Die gute Nachricht zuerst: In Rio de Janeiros Stadtteil Barra da Tijuca grünt der olympische Golfplatz. Und Grün ist bekanntlich die Farbe der Hoffnung – Hoffnung auf ein fürderhin reibungsloses Comeback des Golfsports im Zeichen der fünf Ringe. Der Designer jedenfalls hat seinen Teil erledigt. "Die Bauarbeiten sind abgeschlossen", berichtete Gil Hanse diese Woche im "Golf Channel". "Wir sind überall im Anwuchs-Modus." Will heißen, sämtliche Spielbahnen sind eingesät bzw. mit Rollrasen überzogen und werden intensiv bewässert, damit die Grasschicht sich entwickeln und zu einem verlässlichen Belag reifen kann.
Keine Änderungen am Design
Trotz des laufenden Gerichtsverfahrens wegen angeblicher Verstöße gegen Umweltgesetze und Verletzung des Naturschutzgebiets "Reserva de Marapendi" hat der US-Architekt sein Konzept wie geplant zu Ende bringen dürfen. "Das Design ist intakt. Wir mussten keinerlei Änderungen vornehmen", sagte Hanse, der nach Einsaat der letzten Abschläge im Dezember die Verantwortung für den Par-71-Parcours an Course Superintendent Neil Cleverly abgegeben hat.
Auch wenn die Begrünung der Driving Range noch aussteht, haben Hanse und sein Team das beinahe Unmögliche geschafft und ihr Werk halbwegs innerhalb des Zeitfensters vollbracht, das vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) gefordert wird. Demnach sollen die Wettkampfstätten ein Jahr vor den Spielen für Testveranstaltungen fertig sein.
Ursprünglich war vorgesehen, an diesem Wochenende die Lateinamerikanische Amateurmeisterschaft in Rio debütieren zu lassen, nun findet die Premiere bei Pilar Golf am Rand von Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires statt. Dennoch setzt Kursmanager Cleverly alles daran, "seinen" Platz für eine Generalprobe im Herbst hin zu kriegen.
Demonstranten fordern: "Ocupa Golfe"
"Es geht mit Volldampf weiter", betont Gil Hanse, bleibt allerdings skeptisch: "Das Projekt hatte etliche Rückschlage. Ich erwarte nicht unbedingt, dass ab jetzt alles glatt läuft." Seit Jahren gibt es in Rio Streit um den Olympiakurs. Erst mit Eigentümern über Besitzfragen, zwischendurch mit Zulieferern über offene Rechnungen und zuletzt mit Naturschützern, die eine Änderung des Layouts fordern, weil dem Golfplatz knapp sechs Hektar des Reservats einverleibt wurden. Sogar die rechtzeitige Fertigstellung bis zum ersten Abschlag der olympischen Turniere am 10. August 2016 war gefährdet.
Der zuständige Richter Eduardo Klausner verzichtete indes auf die Anordnung eines Baustopps und forderte die Parteien, Stadt und Projektentwickler einerseits, Staatsanwaltschaft und Umweltschützer andererseits, zu einem außergerichtlichen Vergleich auf.
Stadt bietet neuen Naturpark als Ausgleich an
Mittlerweile – und das ist die schlechte Nachricht – gibt es in Rio massive Proteste gegen den Platz. Während auf dem Gelände das Gras sprießt, ziehen seit Dezember Demonstranten "zur Verteidigung des Schutzgebiets Marapendi" durch die Stadt und schwenken in Anlehnung an "Occupy Wall Street" Transparente mit der Aufschrift "Ocupa Golfe", "Besetzt den Golfplatz".
Auch Krawalle und Auseinandersetzungen mit der Polizei gab es bereits, als die Ordnungshüter das Zeltlager der Umweltschützer nahe des Golfareals räumten. Dabei soll es zu Übergriffen gegen einen Protestler gekommen sein, die von der "Ocupa Golfe"-Bewegung gefilmt und auf deren Facebook-Seite veröffentlich wurden.
Derweil hat die Stadt als Ausgleich für die zweckentfremdeten Reservatsflächen den Bau eines neuen Naturparks in Aussicht gestellt. Ob damit freilich auch Gras über den Zankapfel Golfplatz wächst, bleibt fraglich.