Der Golfclub Gut Mummelsee liegt, literarisch gesehen, im idyllischen Nordschwarzwald, am Rande des Naturschutzgebietes. Er dient als Vorlage für die vielen Clubs in Deutschland, die sich mit kleinem Budget und vielen ehrenamtlichen Helfern erfolgreich den verschiedensten Herausforderungen einer Golfsaison stellen müssen.
Auf den Hund gekommen!
Ein Aufschrei, ein Anruf, ein fassungsloser Präsident. Nur mit Mühe gelingt es Dr. Böösgen, Präsident vom Golfclub Gut Mummelsee, die Clubhaus-Sekretärin zu beruhigen. Entrüstet zeigt Tanja Bluse auf den Din-A-4 großen, braunen Umschlag aus dem eine kleine durchsichtige Plastiktüte rauslugte. Nach dem beiliegenden Brief, handelt es sich um Hundekot, gefunden auf Bahn sieben des Golfplatzes. „Eine Schweinerei“ schimpft der anonyme Briefschreiber und fordert den Vorstand auf, die Greenkeeper sollen vergiftete Fleisch-Köder auslegen. Mit spitzen Fingern schnappt sich Pressewart Moser, der sich gerade im Sekretariat aufhält, die Kot-Bombe und entsorgt sie fürsorglich.
Für den Präsidenten der „Höhepunkt“ eines lästigen Streits im Club. Wütend kehrt Dr. Böösgen in seine Zahnarztpraxis zurück, die er, nach dem Anruf der Club-Sekretärin, fluchtartig verlassen hatte. Auf der Rückfahrt schwört er sich: „Eine Entscheidung muss her.“
Der „Kampf um die Fellnasen im Golfclub“, Titel der Regionalzeitung Mummelsee-Post, begann auf der Mitgliederversammlung vor drei Jahren. Unter dem Punkt „Verschiedenes“ steht der Antrag: „Abschaffung des Hundeverbots.“ Antragstellerin: Lydia Schmalz, Kapitän der Seniorinnen-Mannschaft. Begründung: „Hunde sind Rudeltiere und gehören immer zur Familie, auch auf dem Golfplatz.“
„Kein Köter kommt mir auf den Platz.“
Während die Tagungspunkte Jahresetat, Turnierplan einstimmig genehmigt und selbst die Beitragserhöhung bei nur drei Gegenstimmen akzeptiert worden war, explodierte daraufhin die Sitzung. Blitzschnell formierten sich Befürworter und Gegner des Antrages und schlugen leidenschaftlich argumentativ auf einander ein. Die Grenzlinie zwischen Pro und Contra zog sich querbeet durch Altersschichten, Geschlechter, Liberalen und Konservativen, selbst durch Familien. Jugendliche und vor allem Mütter setzten sich für die Hunde ein: „Die sind kuschelig“. Väter, Großväter (wenn sie nicht Jäger waren) wehrten sich umso heftiger: „Kein Köter kommt mir auf den Platz.“
Erst der Kompromiss-Antrag des von der hitzigen Debatte völlig überraschten Präsidenten versachlichte wieder die Stimmung. Sein Vorschlag: Der Antrag wird zurückgezogen; der Vorstand will Vor- und Nachteile prüfen. Was dann auch geschah, allerdings mit dem gleichen Ergebnis wie in der Versammlung.
Wieder zwei Fraktionen: Die Gegner formierten sich um Vizepräsident Werner Heiße – von Luft, der als Kind von einem Dackel in den Hintern gebissen worden war. Die Befürworter sammelten sich um Schatzmeister Gustl Fuchser. Sein Hauptargument: Nach einer Untersuchung des DGV „steigt der Verkauf von Greenfee`s um mindestens zehn Prozent, wenn Hunde zugelassen werden.“ Die entscheidende Stimme hatte der Präsident. Jedoch, Dr. Böösgen wollte keine Gruppe gegen sich aufbringen. Ihm war das Thema Hund einfach nicht wichtig genug, deshalb schob er die Entscheidung immer wieder hinaus.
Alle lieben Wilma
Bis Wilma kam, eine schokoladenbraune Mischung aus Wasserpudel und Trüffelhund. Der Welpe ist ein Geburtstagsgeschenk für Enkelin Lisa und sollte bis zum Fest bei den Großeltern „geparkt“ werden. Dr. Böösgen fand diese Idee zunächst nicht wirklich gut, aber gegen die geballte Macht von Frau und Tochter brach sein Widerstand schnell zusammen. Und der Rest erledigte Wilma mit ihren großen braunen Augen. Nach einem Tag durfte sie auf die Couch, nach drei Tagen mit ins Schlafzimmer und am Ende der ersten Woche machte Dr. Böösgen mit Wilma schon Spaziergänge auf der Golfanlage. Von der „strengen Erziehung“ auf die Amateur-Hundetrainer Böösgen Wert gelegt hatte war nichts mehr zu hören. Selbst den Versuch, aus Wilma einen Golfhund zu machen, der die verschlagenen Bälle im Raff findet, gab Böösgen schnell auf. Wilma holte im Garten nur die Bälle die – Trainingsbedingt - mit leckerer Landleberwurst eingerieben worden waren. Alle anderen interessierte sie nicht.
In kürzester Zeit war Wilma der Star im Golfclub. Die Computer-Nerds der Jugendmannschaft richteten für den Welpen eine Facebook-Seite ein und wählten sie einstimmig zum Mannschaftsmaskottchen. Sehr zur Freude von Böösgen, der von Wilmas Ruhm ebenfalls partizipierte. Seine Beliebtheitswerte stiegen im Club deutlich an, was in der Einladung der Seniorinnen zum Mannschaftsabend auf der Renchtalhütte gipfelte. In den Annalen es Club ein einmaliger Vorgang. Plötzlich brachten auch andere Mitglieder ihre Hunde mit auf die Clubhaus-Terrasse. Selbst Vizepräsident Heiße–von Luft wurde von Wilma eingewickelt. Jedes Mal, wenn Wilma den Vizepräsidenten sah, rannte sie schwanzwedelnd auf ihn zu und legte sich zu seinen Füßen. Beim zweiten Mal hatte er Leckerchen dabei, beim dritten Mal vergaß Heiße-von Luft seine Angst und streichelte vorsichtig das Zotteltier. Derweil der Präsident entspannt das Glas Chardonnay von seinem Lieblingswinzer Männle leerte: „Wilma knackt sie alle, der Antrag geht durch.“
Peter Marx, Golfclub Gröbernhof, ist korrespondierendes Fernmitglied im Golfclub Gut Mummelsee.