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European Tour

George O‘Grady: Kreativer Lotse in schwierigem Golf-Gewässer

25. Dez. 2014 von Michael F. Basche in Usedom, Deutschland

George O'Grady tritt zum Jahresende als Chef der European Tour ab. (Foto: Getty)

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Der Lotse geht von Bord, und die Spatzen pfeifen den Nachfolger von George O‘Grady als geschäftsführender Vorstand der European Tour schon von den sprichwörtlichen Dächern: Guy Kinnings heißt der Favorit, Engländer, Golf-Chef beim Sportvermarktungsriesen IMG und als dessen Vertreter seit längerem im Vorstand von European Tour Productions, dem Medien-Ableger der Tour. Der gelernte Jurist sowie einstige Berater von Luke Donald, Colin Montgomerie und Paul Casey ist überdies Asien-Experte. Angesichts dieser Empfehlungen dürfte der interne Kandidat Keith Waters, Leiter des operativen Managements, nicht mal Außenseiterchancen haben. Zumal der Tour-Vorstandsvorsitzende David Williams ohnehin eine externe Lösung bevorzugt.

Konkurrenz durch den Vorstandsvorsitzenden

Besagter Williams, seit Dezember 2013 im Amt, gilt als wahre Ursache hinter der Rückzugsankündigung, mit der O‘Grady Anfang November während des WGC-HSBC Champions in Shanghai die durchsickernden Gerüchte bestätigte. Wenngleich mit 65 bereits im „Rentenalter“, soll O‘Grady eher vor der neuen Konstellation an der Spitze der European Tour kapituliert haben. Williams versteht sich nämlich mehr als Gestalter denn als reiner Ehrenamtler. Und Freunde sind die beiden in den vergangenen zwölf Monaten wohl auch nicht geworden.

O‘Grady, erst der dritte Tour-Chef seit deren Anfängen 1971, hat sich seit dem 1. Januar 2005 auf seinem Chefsessel in Wentworth wahrlich als Lotse der European Tour in schwierigem Gewässer erwiesen, aller Kritik zum Trotz. Während sein Vorgänger Ken Schofield von den Boomjahren des Golfsports profitierte, sah sich der in Singapur geborene O‘Grady mit der größten Wirtschaftskrise seit der „Great Depression“ von 1929 und in den 1930er-Jahren konfrontiert.

Märkte bestimmen den Weg des Produkts

Es gibt Beobachter, die dem einstigen Turnier-Koordinator der britischen PGA vorwerfen, er habe mit der Ausdehnung nach Nah- und Fernost die Idee der Tour an den Meistbietenden verschachert und Verrat am europäischen Golfsport betrieben, außerdem der Abwanderung von Europas Golfstars auf die PGA Tour nicht energisch genug einen Riegel vorgeschoben.

Aber was sollte O‘Grady denn machen? Die Märkte bestimmen den Weg des Produkts, das gilt für Turniere wie für Spieler. Diese Märkte jedoch lagen nun mal nicht mehr im von der Rezession geschüttelten europäischen Kernland. Außerdem hätte er gegen die im Geld schwimmende PGA Tour und ihren FedExCup selbst mit einer prosperierenden europäischen Wirtschaft im Rücken kaum „anstinken“ können.

„Wenn Du entdeckst, dass Du ein totes Pferd reitest, dann steig ab!“, lautet ein Sprichwort der Dakota-Indianer. So leicht freilich hat es sich O‘Grady nicht gemacht. Vielmehr schonte der Pragmatiker den lahmen Gaul und sattelte um. Durchaus kreativ: Er erfand das Race to Dubai, schloss mit den asiatischen Touren prospektive Vereinbarungen, bestellte seinen Fernsehgarten, umgarnte Golf affine Marken wie Rolex, gehörte überdies zu den treibenden Kräften bei der Glanzpolitur für den Ryder Cup und beim Olympia-Comeback des Golfsports.

Die Entwicklung gibt ihm Recht. Europas Turnierszene erholt sich allmählich, prompt gibt‘s 2015 mit der European Open und dem British Masters zwei neue Events. „Wir sehen jetzt die zarten grünen Sprösslinge neuen Wachstums“, sagt O‘Grady dazu. „Es freut mich, dass dies genau mit den Bausteinen übereinstimmt, die wir platziert haben.“

Nicht immer eine gute Figur gemacht

Dass O‘Grady in seinen neun Amtsjahren nicht immer eine gute Figur gemacht hat, soll dabei keineswegs verschwiegen werden. Beispielsweise seine restlos verunglückte Erwähnung der vielen „farbigen Sportler“ unter Sergio Garcias Freunden, mit der er den Spanier nach dessen rassistischem „Fried Chicken“-Witz auf Kosten von Tiger Woods in Schutz nehmen wollte. Oder die krasse Fehlentscheidung, die Madeira Island Open 2014 trotz des Herzschlag-Tods von Caddie Ian McGregor weiterspielen zu lassen, statt das Turnier abzubrechen.

Dennoch: „Ich denke, George hat in Zeiten der Prüfung einen guten Job gemacht“, attestiert beispielsweise Lee Westwood dem scheidenden Tour-Chef. Und Ernie Els hat noch einen Tipp für den Nachfolger, wann immer der ausgerufen wird: „Die European Tour braucht einen Führungsspieler als Inspiration. Wenn ich der Boss wäre, dann würde ich Rory McIlroy zahlen, was immer er verlangt, damit er ausschließlich in Europa spielt.“

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