Nicht, dass sich jemand täuschen lässt: Das bisschen Regen der vergangenen Tage war nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die sintflutartigen Niederschläge schaden überdies eher, als dass sie nutzen – siehe Österreich und Slowenien. Auch andernorts können die Böden das viele Wasser gar nicht so schnell in die unteren Schichten ableiten, wie es aus dem Himmel fällt.
Es mögen sich Speicherteiche auf Golfanlagen wieder gefüllt haben; und die Situation beim Grundwasser hat sich vielleicht etwas entspannt. Doch vor gut drei Wochen noch fehlte Deutschland die Regenmenge eines kompletten Jahres, so jedenfalls wurde der Klimawissenschaftler Heiko Paeth (Würzburg) in der „Süddeutschen Zeitung“ zitiert. Im „Handelsblatt“ wiederum konstatierte Gerd Landsberg, der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds: „Der Klimawandel hat die Wasserversorgung erreicht.“ Wie an dieser Stelle schon des öfteren betont: Das Management der kostbaren Ressource H₂O ist längst eine komplexe Disziplin innerhalb der Megathemen Klimawandel und Nachhaltigkeit und für den Golfsport eine tickende Zeitbombe.
„Extinction Rebellion“ im Osnabrücker Golf Club
Auch die Marodeure unter dem Deckmäntelchen der ökologischen Tugendhaftigkeit sind weiterhin unterwegs. Im Osnabrücker Golf Club haben Aktivisten von „Extinction Rebellion“ Anfang August mal wieder Fahnenlöcher mit Zement gefüllt und mit Sprühfarbe die Botschaft „Golf für Wenige = Wasserknappheit für Viele“ hinterlassen. Auf einer Golfanlage im Raum Hamburg sollen sie gemäß in der Szene kursierender Nachrichten ebenfalls ihr Unwesen getrieben haben, doch das ist nicht bestätigt.
Parallel dazu grassieren Meldungen, dass die Deutschen zwar mehr Klimaschutz wollen, indes die möglichen wirtschaftlichen und sozialen Folgen fürchten. „Die Menschen haben das Gefühl, dass dringend gehandelt werden müsste“, hatte Dirk Messner, der Präsident des Umweltbundesamtes (UBA), vor wenigen Tagen bei der Vorstellung einer Studie zum Umweltbewusstsein erklärt. Darin äußerten fast vier von zehn Befragten allerdings gleichzeitig Angst vor einem sozialen Abstieg. Es müsse deutlicher gemacht werden, wie eine sozialverträgliche Klimatransformation aussehen könne, plädierte Messner. „Wenn das nicht gelingt, dann bröckelt die Zustimmung für Klimaschutz.“
„Sport, den sich die meisten Menschen nicht leisten können“
Das liest sich wie eine Steilvorlage für ideologisch indizierte Initiativen. Mit Verunsicherung lässt sich halt gut Politik machen, das ist nicht neu. Deswegen: Vorhang auf für Felix Hötker. Der Landessprecher der Grünen Jugend in Niedersachsen meldete sich kürzlich mit der Forderung zu Wort, die Bewässerung von Golfplätzen bei Wasserknappheit deutlich einzuschränken. Eine derartige Ressourcenverschwendung für einen Sport, den sich die meisten Menschen nicht leisten könnten, sei schlichtweg nicht hinzunehmen. Die rot-grüne Landesregierung sollte, so Hötker, entsprechende Schritte bis hin zu einem möglichen Bewässerungsverbot für die Golfplätze im Bundesland Niedersachsen prüfen und einleiten.
