-Liga für die Ladies, und „The Great White Shark“ hat während des Auftritts seiner Herrenrunde im australischen Adelaide mal wieder ein bisschen gezündelt. Besser gesagt, er nahm bei seinen Medienauftritten die entsprechenden Fragen dankbar auf und den Mund ziemlich voll.
„Verrückt, nicht wenigstens darüber nachzudenken“
Also: Stimmt, es gebe Gespräche mit namhaften Spielerinnen, so der 67-Jährige. „Ich habe mit einzelnen LPGA-Tour- und LET-Spielerinnen geredet. Alle fragen ständig: Was ist mit einer LIV-Damenserie? Und wie können wir bei Euch dabei sein?“ Das kommt bekannt vor, so hat Norman auch vergangenes Jahr und gerade wieder getönt, als es um Großkaliber für seinen Konkurrenz-Circuit ging. Er hat ja auch welche bekommen: Dustin Johnson, Bryson DeChambeau, Brooks Koepka und Cameron Smith als vorläufig Letzten.
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Ähnlich dürfte es bei den Damen laufen, wo das Gender Pay Gap einer mit Schubkarren voller Schotter gefütterten Proetten-Party ohnehin in die Hände spielt. „Du wärest verrückt, wenn du ein Arrangement mit LIV nicht wenigstens in Erwägung ziehen würdest“, hatte die Engländerin Charley Hull bereits im vergangenen Oktober gesagt. Auch LPGA-„Commish“ Molly Marcoux Samaan zeigt sich zumindest offen für Gespräche und betont ebenso wie LET-Chefin Alexandra Armas ihre Verantwortung gegenüber Touren und Spielerinnen, jede sich bietende Möglichkeit zugunsten des Damengolf zu prüfen. „Wir würden mit LIV wie mit anderen potenziellen Partner reden und versuchen, in einem konstruktiven Dialog Synergien zu finden“, sagt Armas. Aber: „Es sind viele Faktoren zu berücksichtigen, bevor wir mit LIV Golf Geschäfte machen“, gibt Marcoux Samaan zu bedenken.
„Uns sind keine konkreten Gespräche bekannt“
Von aktuellen Kontakten mit Norman will indes niemand etwas wissen. „Uns sind keine konkreten Gespräche mit LPGA- oder LET-Mitgliedern bekannt“, hieß es in einem Statement der LPGA zu Normans Äußerungen. Das passt zur Brandstifter-Attitüde des 68-Jährigen. Er lotet als Provokateur Stimmungen und Bereitschaft aus, legt häppchenweise nach, schürt Erwartungen. „Wir reden intern bei unseren Meetings ständig [über eine Damenliga].“ Allerdings wolle man sich nicht übernehmen und nach der Beta-Version der LIV Golf League für Herren im vergangenen Jahr erstmal diese echte erste Saison erfolgreich über die Bühne bringen, „um das bestmögliche Produkt anzubieten“.
Ernsthafte Planungen nach dem „Finale dahoam“
Der durchschlagende Erfolg des Australien-Gastspiels mit drei ausverkauften Tagen und insgesamt 60.000 Fans hat gezeigt, was machbar ist. LIV hofft nun, diesen Level beim gerade stattfindenden fünften Event der Spielzeit im Sentosa Golf Club zu Singapur halbwegs halten zu können. Zumal sich die Anlage vor den Toren der Löwenstadt auf sechs Jahre an die LIV-Liga gebunden hat. 2024 dann, so impliziert Norman mit seinen Aussagen, könnte es ein Proetten-Pendant geben. Das freilich wollen sie erst nach dem „Finale dahoam“ im Royal Greens Golf & Country Club heuer in Jeddah diskutieren. Norman: „Wir haben keinen konkreten Zeitplan.“
Die Zwickmühle mit dem Partner Aramco
Dafür längst den passenden Partner. Aramco, der Erdöl-„Dukatenesel“ des saudi-arabischen Staatsfonds PIF (Public Investment Fund), beide geleitet vom golfbegeisterten Yasir-Al-Rumayyan, ist für die LET bereits von existenzieller Bedeutung und zieht überdies immer wieder LPGA-Stars vom Range einer Nelly Korda oder Lydia Ko an. Die Ablehnung eines wie auch immer gearteten Norman’schen Angebots würde womöglich gleichermaßen den Sponsor brüskieren und dessen Unterstützung kosten. Das ist eine echte Zwickmühle. Um nicht zu sagen: Ein bisschen ist man auch erpressbar.
Geld ist der Game Changer: „Meisten Mädchen würden wechseln“
Im Lager der Ladies stößt all das auf bange Erwartungen. „Wenn sie auch nur ansatzweise so viel Geld reinschießen wie bei den Männern, radieren sie die LPGA aus“, befürchtet Annika Sörenstam. „Wir können nur hoffen, dass sie wirklich an einer Erweiterung der Möglichkeiten interessiert sind und ernsthaft mit der LPGA zusammenarbeiten wollen.“ Denn „die meisten Mädchen würden wechseln“, glaubt Julie Inkster: „Das Geld ist einfach der Game Changer.“
„Zusammenarbeit, um den Unterschied zu machen“
Deswegen regiert bereits der Pragmatismus – getreu der Devise „Wenn du sie nicht besiegen kannst, dann verbünde dich mit ihnen“. Die US-Solheim-Cup-Teamchefin Stacy Lewis spricht davon, „dass wir einen Weg finden müssen, um koexistieren zu können“. Sörenstam wiederum bastelt bereits an der passenden Legende für die Konstellation eines Konstrukts, dessen wirtschaftliches Fundament ein nachweislich in Sachen Frauenrechte und Diversität generell eher übel beleumdeter Partner gießt: „Genau das ist vielleicht der Grund, warum wir zusammenarbeiten sollten – um eben den Unterschied zu machen und so etwas zu bewirken.“