Der Schaft eines Golfschlägers, das hört man in diesem Zusammenhang häufig, sei sein Motor. Aber er ist es nicht. Tom Wishon, ein US-amerikanischer Golfschläger-Designer und -forscher, Autor mehrerer Bücher zum Thema Golfschläger, drückt es so aus: Der Motor ist der Golfer alleine. Den Schaft könnte man sich in dieser Metapher als das Getriebe vorstellen. Er kann die Kraft, die der Spieler entwickelt, nicht vergrößern – aber ein falscher Schaft kann die auf den Ball übertragene Kraft reduzieren. Passen Parameter wie Länge, Gewicht oder Flex nicht zu den Eigenschaften des jeweiligen Schwungs, kann sich das signifikant auf die Länge und Präzision der Schläge auswirken.
Tatsächlich ist es so, dass kaum ein Schläger-Hersteller seine eigenen Schäfte herstellt, mit wenigen Ausnahmen. Der Grund dafür ist simpel: Die Herstellung von Schäften bedarf spezieller Werkzeuge und Material, es ist ein hochkomplexer Vorgang, für den ein umfangreiches Fachwissen vonnöten ist. Außerdem ist der Prozess vergleichsweise teuer, auch auf industrieller Basis. Daher überlassen es die meisten Schlägerhersteller den Spezialisten, diese Schlägerkomponenten zu fertigen.
Die Schaft-Industrie tanzt auf zwei Hochzeiten
Schäfte für Golfschläger gibt es heutzutage sowohl aus Stahl als auch aus Graphit. Sogar Mischformen sind mittlerweile erhältlich. Es gibt über 50 verschiedene Schaft-Hersteller, von denen aber nur drei den gesamten Bedarf an Stahlschäften abdecken. Das liegt daran, dass die erforderlichen Maschinen für die Herstellung von Stahlschäften teurer sind als für Graphitschäfte und der Großteil der Stahlschäfte günstiger verkauft werden als ihre Graphit-Pendants – es ist schlicht eine Frage der Wirtschaftlichkeit.
Die Schaftindustrie arbeitet für gewöhnlich dual: Auf der einen Seite produzieren viele Firmen Schäfte unter ihrem eigenen Markennamen, die sie an Shops und Fitter vertreiben, auf der anderen Seite produzieren sie Schäfte für die Schlägerhersteller, die unter dem jeweiligen Herstellernamen laufen – einige betreiben ihr Geschäft auch nur in zweitgenannter Weise, und sparen sich so Kosten bei Entwicklung und Marketing.
Weniger Auswahl für mehr Überblick
Wenn nun die Auswahl an Schäften so hoch ist, warum wird in den meisten Schlägern von der Stange nur eine Möglichkeit angeboten? Die Antwort ist einfach: Ein Golfhändler bietet in der Regel fünf bis 15 verschiedene Marken an Schlägerherstellern zur Wahl an, jeder Schläger ist mindestens in drei verschiedenen Flex-Versionen verfügbar. Erweitert man das Sortiment um weitere Schäfte, alle jeweils wieder in verschiedenen Flex-Ausführungen, wird das Spektrum an Möglichkeiten für den Kunden schnell unübersichtlich.
Um dies zu vermeiden, werden Standardschäfte in die Schläger verbaut, die auf den Durchschnittsgolfer passen – meistens sind sie um die 55 bis 70 Gramm schwer und haben einen Torque von vier bis fünf Grad. In diesem Rahmen gibt es Schäfte für 30 Euro pro Stück, aber es gibt sie auch für 300 oder über 1000 Euro pro Schaft – wie kommt das?
Auch hier gilt: Teurer ist nicht immer besser
Ausschlaggebend für den Preis sind die genannten Parameter Torque und Gewicht: Fällt das Gewicht unter 60 Gramm und der Torque unter 3,5 Grad, verdoppelt sich der Preis schnell. Um diese Werte zu erreichen, braucht es spezielles Graphit, das teurer ist, und mehr Arbeitszeit pro Schaft, da mehr Lagen des Materials gewickelt werden müssen.
