Die Ryder-Cup-Bewerbung Deutschlands um die Ausrichtung des bedeutendsten Golfturniers im Jahr 2022 steht seit Beginn der Diskussion um eine mögliche Verweigerung der Steuerfreiheit unter keinem guten Stern. Zuletzt wurden die Hoffnungen auf einen erfolgreichen Zuschlag seitens der Ryder Cup Limited übereinstimmend gleich von verschiedensten Medien offen in Frage gestellt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) habe dem brandenburgischen Kandidaten Bad Saarow die für eine erfolgreiche Bewerbung notwendige Steuerbefreiung verweigert. Ein klarer Minuspunkt im Vergleich zu den drei anderen Bewerbern.
"Alles nicht wahr", meldeten sich daraufhin Verantwortliche aus dem Kreis des Deutschen Golfverbandes (DGV) zu Wort. Und auch das Bundesministerium der Finanzen zeigte sich auf Golf-Post-Nachfrage verwundert von diesen Darstellungen. Fakt ist, das die Finanzbehörde des gastgebenden Bundeslandes - also im Fall des Ryder Cup 2022 das Land Brandenburg - einen Antrag auf Steuerbefreiung beim Bundesfinanzministerium einreichen muss, über welchen anschließend von allen 16 Bundesländern abgestimmt wird. Und dieser Antrag sei bislang noch garnicht in Berlin eingegangen, so Pressesprecher Weißgerber auf Golf-Post-Nachfrage. Es kann demzufolge noch keine Entscheidung zu diesem Thema gegeben haben.
Drei Punkte und viel Ungewissheit um Ryder Cup 2022
Bei genauer Betrachtung des Anforderungskatalogs, unter welchen Bedingungen eine Sportveranstaltung von Steuerfreiheit profitieren kann, ergeben sich jedoch berechtigte Zweifel, ob diese auf den Ryder Cup zutreffen. Folgende Voraussetzungen müssen gegeben sein:
Punkt 1: Die Vergabe der Veranstaltung muss in einem internationalen Wettbewerb stattfinden, bei dem sich mehrere Staaten bzw. in verschiedenen Staaten ansässige Organisationen um die Ausrichtung bewerben und so eine Wettbewerbssituation entsteht. - Wir können festhalten, dies trifft definitiv zu! Insgesamt bewerben sich vier Nationen um die Austragung für 2022. Neben Deutschland sind es Spanien, Italien und Österreich - der international geforderte Wettbewerb ist also definitiv gegeben.
Punkt 2: Das Ereignis muss im In- und Ausland massenhaft wahrgenommen werden. Über die massenhafte Wahrnehmung im Ausland, allen voran den USA und Großbritannien, brauchen wir an dieser Stelle nicht zu sprechen. Der Ryder Cup ist eine große und bedeutende Sportveranstaltungen und wird von den internationalen Medien auch so verbreitet. Die massenhafte Wahrnehmung im Inland muss schon eher in Frage gestellt werden. Fast gebetsmühlenartig wird hierzulande darauf hingewiesen, Golf müsse aus seiner Nische herauskommen und den Status als Randsportart endlich ablegen.
Punkt 3: Das Ereignis muss von besonderem öffentlichen Interesse sein und eine gewisse Publikums- und Breitenwirkung entfalten. - Und jetzt sind wir dort angelangt, wo es heißt, "Hand auf's Herz"... Deutschland verfügt über knapp 700.000 Golfer, die Zahl derer mit Golfinteresse liegt durchaus noch ein bisschen höher. Trotzdem reden wir über weniger als 1% der Bundesbevölkerung. In diesem Bewertungspunkt hat Deutschland im Werben um Steuervergünstigungen oder gar eine Steuerbefreiung wirklich schlechte Karten.
Deutschland droht erneut an Steuerfrage zu scheitern
Golf ist bezogen auf die Aufmerksamkeit im Land nunmal Golf und nicht Fußball - so weh es auch manchmal tun mag, sich das einzugestehen. Da nützt kein Schimpfen auf die Politik und Ärgern über Olympische Spiele oder Fußball-Weltmeisterschaften, die sofort eine Steuerbefreiung bekommen. Vielmehr würde sich der Nicht-Golffan vermutlich darüber aufregen, warum - Klischee hin, Klischee her - ausgerechnet ein Golfturnier keine Steuern zahlen solle und das auch noch im wirtschaftlich schwächeren Brandenburg.
Auch wenn der Steuererlass ohnehin nur auf die Organisation und die Personen des organisatorischen Umfeldes - also Funktionäre - begrenzt wäre und sämtliche erwirtschafteten Gewinne und Einkünfte der Profisportler sowie aller Sponsoren nicht von der Steuerpflicht befreit würden, droht Deutschland erneut das Schicksal, im Bewerbungsprozess zu scheitern. Schon im Werben um den Ryder Cup 2018 stellten offene Steuerfragen ein unüberwindbares Hemmnis dar. Nun droht also ein Déjà-vu. In Kombination mit in weiten Teilen der Bevölkerung fehlender Unterstütung der breiten Masse sehen die Aussichten spätestens nach einer Verweigerung der Steuerfreiheit äußerst mau aus.
