Am 23. September ist kalendarischer Herbstanfang, doch auf der PGA Tour beginnt der Herbst bereits in der kommenden Woche, im Silverado Resort and Spa am Rand von Kaliforniens Wein-Weltstadt Napa. Die dort ausgetragene Fortinet Championship markiert den Auftakt der siebenteiligen, mit insgesamt 56,6 Millionen Dollar Preisgeld dotierten Turnierserie FedExCup Fall, die von der PGA Tour nunmehr dem ans Kalenderjahr gebundenen Hauptspielplan vorgeschaltet wird.
Kampf um Zugehörigkeit zur „Luxusliga“
Und für die meisten der Teilnehmer geht es direkt mitten rein in einen heißen Herbst. Beispielsweise für Justin Thomas. Der zweimalige PGA Champion hat bekanntlich die FedExCup-Playoffs verpasst und muss jetzt nachsitzen, sprich um die Zugehörigkeit zur Luxusliga der Signature Events 2024 kämpfen. Nebst den bisherigen Belohnungen für einen Sieg in der Off-Season – Sentry Tournament of Champions, Majors- und Players-Start – entscheidet FedExCup Fall nämlich auch über die Einstufung in der Top-125-Kategorie jenseits von Platz 50 und damit über den Zugang zu regulären Tour-Turnieren. Zusätzlich wird den besten Zehn, sofern nicht eh bereits berechtigt, das Ticket für die beiden ersten 20-Millionen-Dollar-Events des neuen Jahres ausgestellt.
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an
Existenzielle sportliche Bedeutung
Den Grundstein dafür könnte Thomas bei der Fortinet schon mal legen, bevor die Herbstserie wegen des Ryder Cup in Rom zwei Wochen Pause macht. Eine ungewohnte Situation: Wo andere Golfgrößen sich entspannt ein paar Rosinen herauspicken können, ist die am 19. November mit dem Finale der RSM Classic endende Phase für den 30-Jährigen von existenzieller sportlicher Bedeutung. So motivierend die in den USA äußerst umstrittene Berufung durch US-Skipper Zach Johnson ins Team des Titelverteidigers sein mag: Wenn Thomas weiterhin im Konzert der Koryphäen mittun will, muss er im FedExCup Fall ordentlich punkten.
„Es ist schön, wenn man sich aussuchen kann, wie viel man [im Herbst] spielen möchte, und das völlig ohne Auswirkungen fürs kommende Jahr tun kann.“
Rickie Fowler
Vor einer ähnlichen Herausforderung hätte auch Lucas Glover bis vor wenigen Wochen noch gestanden. Doch sein Höhenflug in der Schlussphase der PGA Tour 2022/2023 bescheren dem 43-Jährigen eine unbeschwerte Zeit, freudvolle Weihnachten und einen Jahreswechsel beim Stelldichein der Sieger in Kapalua auf der Hawaii-Insel Maui – sofern das Turnier nach den verheerenden Bränden dort überhaupt ausgetragen werden kann.
Zwischendrin hat sich der US-Open-Sieger von 2009 den Start bei der Sanderson Farms Championship auf dem Zettel und will sich ansonsten Zeit für die Familie nehmen. Und für American Football. Nächste Woche ist gleichermaßen Kick-off zur Saison 2023/2024 der National Football League (NFL). Glover wird nicht der einzige Golfstar sein, der deswegen ab und an den Couch Potatoe gibt.
Jason Day: Zeit für Nachwuchs Nummer fünf
Apropos Zeit für die Familie: Die nimmt sich auch Jason Day, denn seine hochschwangere Ehefrau Ellie erwartet im September das fünfte Kind. „Ich werde einige Zeit zu Hause mit unserem neuen Baby verbringen und möchte mindestens zwei Monate freinehmen.“ Sam Burns mag nach seiner Rückkehr aus Rom ebenfalls erstmal nichts vom Golf wissen. Der Ryder-Cup-Rookie und amtierenden WGC-Matchplay-Champion plant, daheim in Louisiana für eine gute Weile die Schläger gegen seine Jagd- und Angelausrüstung einzutauschen. Diesbezüglich kann er sich im Teamraum der Amerikaner schon mal mit Brian Harman austauschen.
„Im Moment habe ich keine Turnierpläne für den Herbst. Ich werde eine ziemlich lange Pause einlegen und mich dann langsam wieder einarbeiten. Völlig neu anfangen. Etliche Jungs wollen ihrem Körper eine Pause gönnen und auch mentale völlig abschalten. Das wird vielen guttun.
Sam Burns
Bei den Europäern freilich kann von Rosinenpicken, Auszeit, süßem Nichtstun und mentaler Erholung keine Rede sein. Rory McIlroy, Viktor Hovland, Jon Rahm und Co. haben den Atlantik überquert und wechseln die Bühne. Das Programm allerdings bleibt stramm. Auf der DP World Tour steht ein ähnlich heißer Herbst an. Auf die Irish Open kommende Woche folgt direkt die BMW PGA Championship, das Flaggschiff-Turnier des Circuits in Wentworth. Dann kommt die prestigeträchtige Open de France, wiewohl dort gewiss niemand der Kombattanten des Kontinentalduells noch aufteen wird. Stattdessen heißt es: Fokus auf Marco Simone.
Nach dem Ryder Cup geht es stramm weiter
Nach dem Ryder Cup geht es Schlag auf Schlag weiter: die lieb gewordene Tradition Alfred Dunhill Links Championship, zwei Mal Spanien, Katar, Südafrika sowie schließlich die DP World Tour Championship in Dubai. Und dann ist immer noch nicht Schluss: Schließlich erwartet „Shadow Commissioner“ Tiger Woods als Gastgeber der Hero World Challenge auf den Bahamas (27. November bis 3. Dezember) zahlreiches Erscheinen seiner Kollegen und Mitstreiter im Bemühen um eine bessere PGA Tour.
Fitzpatrick und Rahm wollen echte Auszeit
Andererseits ist es bei dieser Schlagzahl kein Wunder, dass sich etliche Cracks doch eine echte Pause wünschen. „Ich persönlich möchte, dass bis Mitte September alles erledigt ist und wir eine richtige Off-Season haben“, sagt beispielsweise Matt Fitzpatrick, der beim Omega European Masters im schweizerischen Crans-Sur-Sierre antritt, um Europas Ryder-Cup-Teamchef Luke Donald an die eh erwartbare Wildcard zu erinnern. Jon Rahm schlägt in dieselbe Kerbe: „Wie jeder anderen Sportler haben auch wir uns eine echte Auszeit verdient. Und da PGA Tour und DP World Tour immer näher zusammenrücken, muss ich vielleicht bald wirklich im Oktober, November und Dezember keine Turniere mehr spielen, sondern kann zu Hause und einfach nur Vater sein.“