Die Wüste bebt. Wie seit 2005 in der King Abdullah Economic City Wolkenkrater, Gebäudekomplexe und Industrieanlagen in die Höhe schießen, so ploppen dieser Tage auf dem Royal Greens Golf and Country Club der Retortenstadt immer neue Superlative einer Golfliga von Saudi Arabiens Gnaden auf. Die Macher der Super- oder Premier- oder Wie-auch-immer-League – fortan der Einfachheit halber Saudi-Liga genannt – werfen mit obszönen Offerten um sich, wie die Narren in den Karnevalshochburgen am anstehenden Rosenmontag mit den Kamellen. 1,5 Milliarden Dollar, so will es die „Daily Mail“ wissen, sind im Topf, um die Stars von PGA Tour und DP World Tour zu bezirzen und zur Abwanderung aus ihren gewohnten Pfründen zu verleiten.
BDC als Gesicht des neuen Formats
Der größte Knallkörper explodierte, während der mittlerweile verletzte Bryson DeChambeau beim Auftakt des Saudi International auf dem Weg zu einer eher durchschnittlichen 73er-Runde. Sage und schreibe 135 Millionen Dollar sollen laut Medienberichten auf dem Tisch liegen, um den „Hulk mit dem Holz“ zum Gesicht eines neuen Formats zu machen, das in Formel-1-Manier samt Teamwertung durch die Lande zieht.
Die Saudis buhlen halt um Zugpferde für ihr Sportswashing-Spektakel, klangvolle Namen, arrivierte Athleten am Beginn einer steilen Karriere oder auf dem Zenith ihres Könnens, am liebsten einen Haufen Hochkaräter, um ihre Tingel-Tour für Fans und Fernsehzuschauer und somit für Wirtschaftspartner attraktiv zu machen.
Der PIF und seine 400-Milliarden-Kriegskasse
Wenngleich sie Letztere im Grunde gar nicht brauchen. Riads Public Investment Fund PIF hat geschätzte 400 Milliarden Dollar in der Kriegskasse, nicht ganz so viel wie weiland der Entenhausener Krösus Dagobert Duck mit seinen Fantastillarden im Geldspeicher, dennoch allemal genug Zaster, um so eine große Nummer durchzuziehen und sich angemessene TV-Berichterstattung gleich mit zu kaufen – wie beim diesjährigen Saudi International bereits geschehen.
DeChambeau hat das unmoralische Angebot gestern übrigens flugs dementiert. „Wrong“ (falsch) schrieb er kurz und bündig in die Kommentarspalten entsprechender Social-Media-Postings. Das macht die kolportiere Kohle indes kein Deut unwahrscheinlicher, denn dank Lee Westwood ist bekannt, dass potenzielle Abtrünnige bezüglich entsprechender Gespräche und Gagen eine Verschwiegenheitsklausel unterzeichnen müssen.
Dem 49-jährigen englischen Veteranen winken angeblich 50 Millionen – für ihn eine Verlockung, „über die ich nicht lange nachdenken müsste“. Henrik Stenson, dem Champion Golfer von 2016, bei weitem kein solcher Publikumsliebling wie „Westy“, wurden offenbar 30 Millionen geboten. Gleichermaßen Ian Poulter, der außer seinen Ryder-Cup-Meriten kaum allzuviel sportliche Strahlkraft zu bieten hat. Mit Verlaub: Die Drei sind allenfalls Mitläufer; Feldfüller, wiewohl dafür zweifellos unverzichtbar.
Doch für Wert und Wirkweise einer Saudi-Liga als echter Konkurrenz zum Tour-Establishment braucht es eben Großkaliber wie DeChambeau. Glaubt man Phil Mickelson, dem von der PGA Tour bezüglich seiner Rechte am eigenen Bild so geknechteten Gesellen – würde er sich doch bloß so viele Gedanken auch mal über die (Menschen-)Rechte anderer machen, wie Eamon Lynch in „Golfweek“ zu Recht anmerkt –, dann haben die Saudis in der Vergangenheit „mehr oder weniger und auf die eine andere Weise sicher alle Spieler in den Top-100 der Weltrangliste angesprochen“.