Ja klar, die Golfer wieder. Auf deren Kosten kann man sich prächtig profilieren. Dabei hat Hötker gar nicht das Spiel und seine Protagonisten auf dem Kieker. Es gehe eigentlich nicht darum, den Sport zu diffamieren, sondern um „soziale Schieflage“. Darum, dass man keine Mehrheiten für den Klimaschutz organisieren könne, „solange es Ungleichheit in diesem Land gibt“. Um eine grundsätzliche Debatte in der Gesellschaft: „Nicht Golf ist das Problem, sondern Reichtum in dieser Gesellschaft ist das Problem.“
„Mittendrin in der sozialen Schieflage“
Andererseits sieht Hötker einen „Zusammenhang zwischen Einkommen und Sportart“, zwischen „hohen Einkommen und Golf“ und führt ins Feld, „dass relativ viele reiche oder wohlsituierte Menschen sich diesen Sport leisten können“. Wenn Freibäder wegen Wasserknappheit geschlossen, Golfplätze jedoch nach wie vor bewässert würden, „dann sind wir da erstmal grundsätzlich mittendrin in der sozialen Schieflage“. Freilich, statt die sorgsame Bewässerung von Abschlägen und Grüns – bei gleichzeitiger Vernachlässigung der Fairways – als lässlichen Luxus abzutun, lässt sich Golfplatzpflege auch als Bewahrung des Anlagevermögens einordnen. Aber das führt direkt zur nächsten Debatte über Landverbrauch und exklusive Flächennutzung.
So addiert sich auf einmal der Klassenkampf zu all den Herausforderungen, mit denen sich die Golfanlagen ohnehin herumschlagen müssen. Es ist ein schwacher Trost, dass sie damit nicht allein stehen. Aus Großbritannien und aus den USA sind vergleichbare Vorstöße zu vermelden:
Golfer als Easy Target?
Ganz gleich, ob Wasser- oder Landverbrauch angeprangert werden, es stellt sich die Frage: Wie damit umgehen? Ignorieren, um Aktivisten und Propagandisten nicht noch mehr Plattform zu verschaffen? Oder argumentieren? So, wie Frank Förster (Diepholz), Betreiber des Podcast „Radio Golfschau“, der Hötker kurzerhand zum Diskurs eingeladen hat. Die oben angeführten Zitate sind dem Gespräch entnommen. Insgesamt 55 Minuten debattieren die beiden über Golf und die Welt, über Gerechtigkeitsfragen, das Wirtschaftssystem, Kapital und Arbeiterklasse, Ressourcenraub, demokratische Kontrolle, Einkommens- und Vermögensverteilung. Und Förster fragt ganz direkt: „Sind wir [Golfer] ein Easy Target, ein einfaches Ziel, für Euch?“
Da muss der Mann aus der Nachwuchsorganisation von Bündnis 90/Die Grünen dann im Lauf des Gesprächs einige Zugeständnisse machen. Ihm sei „bewusst, dass nicht nur reiche Leute Golf spielen“, sagt Hötker, der sich tatsächlich zu Schulzeiten selbst mal mit Schläger und Ball versucht hat – als Fünfklässler in der Golf AG: „Also, ich habe persönlich gar nichts gegen Golf.“ Man müsse das Ganze jedoch „ein bisschen in der Medienlogik sehen: In meiner Funktion muss man solche Debatten ein Stück weit zuspitzen.“ Und: „Dabei kann passieren, dass man Golf manchmal mit Feindbildern assoziiert […] Golf ist dann einfach ein Symbol in dieser Debatte und ein Easy Target für soziale Fragen.“
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Was zu beweisen war. Selbst wenn die Aussagen erstmal in der Welt sind und der Schaden angerichtet ist, lässt sich derart populistischer Polemik mit Fachlichkeit schnell der Wind aus den Segeln nehmen. Argumente gibt es genug: die ökologische Bedeutung und der Beitrag zur Biodiversität von gut gemanagten und nachhaltig geführten Golfanlagen, die sozialen und gesundheitlichen Faktoren – alles in allem eine Fülle und Vielfalt von Aspekten und Facetten.
Auch Golf sollte Kampagne können
Die Golfszene wäre gut beraten, sich nicht wegzuducken, sondern den Dialog zu suchen und Antworten zu formulieren – so eine Debatte auf Sachebene denn machbar ist. Aber irgendjemand muss sie halt anzetteln und führen (wollen). Es gar nicht erst zu versuchen oder sich hinter solitären Statements zu verschanzen, ist keine Lösung. Auch Golf sollte Kampagne können. Oder wie Frank Förster es im Podcast mit Felix Hötker formuliert: „Das Spiel wird als Vergnügen reicher Arschlöcher stilisiert, und es ist schade, dass die Verbände da nicht mehr tun.“ Der Deutsche Golf Verband (DGV) hat übrigens auf eine erste schriftliche Anfrage zu geplanten Maßnahmen nicht mal reagiert. Wir haken nach, versprochen!