Frisch von der US Open in Wisconsin eingeflogen und zur BMW International Open in München gelandet, steht Deutschlands Nummer eins Martin Kaymer im exklusiven Golf Post Interview Rede und Antwort. Der Rheinländer beschreibt die extremen Unterschiede, nach einem Major wieder im "Touralltag" abzuschlagen, reflektiert die Anfänge seiner Golfkarriere, ebenso wie die langjährige und erfolgreiche Beziehung zu seinem Caddie Craig Connelly.
Golf Post: Martin, Du kommst gerade von der US Open. Wie äußert sich die mentale Herausforderung, den Wechsel zwischen Majorturnier und regulärem Event der European Tour mit komplett unterschiedlichen Plätzen zu meistern?
Martin Kaymer: Von der Einstellung her ist es so, von der Eins an voll nach vorne spielen zu können. Es geht [auf der European Tour, Anm. d. Red.] eher darum, viele Birdies zu spielen. Natürlich darf auch das eine oder andere Bogey dabei sein, keine Frage, bei der US Open ist es hingegen wichtig, den Score zusammenzuhalten.
Golf Post: Bei der BMW International Open war am Mittwoch „Kids-Day“ und Du hast mit einem Zwölfjährigen im Pro-Am gespielt. Welchen Bezug hast Du zur Jugendarbeit?
Kaymer: Den Jugendlichen habe ich mir extra ausgesucht. Auf meiner Facebookseite konnte sich jeder bewerben, um heute mit mir zu spielen. Mark aus der Schweiz hat sich qualifiziert, weil er einen tollen Trickshot mit Bechern gemacht hat. Ich finde es einfach schön mit Kindern, mit Jugendlichen zu spielen, weil die noch eine total natürliche Art haben. Sie sind super respektvoll, sehr auf dem Boden geblieben und wollen eigentlich niemanden beeindrucken. Und gerade für ihn, einen Zwölfjährigen, der mit drei Top-Sportlern zusammen spielt, ist es ausgesprochen inspirierend. Kindern und Jugendlichen ist es egal wie man aussieht oder wieviel Geld man verdient.
Golf Post: Kurz zu Deinen eigenen Wurzeln, zu Deinem eigenen Heimatclub in Mettmann... hältst Du noch Kontakt?
Kaymer: Wir haben mit der Helianthus-Stiftung ein Turnier, das wir jedes Jahr mit dem Golfclub Mettmann machen. Da gehe ich ab und an hin, spiele ein paar Löcher mit meinem Vater und meinem Bruder - immerhin bin ich dort „Groß“ geworden. Man kann ganz entspannt auf der Terrasse sitzen und zu Abend essen. Wenn ich lange auf der Tour unterwegs war, dann nach Hause komme und einen „normalen“ Golfplatz mit der Familie bespiele, ist das ganz entspannt.
Golf Post: Du wirkst sehr reflektiert, scheinst immer genau abzuwägen. Ist das etwas, das Du aus Erfahrung mit den Medien gelernt hast oder einfach Dein Naturell?
Kaymer: Es ist eine Kombination aus vielen Dingen. Gerade die Situation, als ich Nummer 1 der Welt war, hat mir sehr geholfen. Man bekommt viele Meinungen zu hören, nimmt sie teilweise an, ändert sie teilweise, aber am Ende stellt sich die Frage: „Was mache ich hier?“. Ich versuche einfach meinen „roten Faden“ zu behalten. Damit ich mir selbst treu bleibe und mein eigenes Ding durchziehe. Ich versuche alles zu reflektieren und nicht blind durch das Leben zu laufen. Das kann natürlich manchmal ein bisschen zu viel sein, dann kommt man aus dem Nachdenken nicht mehr raus. Aber man lernt auch seine Balance zu finden.
Golf Post: Wie äußert sich das auf dem Golfplatz? Kommt es Dir entgegen, so reflektiert zu sein?
Kaymer: Von der Erfahrungen her kommt es mir entgegen. Ich habe schon extreme Situationen auf dem Platz erlebt. Egal ob bei Erfolg oder Misserfolg, man lernt aus beiden Situationen - gleichviel! Erfolge können enorm viel Motivation mitgeben, gerade die Art und Weise wie man gewonnen und sich dabei gefühlt hat. Genauso ist es auch bei negativen Erfahrungen. Man muss sich einfach die richtigen Fragen stellen und sich dadurch als Mensch weiterentwickeln.
Golf Post: Apropos als Mensch weiterentwickeln. Phil Mickelson und sein Caddie Jim Mackay haben sich nach langjähriger Beziehung getrennt. Wie ist Deine Beziehung zu Deinem Caddie Craig Connelly und wie nimmst du die Trennung auf?
Kaymer: Während der Karriere, die die beiden zusammen hatten, entwickelt sich natürlich eine starke Freundschaft. Bei Craig und bei mir ist es ähnlich. Wenn man soviel Zeit mit einem Menschen verbringt, ist er einem natürlich wichtig. Man ist nicht nur befreundet, man geht durch Situationen, die teilweise sehr emotional sind. Ob man will oder nicht, da entsteht eine Verbindung, die besonders ist. Ich arbeite mit Craig seit 2010 zusammen, wir verstehen uns gut und haben sehr viel Spaß auf dem Platz. Er macht einen guten Job und ist immerhin der Mensch, mit dem ich die meiste Zeit meines Lebens verbringe.
Golf Post: Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei den kommenden Turnieren.
(Das Interview führte Tobias Hennig)