Teurer heißt aber nicht immer besser, denn ob ein Schaft optimal zum Schläger und zum Spieler passt, hängt nicht nur vom Gewicht, dem Torque, der Gewichtsverteilung und dem Flex ab, sondern zuallererst von der Schwungcharakteristik des Golfers - für den größten Teil aller Amateurspieler kann der passende Schaft aus dem Sektor um die 40 Euro gestaltet werden.
Ohne Norm hat der Fitter das Sagen
Wie der passende Schaft auszusehen hat, kann nur ein Fachmann herausfinden. Im Vergleich mit einem Schläger-Fitting ist ein Schaft-Fitting eine weitaus kompliziertere Angelegenheit. Das liegt vor allem daran, dass es für die Messung der Parameter von beispielsweise Schlägerköpfen genormte Standards gibt, auf die sich die Branche verständigt hat. Für Schäfte gibt es die nicht, weshalb die Schaftentwickler keine einheitliche Methode haben, etwa die Steifigkeit eines Schaftes zu messen und zu definieren: Ein Regular (R) Flex des einen Herstellers kann die gleichen Eigenschaften haben wie ein Stiff (S) Flex eines anderen, bei einem dritten Hersteller kann es nochmal anders sein.
Der Schaft im Golf - die Terminologie
Das Gewicht
Das Gewicht des Schaftes hat logischerweise direkten Einfluss auf das Gesamtgewicht des Schlägers, was in letzter Instanz Einfluss auf die Schwunggeschwindigkeit des Spielers hat. Ein leichter Schaft verkleinert das Gesamtgewicht des Schlägers, vergrößert die Schwunggeschwindigkeit und am Ende die Schlagweite. Die Rechnung geht allerdings nur auf, wenn der Schaft zum Golfer passt. Passt der leichte Schaft nicht zu den Eigenheiten des jeweiligen Schwungs, werden unpräzisere Treffmomente und daraus resultierender Längenverlust die Folge sein.
Die Länge
Die Länge eines Schaftes ist der einzige Wert, der von der Regel gebenden Instanz im Golf, der R&A, limitiert ist. Die Maximale Länge ist auf 48 Inch (121,9 Zentimeter) festgelegt. Je länger, umso weiter, würde man durch das Gesetz des größeren Hebels und der daraus resultierend größeren Schlägerkopf- und Ballgeschwindigkeit vermuten. Allerdings geht ein längerer Schaft meist einher mit Einbußen bei der Präzision, und wenn der Ball nicht mehr in der Mitte des Schlägerblattes getroffen wird, wirkt sich das direkt auf die Schlagweite und -streuung aus. Meistens macht also ein kürzerer Schläger, der zu konstanteren Treffmomenten führt, mehr Sinn.
Der Flex
Der Flex eines Schaftes bezeichnet dessen Steifigkeit. In der Regel wird die Steifigkeit mit unterschiedlichen Abkürzungen markiert: A-Flex ist demnach für Senioren geeignet, L-Flex (Ladies) für Damen, R-Flex (Regular) die Standardvariante und S-Flex (Stiff) für gute Spieler. Für Spieler mit extrem hohen Schlägerkopfgeschwindigkeiten gibt es darüber hinaus noch steifere Versionen: XS-Flex bis hin zu XXXS-Flex. Einige Schaft-Hersteller differenzieren innerhalb dieser Kategorien weiter, so gibt es zum Beispiel eine weichere, mittlere und härtere Version eines R-Flex Schaftes. Daraus die richtige Auswahl zu treffen ist die Aufgabe des Fitters.
