Allerorten sind die Corona-Restriktionen gefallen, der nahende Sommer überstrahlt die Pandemie, in den begehrten Destinationen stauen sich die Gäste: Nach den vergangenen beiden „klaustrophobischen“, vom Virus dominierten Jahren winkt in der Golfreise-Saison 2022 die unbegrenzten Freiheit. Scheinbar.
Startzeiten-Bücher vielerorts bereits geschlossen
Denn es gibt gleichwohl Einschränkungen. Anderer Art. Bevor neue Tee Times vergeben werden, müssen Buchungen abgearbeitet werden, die wegen Covid-19 nicht wahrgenommen werden konnten; die indes vom Kunden nur aufgeschoben, nicht aufgehoben wurden. Die Golf-Sehnsuchtsorte in Schottland und in Irland beispielsweise senden „traurige“ Nachrichten: Die Must-Play-Kurse mit den großen Namen haben bis in den Spätherbst hinein vielfach allenfalls einzelne Plätze frei. Royal Dornoch beispielsweise, die Ikone im schottischen Nordosten, hat bereits 13.000 Reservierungen im Kasten und die Startzeiten-Liste für dieses Jahr geschlossen. Allerorten lohnt sich fragen natürlich dennoch immer.
Golf-Nachfrage „ist unvorstellbar hoch“
Zudem sind Hotelzimmer übers Wochenende Mangelware; die Branche holt rein, was ihr 2020 und 2021 verwehrt war. Und dann liegt über allem noch die Anziehungskraft der 150. Open Championship. 1,3 Millionen Menschen wollen beim Major dabei sein – so viele Besucher haben andere Region nicht mal im ganzen Jahr.
„Die aktuelle Nachfrage ist unvorstellbar hoch“, sagt beispielsweise der Schotte Gordon Dalgleish. Als Mitbegründer des US-Reiseunternehmens Perry Golf kennt er vor allem die amerikanischen Klientel sehr gut. „Normalerweise werden Reisen mehr als ein Jahr im Voraus geplant, aber wir haben Kunden, die jetzt unbedingt reisen wollen. Golf ist in diesem Jahr weltweit ohnehin sehr gefragt. Doch in Schottland ist dies doppelt so stark der Fall.“
Nachhaltigkeit hat hohen Stellenwert
Sowieso gilt generell: „Die Pandemie hat dazu geführt, dass viele Golfer mehr Geld haben, aber weniger Zeit, es auszugeben, und weniger Freiheit, ihrer Leidenschaft nachzugehen“, verdeutlicht Dalgleish.
Und es gibt eine weitere Besonderheit in diesem Jahr. Die Menschen unterwerfen sich eigenen Beschränkungen und legen mehr Wert auf umweltbewussteres Reisen und nachhaltige Unterkünfte. Das jedenfalls ergab eine Studie des Online-Buchungsportals „Booking.com“, die als Befragung von mehr als 30.000 Reisenden in 32 Ländern durchgeführt wurde. Demzufolge nimmt Nachhaltigkeit einen enorm hohen Stellenwert ein.
Ziele, die näher am eigenen Wohnort liegen
So haben 50 Prozent der Reisenden in Deutschland und 71 Prozent weltweit erklärt, heuer nachhaltiger unterwegs sein zu wollen. Für Deutschland bedeutet das ein Absichts-Plus von 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Über 25 Prozent der Befragten gaben an, Ziele zu wählen, die näher am eigenen Wohnort liegen, 22 Prozent wollen bei längeren Distanzen das Auto stehen lassen und in die Bahn umsteigen; beinahe ein Drittel steigt mit einem schlechten Gewissen ins Flugzeug. Knapp 30 Prozent achten bei der Auswahl der Unterkunft bewusst auf deren Bemühungen in Sachen Nachhaltigkeit.
Nachhaltigkeit beginnt im eigenen Mikrokosmos
Die Erhebung hat zwar den Golfreise-Sektor nicht konkret erfasst und der Autor weiß aus eigenem Erleben, wie mühselig Zugfahren mit Golfgepäck zuweilen sein kann. Allerdings darf getrost angenommen werden, dass auch die Golfer-Gilde beim Umdenken nicht außen vor steht.
Sowieso, das ist ein altbekanntes Mantra, beginnt die Nachhaltigkeit stets im eigenen Mikrokosmos. Beim Verzicht auf die PET-Flasche fürs Rundengetränk und den Snack in der Plastikverpackung etwa. Oder beim Kaffee an der Clubhaus-Bar statt aus dem To-Go-Pappbecher. Oder bei nachhaltig produzierten Accessoires, Handschuhen und Tees beispielsweise. Generell bei Kleidung. Oder oder oder.
Kompensation für den Trip zur Traum-Tee-Time
Und wenn’s tatsächlich Flugzeug oder Auto sein müssen, um die Tee Time am Traumziel wahrnehmen zu können, warum dann nicht gleich ein bisschen Entschädigung in Sachen ökologischer Fußabdruck? Ohne einem ökologischen Ablasshandel das Wort reden zu wollen: Die CO2-Emissionen, die wir Golfer mit unserem Reiseverhalten fördern, lassen sich durch einen Obolus für Klimaschutz-, Umwelt- oder Nachhaltigkeitsprojekte oder bei Anbietern wie „Atmosfair“ und „MyClimate“ ein wenig kompensieren. Die paar Euro sollte uns der Trip dann auch noch wert sein.