„Natürlich sind die Angebote nicht vergleichbar“
Apropos Poulter und „Big Guns“: Selbstredend wurde in Royal Greens auch Titelverteidiger Dustin Johnson nach seiner Haltung hinsichtlich einer Saudi-Liga gefragt. Und ob ihm ein ähnliches Angebot wie dem englischen „Postman“ vorliege. „D.J.“ murmelte was von einem „interessanten Konzept“; glaubt, dass Golf damit „für Spieler und Fans etwas interessanter“ werden könne. Und zu Poulter meinte der Weltranglisten-Fünfte bloß: „Ich kann nicht für Ian sprechen, da müsst Ihr ihn selbst fragen. Aber es ist nicht vergleichbar. Natürlich ist es das nicht.“ Sprach’s und konnte sich ein vielsagendes Grinsen nicht verkneifen.
Sein Einkaufs-Etikett dürfte wohl auch im dreistelligen Millionenbereich eingepreist sein. Johnson, dem der sportliche Erfolg nicht unbedingt übers gute Leben zu gehen scheint, ist ein idealer Angebotsadressat für die Saudis. Der 37-Jährige hat zwei Majors in der Bilanz, etliche Ryder-Cup-Auflagen gespielt, war Weltranglisten-Erster, hat eigentlich alles erreicht, was im Golf zu holen ist. Klar, mehr geht immer – vor allem mehr Geld.
Entscheidende Schwachstelle im Konzept
Demgegenüber ist DeChambeau mit seinem Ehrgeiz und der Hybris, die Welt von seinem Verständnis von Golf zu überzeugen, eine deutlich schwieriger zu knackende Nuss. BDC will große und Grand-Slam-Turniere gewinnen, es nicht bei der US Open von 2020 belassen.
Genau da liegt die entscheidende Schwachstelle im Konzept der Saudis. Sie sind zwingend auf „Big Shots“ und „Young Guns“ angewiesen. In der Weltrangliste indes tummeln sich unter den Top 20 halt Leute wie Jon Rahm, Collin Morikawa, Viktor Hovland, Rory McIlroy, Justin Thomas, Sam Burns oder Scottie Scheffler. Denen geht es nicht um Geld, sonst wären sie längst beim Saudi International dabei: Sie alle wollen sich vielmehr gegen Ihresgleichen unter Beweis stellen, mit den anderen Besten der Welt messen, Majors gewinnen.
Konkurrenz hat das Geschäft belebt
Das können sie nach Stand der Dinge und auch in weiter Zukunft nur als Mitglieder von PGA und DP World Tour. Ganz abgesehen davon, dass Jay Monahan und Keith Pelley ihre Buden mit allerlei Boni ordentlich aufgerüscht haben, um den Ihren das gewohnte Nest finanziell noch komfortabler zu gestalten. Konkurrenz belebt nun mal das Geschäft. So gesehen hat der Disruptor aus Riad längst seine Schuldigkeit im Sinne der Spieler getan. Und die bereits avisierte Herbst-Tour der Stars wird definitiv auch kommen – wetten, dass..?
Der Saudi-Wanderzirkus hingegen würde mit nur ganz wenigen „Big Shots“, ohne ein erkleckliches Aufgebot an Golf-High-Society auf Dauer zum Jungsenioren-Circuit für Schlachtrösser wie Westwood und Poulter, die auf den etablierten Touren nicht mehr gewinnen können, bei den PGA Tour Champions gegen die Langers, Furyks, Jimenez’ kaum eine Chance haben und auf der vergleichsweise karg dotierten europäischen Legends Tour in ein tiefes wirtschaftliches Loch fallen würden. Kaum vorstellbar, dass Ian Poulter seine Ferrari und sonstigen Edelkarossen fürderhin aus dem Sparstrumpf volltanken will.
Reibt sich Trump gerade die Hände?
Ja, in der Wüste mag es derzeit Dollars regnen. Und vielleicht reibt sich sogar Donald Trump in Mar-a-Lago gerade die Hände, weil Gastspiele der Saudi-Liga auf Plätzen seines Portfolios – Turnberry, Aberdeen, Doral, Los Angeles, Bedminster und Dubai – nach seinem Kalkül der passende Revanchismus wäre, um es PGA Tour und R&A heimzuzahlen, die ihn bekanntermaßen zur Persona non grata erklärt haben. Bei alldem weht jedoch nach wie vor zuvorderst heiße Luft über Saudi Arabiens Sand. Andererseits kann sich das ganz schnell ändern, wenn der erste Top-Spieler umfällt und womöglich einen Domino-Effekt auslöst. Spannende Golfzeiten.
Ich weiss nicht welcher Weg der bessere ist. Auf jeden Fall zeigt sich in der Initiative der Konkurrenz zur PGA Tour, dass es Zeit ist sich zu reflektieren und versuchen wertfrei zu beurteilen was auf der (L)PGA Tour (Organisation) fehlt und wie sie attraktiver gestaltet werden könnte.