Der Torque
Der Torque (dt.: Torsion), die Verwringung des Schaftes um seine Längsachse, hat Einfluss auf die Präzision im Treffmoment. Durch den Schlägerkopf am Ende des Schaftes ist viel Gewicht außerhalb des Zentrums platziert. Je schneller die Schlagfläche Richtung Treffmoment von der offenen in die gerade (square) Position gebracht wird, umso mehr verdreht sich der Schaft auf seiner Längsachse – physikalisch basiert dieser Effekt auf dem Gesetz der Trägheit der Masse. Hinzu kommt die Verdrehung im Treffmoment, beispielsweise dadurch, dass der Ball weit an der Spitze getroffen wird. Wer seine Bälle immer im Sweet-Spot trifft, hat damit nichts am Hut. Insgesamt werden viele Schäfte mittlerweile mit Torque-Werten von um die vier bis fünf Grad produziert, was in den meisten Fällen ausreicht. Sehr gute Spieler mit einer extrem schnellen Rotation können sich weitergehende Gedanken um diesen Wert machen.
Der Kickpoint
Der Kickpoint eines Schaftes bezeichnet die Stelle im Material, an der sich der Schaft am meisten biegt. Er wird als hoch, mittel oder tief beschrieben, wobei ein hoher Kickpoint meint, die Stelle der größten Biegung ist näher am Griff, ein tiefer Kickpoint dementsprechend näher am Schlägerkopf. Ein hoher Kickpoint wird sich auf einen flacheren Abflugwinkel auswirken, wobei ein tiefer Kickpoint eine höhere Flugkurve zur Folge hat.
Die regelmäßigen Unregelmäßigkeiten im Schaft
In der Realität ist es so, dass kein Schaft wie der andere ist – jeder ist einzigartig, was durch den aufwändigen Herstellungsprozess nicht zu verhindern ist. Die Unterschiede sind beispielsweise, dass nicht jede Stelle des Schaftes exakt gleich dick ist, dass die Schäfte nicht zu 100 Prozent gerade und überall gleich rund sind oder jede Seite ein und des gleichen Schaftes den gleichen Flex hat.
Stellen Sie es sich so vor: Sie legen einen Schaft mit dem oberen und unteren Ende auf zwei Holzblöcke, und hängen an die Mitte des Schaftes ein Gewicht. Der Schaft wird sich, während er sich durchbiegt, um seine Längsachse rotieren: Die härtere Seite wird anschließend nach oben zeigen, die weichere zum Gewicht.
Feintuning - letzter Schliff oder unnötig?
Seit einigen Jahren entwickeln Experten Methoden, diese Ungleichheiten präzise zu erfassen und zu messen, um Schäfte gleicher Qualität garantieren zu können und die Schäfte so in den Schläger einzubauen, dass seine Eigenschaften optimal zu seinen Aufgaben passen. Dieses "Feintuning" spielt sich allerdings in den absoluten Grenzbereichen ab und ist, was seine Wirksamkeit angeht, umstritten. Da hierbei an kleinsten Details gearbeitet wird, ist es fraglich, ob der normale Golfer einen Mehrwert von den teilweise teuren Verfahren hat. Die einen schwören darauf, die anderen halten es für Humbug. Fakt ist: Wenn überhaupt lohnen sich die Verfahren für sehr gute Spieler. Nicht einmal auf Tour-Niveau gehören sie zum üblichen Standard.
Als Beispiele seien hier das "Shaft Puring" und "Spinning" angemerkt. Beide untersuchen den Schaft hin auf seine Eigenschaften und versuchen, die optimale Ausrichtung des Materials zu finden, bevor er in dieser Position in den Schlägerkopf montiert wird. Das "Frequency Matching" analysiert die Schwung-Frequenz der Schäfte: Ein Schaft wird an einer Seite fixiert, die andere Seite in Schwingung versetzt. Nach dem Frequency Matching haben die Frequenz-Stufen von den langen Schlägern bis zu den kurzen (kurze Schläger haben logischerweise eine höhere Frequenz) alle den gleichen Abstand.
Ein Fitting bei XY - Das bieten die Hersteller
Da die verschiedenen Hersteller mittlerweile ebenso begriffen haben, wie wichtig der richtige Schaft für den Golfer ist, bieten nahezu alle Namen der Golf-Industrie spezielle Möglichkeiten an, die Schläger individuell anpassen zu lassen. Einige haben wir gefragt, was einen Golfer bei einem Fitting bei ihnen erwartet.
Tja, dann eben noch eine Meinung.