Erst einmal herzlichen Dank an Herrn Kretzschmar für diesen toll aufbereiteten Artikel, der sich kritisch mit der Situation auseinandersetzt (und inzwischen ja auch die richtige Anzahl an Bundesländern zu Grunde liegen hat…. 😉 )
Am Ende ist es aber – politisches „Akzeptanz-Marketing“ hin, 250 Tsd. Nicht-Besucher her – viel Lärm um nichts. Weder Golf in Deutschland noch die Wirtschaft in Berlin / Brandenburg können doch allen Ernstes darauf setzen, dass irgendwann im Herbst 2022 irgendwas zwischen 200 bis 300 Tsd. Menschen in weniger als einer Woche als Besucher in die Region kommen, um Strukturprobleme zu lösen – eine Problemlösung, die zumindest im Golf über 10 Jahre von den Golfspielern und Golfanlagen mit ca. 20 Mio Euro subventioniert werden muss und soll.
Erst einmal herzlichen Dank an Herrn Kretzschmar für diesen sauber aufbereiteten Artikel, der sich auch kritisch mit der Situation auseinandersetzt (und inzwischen ja auch die richtige Anzahl an Bundesländern zu Grunde legt…. 😉 )
Am Ende ist es aber – politisches „Akzeptanz-Marketing“ hin, 250 Tsd. nicht Besucher her – viel Lärm um nichts. Weder Golf in Deutschland noch die Wirtschaft in Berlin / Brandenburg können doch allen Ernstes darauf setzen, dass irgendwann im Herbst 2022 200 bis 300 Tsd. Menschen in weniger als einer Woche als Besucher, um die Strukturprobleme zu lösen – eine Problemlösung, die zumindest im Golf über 10 Jahre von den Golfspielern und Golfanlagen mit ca. 20 Mio Euro subventioniert werden muss und soll.
Trotzdem eine gute und treffende Zusammenstellung, wo und was Momente Situation ist. Danke.
Mit welcher politischen Begründung soll einem Verband – bzw. einem dem Verband angegliederten Verein- eine Steuerbefreiung gewährt werden,wenn dieser Verband (DGV) seit Jahren ,Teile seiner Mitglieder, mit einer Ausweiskennzeichnung -HOLOGRAMM – diskriminiert? Das Hologramm ist undemokratisch,willkürlich,stigmatisierend. Ich bin noch niemandem begegnet,der mir eine zufriedenstellende, schlüssige und plausible Rechtfertigung für das Hologramm geben konnte!
Na plausibel war sie schon: „mehr Einnahmen generieren“
Das man dafür die eigenen Golfer diskriminiert, hat man billigend in kauf genommen. Denn es trifft eben nur die einheimischen Golfer….
Einen Mehrwert um Golf bekannter, attraktiver und was weiß ich zu machen wie es eigentlich Aufgabe des DGV wäre, sehe ich da leider nicht.
das ist doch jetzt eh zu spät – am 4.9. war Deadline für das Bid Book – das heisst da mussten alle Verträge unterschrieben sein. das ist jetzt nur noch Show und die erste Negativ Welle dass dann die grosse Absage mit mehr so schockierend ist. Haken dran, Team wechseln und neuer Versuch dann halt richtig
Die RC 2022-Bewerbungs-Macher hätten gut daran getan, die Steuerbefreiung VORHER mit dem Bundesfinanzministerium abzuklären. Man wusste aus der gescheiterten RC-Bewerbung 2018, dass die Politik sich mit dem Steuerprivileg schwertut. Also war doch klar, dass man dort den Hebel der Überzeugungsarbeit ansetzen musste
Hat der DGV in der Zwischenzeit geschlafen? Glaubt man beim DGV, mit Politiker-Schelte („hoffentlich begreifen die Politiker endlich mal, wie toll und wichtig der Golfsport ist“) den RC 2022 an Land ziehen zu können?
Es geht beim RC 2022 um ein Großereignis mit erheblichen positiven regionalwirtschaftlichen Effekten. DAS muss man den Politikern klarmachen! Und auch mal aufzeigen, was der strukturschwachen Region zwischen Berlin und Bad Saarow an Finanzmitteln entgeht, wenn geschätzte 250.000 Besucher im Jahr 2022 NICHT dorthin kommen.
Mein persönliches Fazit: Der DGV und die RC Deutschland GmbH haben ihre Hausaufgaben auf dem wichtigen Feld des politischen Akzeptanz-Marketings immer noch nicht gemacht.
Sie wissen schon, dass wir nur 16 Bundesländer haben, gell?
So schnell kann es gehen, wenn man beim Schreiben an die gescheiterte Bewerbung für 2018 denkt. Dann hat Deutschland plötzlich 18 Bundesländer… 😉 Danke für den Hinweis.