Die Zahlen lügen nicht: Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre? Schwund! Weibliche Golfer? Schwund! Die Altersklassen von 27 bis 50? Schwund! Hand aufs Herz, da kann man sich über ein Golferwachstum von 0,5 Prozent im Jahr 2017 nur bedingt freuen, wenn sich die 2.977 neuen registrierten Golfer nahezu ausschließlich aus der „Best-Ager“-Gruppe jenseits des halben Lebensjahrhunderts rekrutieren.
Ja, der Plan des Deutschen Golf Verbands scheint aufzugehen, in punkto Zuwachs auf die geburtenstarken 1950er und 1960er Jahrgänge zu setzen. Sie verfügen nun über Tagesfreizeit und Budget, weil die Kinder aus dem Haus sind und das Berufsleben durchaus wohltemperiert ausklingt. Man muss freilich kein Biologie-Nobelpreisträger sein, um einzusehen, dass diese Entwicklung temporär ist, allenfalls ein Zwischenhoch.
Vier apokalyptische Reiter des Spiels
Nach wie vor fehlt es an Lösungen für den gordischen Knoten aus Negativaspekten, der Golf in unserer Freizeitgesellschaft 2.0 schwer im Magen liegt: Geld, Zeit, Kompliziertheit und Image sind die apokalyptischen Reiter des Spiels. Nicht von ungefähr versucht die European Tour, den Sport mit Innovationen wie dem „World Super 6“ oder den „GolfSixes“ zu „pimpen“. Im Freizeitbereich bleibt‘s dennoch ein aufwändiges Vergnügen, das reflexhafte Mantra von stadtnahen Plätzen, günstigen Greenfees und zeitsparenden Formaten erschallt alle Jahre wieder, wenn die neuen Bestandszahlen kommen.
Unlösbar freilich ist die Gemengelage nicht. Schaut man über den Tellerrand in die Welt hinaus, dann lassen sich eine Menge interessanter Ansätze finden. Das Nachrichtenportal „Bloomberg“ beispielsweise notierte angesichts des Phänomens „TopGolf“: „Um Golf zum Vergnügen zu machen, reicht es, einen Nachtclub hinzuzufügen.“ Auch wenn‘s die Puristen stört, Golf als Event ist ein praktikabler Weg, das beweist die Hamburger „Golf Lounge“ seit über zehn Jahren.
Par-3-Platz muss kein Stiefkind sein
Zuvorderst freilich gilt selbst im Golf Otto Rehhagels legendärer Spruch „Die Wahrheit liegt auf dem Platz“. Stichwort Hybridplätze und„Reversible Courses“. Die Amerikaner machen uns vor, dass ein Par-3-Geläuf nicht das lieblos behandelte Stiefkind einer Golfanlage sein muss, sondern eine echte Spielwiese in bestem Sinne sein kann, halt nur im Kleinformat. „Bandon Preserve“ im Oregon-Resort von Mike Keiser und der „Short Course“ des ewig weltbesten Golfplatzes Pine Valley in New Jersey sind mit ihren 13 bzw. 10 „Ein-Schuss-Bahnen“ einfach nur der Wahnsinn!
Oder Tiger Woods, der bei seinem „Diamante“-Designprojekt im mexikanischen Cabo San Lucas einen Kurzkurs namens „The Oasis“ bauen ließ. Die zwölf Grüns lassen sich in nur einer Stunde per Pitch&Putt spielen. Alternativ wird „The Oasis“ zum Drei-Loch-Platz mit einem Par 3, einem Par 4 und einem Par 5, der sich ebenso flott bewältigen lässt.
Auch „Golf-Lounge“-Betreiber Peter Merck hat eine passende Blaupause in der Schublade. „Golf Lounge Country“ nennt sich seine Vision von einem modernen Golfplatz, der den gesellschaftlichen Entwicklungen folgt.
Renaissance der „Reversible Courses“
Und seit Tom Doak, vom Old Course inspiriert, in Michigan „The Loop“ realisierte, den ersten modernen Platz, der sich vorwärts wie rückwärts absolvieren lässt, erfahren die „Reversible Courses“ eine Renaissance. Schon vor 90 Jahren hat der englische Architekt Tom Simpson übrigens dieses Konzept in seinem Buch „The Architectural Side of Golf“ propagiert. Der niederländische Architekt Frank Pont plant jetzt so einen von beiden Seiten zu bespielenden Parcours als Neun-Loch-Ensemble im Ballungsgebiet Randstad.
Die Vorteile eines Hybridplatzes liegen auf der Hand. So wie schon bei den Neun-Loch-Kursen, deren meiste freilich nur ein halbierter „richtiger Platz“ sind: Der Hektarbedarf ist deutlich geringer, was bei der Suche nach Flächen von geeigneter und bezahlbarer Größe an der urbanen Peripherie enorm von Vorteil ist. Die so entstandene Spielwiese ist idealerweise mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen und verlangt keinen Tages-Familienausflug. Die kurzen Bahnen machen den Einsatz der schwierig zu handhabenden langen „Knüppel“ nicht erforderlich und taugen daher auch für „Rookies“. Mit Matten aus den längst so täuschend echten Rasenimitaten lässt sich überdies der bei Anfängern gelegentlich auftretende größere Erdaushub am Abschlag verhindern.
Fehlt es an Visionen oder nur am Geld?
Dank eines „Reversible Course“, der die selben Grüns wahlweise im oder gegen den Uhrzeigersinn nutzt, kommt auch noch ein Plus an Variantenreichtum hinzu. Was die mangelnde Abwechslung durch die zum 18-Loch-Layout fehlenden Löcher mehr als wett macht. Schließlich gestalte man das ganze schick, optisch ansprechend, um nicht zu sagen spektakulär und profitiere mit der Gastronomie auch vom grundsätzlichen Betrieb in den Naherholungsgebieten der Stadtrandlagen.
Vielleicht fehlt es hierzulande bloß ein bisschen an den Visionen, an der Bereitschaft zu Innovationen, zu neuen Wegen. Oder doch nur am Geld?
Ein „Plan“ (!) des Deutschen Golf Verbands, in punkto Zuwachs auf die geburtenstarken 1950er und 1960er Jahrgänge zu setzen? Etwa aus dem Vorstands-Ressort „Golfentwicklung“? Wahrlich revolutionär! Da müssen wir nicht lange warten, bis die Oldies sich zunächst passiv melden und danach gänzlich kündigen.
Aber bitte mal im Ernst: Schon mal gehört, dass Golfanlagen in Deutschland eine für Investoren attraktive Asset-Klasse wären?
Da erinnern wir uns an die Frage „Wie kann man mit Golfplätzen ein kleines Vermögen machen?“ Antwort „Indem man mit einem großen Vermögen anfängt.“