Frage an Radio Eriwan: „Kann in Russland jedermann Golf spielen?“ Antwort: „Im Prinzip ja, aber nur, wenn jedermann so reich ist wie Roman Abramowitsch!“ Und noch ein Griff in die Kiste mit den Klischees: Wo bin ich, wenn an der Bar Platinblondinen in leopardengemusterter Bademode chillen, auf dem Sims die Champagnerflaschen gleich Blumensträußen in den Eiskühlern stehen und draußen die finsteren Wachdienst-Jungs in Replikas von New Yorker Polizeiautos übers Gelände fahren? Richtig, im „Ağalarov Golf & Country Club“ nahe Moskau. Alles Stereotypen? Mag sein, die meisten freilich stimmen.
Russian Open in Skolkovo
Golf in Russland ist ein Freizeitvergnügen der Geld-Elite. Der Oligarchen, die nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems ihre Claims absteckten, ihre Pfründe sicherten und es in manchen Fällen zu beinahe Dagobert Duck‘schem Reichtum brachten. Kaliber Abramowitsch halt, zweistelliger Milliardär laut Forbes und bestens bekannt als Eigner des FC Chelsea. In seinem Skolkovo Golf Club macht diese Woche die European Tour mit ihrer „Russian Open“ Station. Zuvor gastierte das Turnier im Tseleevo Golf & Polo Club. Der ist wohl Russlands feinste Golfadresse und gehört dem Aluminium-Magnaten Oleg Deripaska.
Was zu beweisen war. Auch ihren Designer haben die beiden Nobel-Anlagen gemein: Jack Nicklaus ist in Russland schwer im Geschäft. Der „Goldene Bär“ wird nun mal als Branchenprimus angesehen, sein Name verleiht Glanz, drunter macht man‘s in Moskau und Umgebung ungern. Dass Nicklaus für Planspiele und Signet mindestens 2,5 Millionen US-Dollar Honorar kassiert und gerne mit dem Bulldozer niederwalzt, was die Natur seinen artifiziellen Design-Ideen in den Weg stellt, kommt sogar gelegen, rückt es doch die Solvenz des Investors ins rechte Licht.
Günstiger bauen lernen
Im ehedem kargen Tal von Skolkovo wurden allein für Millionen von Dollar Bäume gepflanzt. Tseleevo hingegen entstand auf einstigem Kolchosen- und Marschland, teils sozusagen auf schwimmendem Untergrund, die speziellen Dränagerohre holte man eigens aus Finnland. Da kann der Bau eines einzelnen Lochs schon mal in finanziell siebenstellige Dimensionen klettern.
„Wir haben bloß extrem teure Weltklassekurse“, bestätigt Igor Malyshkow, Chef des Moscow City Golf Clubs, der 1987 von der schwedischen Eishockey-Legende Sven „Tumba“ Johansson als erste russische Anlage ins Leben gerufen wurde. „Um einer breiteren Bevölkerung den Zugang zum Golfsport zu ermöglichen, müssen wir lernen, eine Bahn sieben oder acht Mal günstiger zu bauen.“ Noch indes gebe es für weniger luxuriöse Golfplätze „keinen Markt, weil die meisten Spieler viel Geld und dementsprechend hohe Ansprüche haben“. An der Peripherie hat Moskau ein gutes Dutzend Golfplätze, die meisten sind privat. Für ganz Russland werden 30 Anlagen und 4.500 registrierte Golfer geschätzt, als bester Spieler gilt Ex-Tennisstar Jewgeni Kafelnikow.
„Ich nehme nur Leute auf, die mir sympathisch sind“
Zudem werde Golf weitgehend „nicht als Sport angesehen“, verdeutlicht Andrei Vdovin, 2013 und 2014 Präsident des russischen Golfverbands. Auch den Oligarchen geht es nicht um das Spiel an sich. Vielmehr um Image und Lebensstil, die Golf angedichtet werden. „Dieser Nimbus zieht sie magisch an“, weiß Jack Nicklaus. Auch wenn der Verband ein Förderprogramm nach dem Muster von „The First Tee“ in den USA plant und Nicklaus eine Reihe öffentlicher Plätze rund um Moskau bauen soll: Derzeit sind die meisten Klubs persönliche Spielwiesen der Superreichen. Tseleevo hat vielleicht 50 Mitglieder, die Aufnahmegebühr betrug mal 300.000 und kostet aktuell immer noch 50.000 US-Dollar, die Jahresbeiträge liegen zwischen 4.500 und 12.000 Dollar. Auch, weil man gerne unter sich bleiben möchte.
„Ich nehme nur Leute auf, die mir persönlich sympathisch sind“, sagt Aras Ağalarov, dessen Sohn Emin ein aserbaidschanischer Pop-Star ist und der von Donald Trump die russischen Lizenzrechte am „Miss-Universe“-Wettbewerb erwarb. Nach eigener Aussage hat er 650 Millionen Dollar in seinen gleichnamigen „Golf & Country Club“ gesteckt und liegt beim „Return of Investment“, Grundstücks-Wiederverkäufen, 30 bis 40 handverlesene Mitgliedschaften etc., mit rund 350 Millionen im Soll. „Wir hätten doch sowieso ein Landhaus“, bleibt Ağalarov trotz des Saldos gelassen: „Dieses ist halt etwas größer und teurer geworden.“