Wir fitten seit mehreren Jahren bei Kunden in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Durch die neuer Qualitätsschäfte der ACS Schaftmanufaktur; übrigens ein deutsches Produkt; ist ein Frequenz-Fitting „Die“ Schaftfittingmethode. In den Schäften werden hochwertige Carbonfasern mit einer aüßerst stabilen Aluminiumfaser im Sandwichverfahren vereint.
Mit 50-140 mph Schlägerkopfgeschwindigkeit ist von Flex Lady bis Flex XXStiff alles abgedeck. Die Gewichte liegen zwischen 60 und 75 Gramm bei einem Torque von 2,7 bis 2,1. Kaum auf dem Markt werden diese Schäfte schon auf der European Tour gespielt. Es macht wirklich großen Spaß die Feedbacks zu erhalten.
MFG
[email protected]
Ganz so einfach wie beschrieben ist der Selektionprozess für einen passenden Schaft nicht, den mit den üblichen Informationen wie: Flex,Torque,Kickpoint,Gewicht bleibt es ein Blindflug, weil die o.g Werte nicht normiert sind und die Messmethoden und Definitionen je nach Hersteller unterschiedlich sein können (sind!!!). Eine grosse Hilfe wäre bereits, wenn alle Schafthersteller ein Empfehlung für die Schlägerkopfgeschwindigkeit für den jeweiligen Schafttyp angeben würden.
Die Geschwindigkeit ist ein wichtiger Faktor in der Entscheidungsfindung,sollte aber nicht isoliert betrachtet werden, da die Art und Weise wie die Schlägerkopfgeschwindigkeit erzeugt wird, grossen Einfluss auf das Verhalten des Schaftes hat. Schwungmerkmale wie: Transition,Release, Schwungtempo sollten auch berücksichtigt werden.Es braucht sehr viel Erfahrung des Fitters, um die Merkmale mit dem blossen Auge einstufen zu können aber mit den heutigen Mitteln ( Video) können die o.g Merkmale relativ leicht eingeschätzt werden.
Aber auch wenn man alle erforderlichen Daten kennt, bleibt es beim „Probieren“, weil man nämlich nicht weiss, worin sich die verschiedenen Schäfte wirklich unterscheiden. Dazu bräuchte es ein Biege- oder Frequenzprofil der Schäfte.
Glücklicherweise bietet Tom Wishon eine Software an, in der die Frequenzprofile von ca. 1500 Schäften (verschiedener Hersteller) erfasst sind. Damit kann ich sehr einfach Schäfte miteinander vergleichen und die Auswirkungen beim Fitting direkt nachvollziehen.
Es ist bedauerlich, dass im Schaft-Business keine Standards existieren. Die Angaben der OEM’s betreffend der für Sie gefertigten Schäfte sind gut gemeint aber für ein seriöses Fitting nur beschränkt brauchbar.
Tja…und der Vollständigkeit halber will ich mal wieder auch darauf hinweisen, dass es außerhalb der Massenware der großen Marken auch die kleinen Fitter gibt, die einem einen Satz Schläger mit frequenzselektierten Schäften bauen, die einen Bruchteil der Marken kosten. Meine Lieblingswerkstatt ist hier immer wieder marken-golf.de wo eine enthusiastischer Fitter feine Schlägersätze baut, die knapp um die 500€ kosten.
Sehr guter Artikel, der die Wichtigkeit der Schaft-Auswahl unterstreicht. 90% aller Golfer spielen mit den „falschen“ Schlägern, weil sie nach Marke und Angebot kaufen und nicht nach den Parametern ihrer statischen Physis und dynamischen Schwungkomponenten.
Der Vollständigkeit halber sollten die Fittings von Titleist und Ping erwähnt werden, da beide Firmen schon seit langer Zeit um die Wichtigkeit angepasster Schläger wissen und entsprechend gute Angebote hierzu haben.
Bei der Firma Titleist wäre ich sehr vorsichtig- die gehen mit einer Arroganz zu Werke und sagen schon vorher dass alle anderen Hersteller keine Konkurrenz darstellen.